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Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Titel: Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
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sirrenden Stimmen erfüllten und im Takt dazu in die Hände klatschten. So wallte und dröhnte die Weite der Weltenrampe von akkordisch tönendem Schwall, hinab und hinauf bis ins flammendste Licht, wo der schmale Feuerbogen war und die Pforte des Palastes mit Pfeilern und hohen Zinnen. Es waren die Pfeiler aus goldenen Ziegelsteinen, die hervortreten ließen geschuppte Tiere mit Pardelfüßen vorn und Adlersfüßen hinten, und war die Feuerpforte besetzt zu den Seiten von Gebälkträgern auf Stierfüßen, mit vierfach gehörnten Kronen und Edelsteinaugen und gelockten, gebündelten Bärten an ihren Backen. Davor aber stand der Sessel der Königsmacht und der goldene Schemel ihrer Füße und dahinter ein Mann mit Bogen und Köcher, der hielt den Wedel über die Mützenkrone der Macht. Und sie war angetan mit einem Gewande aus Mondlicht, das Fransen hatte aus kleinen Feuersflammen. Überaus nervig von Kraft waren Gottes Arme, und in einer Hand hielt er das Zeichen des Lebens und in der anderen eine Schale zum Trinken. Sein Bart war blau und zusammengefaßt mit ehernen Bändern, und unter hochgewölbten Brauen drohte sein Antlitz in grimmer Güte. Es war vor ihm noch ein Mann mit einem breiten Reif um den Kopf, einem Wesire gleich und einem nächsten Diener am Thron, der blickte in das Angesicht der Macht und wies mit der flachen Hand gegen den Schläfer Jaakob auf Erden. Da nickte der Herr und trat auf seinen nervigen Fuß, und der Oberste bückte sich rasch, den Schemel wegzuziehen, auf daß der Herr stehe. Und Gott stand auf von dem Thron und hielt gegen Jaakob das Zeichen des Lebens und zog ein die Luft in seine Brust, daß sie hoch ward. Und seine Stimme war prachtvoll, da sie tönend einging in das Psaltern und in die Sternenmusik der Aufund Absteigenden und davon aufgenommen wurde zu mildmächtiger Harmonie. Er sprach aber: »Ich bin! Ich bin Abirams Herr und Jizchaks und der Deine. Mein Auge blickt auf dich, Jaakob, mit weitschauender Gunst, denn ich will deinen Samen zahlreich machen wie das Staubkorn der Erde und sollst mir ein Gesegneter sein vor allen und innehaben die Tore deiner Feinde. Ich will dich hüten und hegen, wo du wandelst, und dich reich heimführen auf den Boden, wo du schläfst, und dich niemals verlassen. Ich bin und will!« So verdröhnte des Königs Stimme in Harmonie, und Jaakob erwachte.
    War das ein Traumgesicht gewesen und eine Haupterhebung! Jaakob weinte vor Freuden und lachte zwischenein über Eliphas, während er unter den Sternen umherging in dem Kreise von Steinen und denjenigen betrachtete, der ihm zu solchem Schauen den Kopf gestützt. Was ist das für eine Stätte, dachte er, auf die ich zufällig gestoßen bin! Ihn fror von der Frische der Nacht und von tiefster Erregung, er schauderte und sprach: Mit Recht schaudert mir so, mit Recht! Die Leute von Luz haben nur eine schwache Ahnung davon, was es auf sich hat mit dieser Stätte, denn sie haben zwar ein Asyl daraus gemacht und einen Gilgal geordnet, aber sie wissen so wenig, wie ich es wußte, daß das ja ganz einfach eine Stätte der Gegenwart ist, die Pforte zur Herrlichkeit und das Band Himmels und der Erden! Er schlief danach noch ein paar Stunden einen starken und stolzen Schlaf, voll heimlichen Lachens, aber bei Tagesgrauen stand er auf und stieg hinab gen Luz und trat vor die Gewölbe. Denn er verwahrte in seiner Gürtelfalte einen Ring mit tiefblauer Lasursteinsiegelplatte, den Eliphas’ Knechte nicht gefunden hatten. Den verkaufte er nun unter Preis, gegen etwas Trockenkost und ein paar Krüge Öl, denn namentlich des Öles bedurfte er für das, was er vorhatte und als seine Pflicht erachtete. Bevor er weiterzog nach Osten und gegen das Wasser Naharina, stieg er noch einmal zur Traumstätte empor, richtete den Stein, auf dem er geschlafen, gerade auf, als ein Denkmal, goß reichlich Öl darüber und sprach dabei: »Beth-el, Beth-el soll diese Stätte heißen und nicht Luz, denn sie ist ein Haus der Gegenwart, und Gott, der König, hat sich enthüllt hier dem Erniedrigten und ihm das Herz gestärkt über alles Maß. Denn es war sicherlich übertrieben und maßlos, was Er in die Harfen rief, daß mein Same zahlreich sein solle wie der Staub und mein Name hochher triumphieren in Ehren. Wird Er aber mit mir sein, wie Er verheißen, und meine Füße bewachen in der Fremde; wird Er mir Brot geben und ein Kleid für meinen Leib und mich heil heimkehren lassen in Jizchaks Haus, dann soll Er mein Gott sein und kein anderer,

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