Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)
und midianitische Einschläge unterschied, und Jaakob hatte sich im Lande Naharajim akkadisch zu sprechen gewöhnt. Es war ein gebärdenreiches Sich-behelfen zwischen den beiden, aber in Sachen der fetten Viehherden dort vorn wußte Esau seine Neugier recht wohl zu äußern, und wie er sich zierte, das üppige Geschenk anzunehmen, als Jaakob ihn bedeutete, er hoffe Gnade damit zu finden vorm Angesicht seines Herrn, das zeugte von Lebensart. Er gab dieser Ziererei die Form leichtherziger Gleichgültigkeit gegen Hab und Gut und derlei Beschwer. »Ach, Bruderherz, Unsinn, nicht also!« rief er. »Hab du es und heg’s und behalt’s, ich schenk’ dir’s zurück, ich hab’s nicht nötig, um zu vergessen und zu verschmerzen die alte dreckige Büberei! Sie ist vergessen und ist verschmerzt, ich hab’ mich abgefunden mit meinem Lose und bin vergnügt. Denkst du, wir Unterweltler lassen die Nasen hängen all unsere Tage hin? Eialala und Heissassa, das sind ganz fehlgehende Annahmen! Wir stolzieren zwar nicht einher, den Segen ums Haupt, und verdrehen die Augen, aber wir leben auch, und auf unsere Art recht lustig, das glaube du mir! Auch uns tut es süß, beim Weibe zu schlafen, und auch uns ist Liebe ins Herz gegeben zur Kinderbrut. Glaubst du, der Fluch, den ich dir verdanke, du allerliebster Spitzbube, habe mich zum grindigen Bettler gemacht und zum Hungerleider in Edom? Das wäre! Ein Herr bin ich dort und groß unter den Söhnen Seïrs. Ich habe mehr Wein denn Wasser und Honig die Fülle und Öl und Früchte, Gerste und Weizen, mehr als ich verzehren kann. Es liefern mir Gekröpf, die unter mir sind, und schicken mir Brot und Fleisch alle Tage und Geflügel, schon zugerichtet für meine Mahlzeit, und Wildbret habe ich, selbst erlegtes und solches, das sie mir in der Wüste jagen mit ihren Hunden, und Milchspeisen, daß mir aufstößt davon die halbe Nacht. Geschenke? Viehherden als Sühnegabe und Augendecke für die alte Lumperei, die du und das Weib mir angetan? Ich pfeife darauf – Tululüriti« –, und er tat einen Lippenrutsch. »Was braucht’s Geschenke zwischen dir und mir? Auf das Herz kommt es an, und mein Herz hat vergeben und vergessen die verjährte Niedertracht und wie du mein Pelzlein nachäfftest vor dem Alten mit Bocksfell um deine Gelenke, du Schalksnarr, darob ich heut lachen muß auf meine alten Tage, ob ich gleich damals blutige Tränen weinte und dir den Eliphas nachschickte zu deinem bleichen Schrecken, du Weiberspott!«
Und er umarmte den Bruder aufs neue und schmatzte wiederum Küsse in sein Gesicht, was Jaakob sich nur leidend gefallen ließ, ohne Druck und Zärtlichkeit zu erwidern. Denn er war gründlich angewidert von Esau’s Worten, fand sie höchst peinlich, hirnlos und liederlich und sann auf nichts, als ehetunlichst loszukommen von dem fremden Verwandten, aber nicht ohne endgültig quitt mit ihm geworden zu sein und ihm mit dem gezahlten Tribut die Erstgeburt noch einmal abgekauft zu haben, wozu denn Esau auch nur überredet sein wollte. So gab es neue Höflichkeiten, Demutsbezeigungen und dringliche Anträge, und als Esau endlich eingewilligt hatte, das Geschenk von des Bruders Hand zu nehmen und sich’s wohlgefallen zu lassen von ihm, da war der gute Teufel dem Gesegneten wirklich im Herzen gewonnen und meinte es mit der Versöhnung viel ernster und redlicher, als dieser sich beikommen ließ, zu tun.
»Ach, Bruderherz«, rief er, »nun aber kein Wort mehr von der alten schäbigen Missetat! Sind wir nicht aus derselben Mutter Leib geschlüpft, einer nach dem andern, so gut wie gleichzeitig? Denn du hieltest meine Ferse, wie du weißt, und ich habe dich hinter mir her ans Licht gezogen, als der Stärkere. Wir hatten einander freilich etwas gestoßen im Bauche, und gestoßen haben wir uns auch außerhalb, aber hinfürder sei dessen nicht mehr gedacht! Brüderlich wollen wir miteinander leben und als Zwillinge vor dem Herrn und wollen die Hand in dieselbe Schüssel tauchen und einander nicht mehr von der Seite gehn unser Leben lang! Auf denn, wir ziehen gegen Seïr und wohnen mitsammen!«
Ich danke! dachte Jaakob. Soll ich ein Flötenbock werden zu Edom ebenfalls und ewiglich mit dir hausen, du Tölpel? Das ist nicht Gottes Meinung, noch die meiner Seele. Was du redest, ist peinlich hirnloses Zeug in meinen Ohren, denn was geschah zwischen uns, ist unvergeßlich. Du selbst erwähnst es mit jeder Zungenregung und bildest dir ein in deinem schwachen Kopf, daß du’s vergessen
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