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Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Titel: Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
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und »Bekenntnis«.
    Wer Jaakob war
    Es geschieht durchaus in diesem Zusammenhang, daß man auf die Entstehung von Abrahams Reichtum die Rede bringt. Als er nämlich (es muß unter der zwölften Dynastie gewesen sein) nach Unterägypten kam, war er noch keineswegs so schwer an Gütern wie zu der Zeit, als er sich von Lot trennte. Mit der außerordentlichen Bereicherung aber, die er dort erfuhr, verhielt es sich so. Von vornherein erfüllte ihn das tiefste Mißtrauen gegen des Volkes Sittlichkeit, die er sich, zutreffend oder nicht, schilfsumpfig dachte, wie einen Mündungsarm des Nilstromes. Er fürchtete sich, und zwar im Hinblick auf Sarai, sein Weib, das ihn begleitete und sehr schön war. Ihn schreckte der lüsterne Eifer der Dortigen, die wahrscheinlich sofort Begierde nach Sarai tragen und ihn erschlagen würden, um sie sich anzueignen; und die Überlieferung hat festgehalten, daß er in diesem Sinn, das heißt in dem der Besorgnis um sein eigenes Wohl, gleich beim Betreten des Landes mit ihr redete und ihr anbefahl, sie möge sich, um die Scheelsucht der schamlosen Bevölkerung von ihm abzulenken, nicht als sein Weib, sondern als seine Schwester bezeichnen, – was sie tun mochte, ohne geradehin zu lügen: denn erstens nannte man, namentlich im Lande Ägypten, die Geliebte gern seine Schwester. Zweitens aber war Sarai eine Schwester Lots, den Abraham als seinen Neffen zu betrachten und Bruder zu nennen pflegte; so konnte er allenfalls Sarai als seine Nichte ansehen und ihr den Schwesternamen im üblicherweise erweiterten Sinne beilegen, wovon er auch zum Zwecke der Irreführung und des Selbstschutzes Gebrauch machte. Was er erwartet, geschah, und mehr, als er vorausgesehen. Sarai’s dunkle Schönheit erregt im Lande die Aufmerksamkeit von hoch und nieder, die Nachricht davon dringt bis zum Sitze des Herrschers, und die glutäugige Asiatin wird von ihres »Bruders« Seite genommen – nicht gewaltsam, nicht räuberischerweise, sondern zu einem hohen Preise, – ihm abgekauft also, da sie würdig befunden ist, den erlesenen Bestand von Pharaos Frauenhaus zu bereichern. Dorthin wird sie gebracht, und ihr »Bruder«, den man mit dieser Ordnung der Dinge nicht im geringsten zu kränken glaubt, sondern der nach der Meinung aller von Glück sagen mag, darf sich nicht nur in ihrer Nähe halten, sondern wird auch von Hofes wegen mit Wohltaten, Geschenken, Entschädigungen fortlaufend überschüttet, die er denn unverzagt sich gefallen läßt, so daß er bald schwer ist an Schafen, Rindern, Eseln, Sklaven und Sklavinnen, Eselinnen und Kamelen. Unterdessen aber ereignet sich, dem Volke sorgfältig verschwiegen, am Hofe ein Ärgernis sondergleichen. Amenemhet (oder Senwosret; es ist nicht mit letzter Bestimmtheit zu sagen, welcher Besieger Nubiens es war, der eben den beiden Ländern den Segen seiner Herrschaft spendete) – Seine Majestät also, ein Gott in der Blüte seiner Jahre, ist, da er sich anschickt, die Neuigkeit zu versuchen, mit Ohnmacht geschlagen, – nicht einmal, sondern wiederholt, und gleichzeitig, wie sich zögernd herausstellt, unterliegt seine ganze Umgebung, unterliegen die höchsten Würdenträger und Vorsteher des Reiches demselben schmählichen und – wenn man die höhere kosmische Bedeutung der Zeugungskraft in Betracht zieht – überaus erschreckenden Übel. Daß hier etwas nicht stimmt, daß ein Mißgriff geschehen, ein Zauber waltet, ein höherer Widerstand sich bemerkbar macht, liegt auf der Hand. Der Ebräerin Bruder wird vor den Thron beschieden, wird befragt und dringlich befragt und bekennt die Wahrheit. Das Verhalten Seiner Heiligkeit ist an Vernunft und Würde über alles Lob erhaben. »Warum«, fragt er, »hast du mir das getan? Warum mich durch doppelsinnige Rede dem Unannehmlichen ausgesetzt?« Und ohne einen Gedanken daran, den Abraham um irgendeins der Geschenke zu büßen, womit er ihn so freigebig überhäuft, händigt er ihm sein Weib wieder ein und heißt sie in der Götter Namen ihres Weges ziehn, wobei er die Gruppe noch mit sicherem Geleit bis an die Landesgrenze versieht. Der Vater aber, nicht nur im Besitz einer unversehrten Sarai, sondern auch an Habe soviel schwerer als vorher, darf sich eines gelungenen Hirtenstreiches freuen. Denn um so lieber nimmt man an, er habe von vornherein darauf gerechnet, daß Gott die Verunreinigung Sarai’s schon so oder so zu verhindern wissen werde, habe auch nur unter dieser bestimmten Voraussetzung die Geschenke eingesteckt und sei

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