Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Titel: Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
Vom Netzwerk:
Blütenweiß, gegen das das tiefe Braun seiner Stirne und Arme gar ägyptisch abstach, – daß der Machthaber und Markthalter hier, zu dem sie in Nöten kamen, mit der Gnadenkette, die ein unglaubliches Stück Goldschmiedewerk war und eine Brusttafel einrahmte, die das auch war, aus Falken, Sonnenkäfern und Lebenskreuzen nach höchstem Geschmack zusammengesetzt, – daß der da mit dem Prunk-Fliegenwedel, dem silbernen Zierbeil im Hüftband und dem nach hiesigem Eigensinn geschlungenen Kopftuch mit starren Schulterflügeln, – daß dieser der einstmals Abgeschaffte, vom Vater schließlich Verschmerzte, der Träumer von Träumen sein könnte, der Lebensgedanke war ihnen verschlossen, verwehrt und vorenthalten, und auch daß der Mann sich immerfort das Tuch vors Untergesicht hielt, war unvermögend, sie darauf zu bringen.
    Da sprach er wieder, und immer sogleich, wenn er innehielt, echote der Dolmetsch neben ihm rappelnd und ohne Betonung auf kanaanäisch, was er gesagt.
    »Ob hier ein Handel getätigt und eine Belieferung kann verordnet werden«, sagte er übellaunig, »das steht dahin und muß sich erweisen, – sehr möglich, daß sich ganz Anderes erweist. Daß ihr die Sprache der Menschen nicht redet, ist dabei der Schwierigkeiten geringste. Ich bedaure euch übrigens, wenn ihr erwartetet, daß ihr mit Pharao’s Oberstem Mund in eurem Kauderwelsch würdet verkehren können. Ein Mann wie ich spricht Babels Sprache, er spricht auch chetitisch, zum Chabirischen aber und dergleichen Aulasaukaula läßt er sich schwerlich herbei, und sollte er’s je gekonnt haben, so beeilt er sich, es zu vergessen.«
    Pause und Übersetzung.
    »Ihr seht mich an«, fuhr er fort, ohne eine Antwort abzuwarten, »ihr betrachtet mich indiskret nach Barbarenart und beobachtet im Stillen, daß ich mich mit einem Tuche beschütze, woraus ihr heimlich schließt, daß ich wohl unpäßlich sein müsse. Ja, ich bin etwas unpäßlich, – was gibt es da zu spähen, zu kundschaften und zu schließen? Ich habe mir einen Staub-Katarrh zugezogen, – auch ein Mann wie ich ist dagegen nicht gefeit. Meine Ärzte werden mich heilen. Die ärztliche Weisheit steht sehr hoch im Land Ägypten. Mein eigner Haushalter, der Verwalter meines Privatpalastes, ist nebenbei auch noch ein Arzt. Da seht ihr’s, er wird mich heilen. Menschen aber, und ständen sie mir noch so fern, die unter diesen abnormen und mißliebigen Witterungsverhältnissen eine Reise und gar eine Wüstenreise zu machen gezwungen waren, solchen schlägt mein Herz in Mitgefühl und in Besorgnis entgegen, was sie ausgestanden haben mögen auf ihrer Fahrt. Woher kommt ihr?«
    »Von Hebron, großer Adôn, von Kirjath Arba, der Vierstadt und von den Terebinthen Mamre’s im Lande Kanaan, Speise zu kaufen in Ägyptenland. Wir sind alle ...«
    »Halt! Wer spricht da? Wer ist der Kleine mit blanken Lippen, der da spricht? Warum spricht gerade er und nicht zum Beispiel der Herdenturm da – denn er ist gebaut wie ein solcher –, der mir der Älteste und Verständigste von eurer Rotte zu sein scheint?«
    »Es ist Ascher, der antwortete, Herr, mit deinem Wohlnehmen. Ascher, so ist deines Knechtes Name, der ein Bruder ist unter uns Brüdern. Denn wir sind alle Brüder und eines Mannes Söhne, verbunden durch Brudertum, und wenn es unsre Gemeinschaft gilt und daß wir gebündelt sind, so pflegt Ascher, dein gehorsamer Diener die Aussage zu machen.«
    »So, du bist also ein Bundesschwätzer und ein Gemeinplatz. Gut. Aber wenn ich euch recht ins Auge fasse, so entgeht meinem Scharfblick nicht, daß ihr trotz angeblicher Brüderlichkeit, deutlich verschiedene Leute seid und der mit jenem zusammengehört, andere aber wieder ein Gemeinsames haben. Der Bundesredner, der sich vernehmen ließ, zeigt mir eine Ähnlichkeit mit dem da im kurzen Rock, auf den er Erz genäht hat, und jener dort, mit den Augen der Schlange, hat, ich weiß nicht was gemein mit dem nahe bei ihm, der von einem Dünnbein aufs andere tritt. Mehrere aber ordnen sich dadurch zusammen, daß ihre Augenlider rötlich entzündet sind.«
    Es war Re’uben, der’s über sich nahm, zu antworten.
    »Wahrlich, du siehst alles, Herr«, hörte Joseph ihn sagen. »Laß dich bedeuten! Die Ähnlichkeiten und Sonderungen unter uns kommen daher, daß wir von verschiedenen Müttern sind, viere von zweien, und sechs von einer. Aber wir sind alle eines Mannes Söhne, Jaakobs, deines Knechts, der uns zeugte und der uns zu dir sandte, Speise zu

Weitere Kostenlose Bücher