Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)
weitere Elemente sich beigemischt, wie in der Person der Sklavin Hagar, die von dem großen Haupte selbst der Beiwohnung gewürdigt worden und deren Sohn wiederum ägyptisch geheiratet hatte; und welchen Verdruß der Rebekka die chetitischen Weiber ihres Esau bereiteten, Töchter eines Stammes, der ebenfalls nicht den Sem seinen Urvater nannte, sondern irgendwann einmal aus Kleinasien, aus ural-altaischer Sphäre nach Syrien vorgedrungen war, – war jederzeit viel zu bekannt, als daß man ein Wort darüber zu verlieren brauchte. Früh waren manche Glieder abgestoßen worden. Es steht fest, daß Ur-Abraham noch nach dem Tode der Sarai Kinder zeugte, nämlich unwählerischerweise mit Ketura, einem kanaanitischen Weibe, während er doch nicht wollte, daß sein Jizchak kanaanitisch heiratete. Ketura’s Söhne einer war Midian, dessen Nachkommenschaft südlich vom Edom-Seïr-Lande, dem Esau-Gebiet, am Rande der arabischen Wüste ihr Wesen trieb, wie Ismaels Kinder vor Ägypten; denn Jizchak, der wahrhafte Sohn, war Alleinerbe gewesen, während man die Kinder der Kebsweiber mit Geschenken abgespeist und gen Morgenland abgeschoben hatte, wo sie die Fühlung mit El eljon, wenn sie sich je auf ihn verstanden hatten, ganz verloren und eigenen Göttern dienten. Göttliches aber, die forterbende Arbeit an einem Gottesgedanken war das Band, das bei aller Buntscheckigkeit des Geblütes die geistige Sippschaft zusammenhielt, die unter den andern Ebräern, den Söhnen Moabs, Ammons und Edoms, sich diesen Stammesnamen in einem besonderen und engeren Sinne beilegte, und zwar sofern sie ihn, ebenjetzt, eben zu der Zeit, in die wir eingetreten sind, mit einem anderen Namen, dem Israels, zu verbinden und durch ihn zu bedingen begann.
Denn der Name und Titel, den Jaakob sich einst errungen, war keine Erfindung seines eigentümlichen Gegners gewesen. Gottesstreiter, so hatte sich immer ein räuberisch-kriegerischer Wüstenstamm von äußerst ursprünglichen Sitten genannt, von welchem einzelne Gruppen ihr Kleinvieh beim Weidewechsel durch die Steppe zwischen die Siedelungen des Fruchtlandes getrieben, das rein nomadische Dasein mit einem Zustand lockerer Seßhaftigkeit vertauscht hatten und durch geistliche Werbung und Verständigung zu einem Bestandteil von Abrahams Glaubenssippe geworden waren. Ihr Gott daheim in der Wüste war ein schnaubender Kriegsherr und Wettererreger namens Jahu, ein schwer zu behandelnder Kobold mit mehr dämonischen als göttlichen Zügen, tückisch, tyrannisch und unberechenbar, vor dem sein braunes Volk, übrigens stolz auf ihn, in Angst und Schrecken lebte, indem es durch Zaubermittel und Blutriten das zerfahrene Wesen des Dämons zu ordnen und in nützliche Wege zu lenken suchte. Jahu konnte ohne irgend deutliche Veranlassung bei Nacht auf einen Mann stoßen, dem wohlzuwollen er allen vernünftigen Grund hatte, – um ihn zu erwürgen; doch war er etwa auf die Weise zu bewegen, von seinem wüsten Vorhaben abzulassen, daß des Überfallenen Weib eilig ihren Sohn mit einem Steinmesser beschnitt, des Unholds Scham mit der Vorhaut berührte und ihm dabei eine mystische Formel zuraunte, deren auch nur einigermaßen sinnvolle Übersetzung in unserer Sprache auf bisher unüberwundene Schwierigkeiten stößt, die aber den Würger besänftigte und verscheuchte. Dies nur zur Kennzeichnung Jahus. Und doch war diesem dunklen, in der gebildeten Welt völlig unbekannten Gotteswesen eine große theologische Laufbahn vorbehalten, ebendadurch nämlich, daß Bruchteile seiner Glaubensträgerschaft in den Bereich von Abrahams Gottesdenken gerieten. Denn wie diese Hirtenfamilien, hineingezogen in die von dem Ur-Wanderer in Gang gesetzte geistige Spekulation, mit ihrem Fleisch und Blut die menschliche Grundlage verstärkten, die des Chaldäers Glaubensüberlieferung trug, so waren Teile der wüstenhaften Wesenheit ihres Gottes nährend eingedrungen in das durch den Geist des Menschen nach Verwirklichung trachtende Gotteswesen, zu dessen Gestaltung ja auch der Usiri des Ostens, Tammuz, sowie Adonai, der zerrissene Sohn und Schäfer Malkisedeks und seiner Sichemiten, Geistesstoff und Farbe geliefert hatten. Haben wir seinen Namen, der einst ein Kriegsgeheul war, nicht lyrisch lallenderweise von hübschen und schönen Lippen kommen hören? Dieser Name war, in der Form, wie die braunen Söhne ihn aus der Wüste gebracht, wie auch in Verkürzungen und Abwandlungen, die ihn zu kanaanitisch-volkstümlichen Gegebenheiten in Beziehung
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