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Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Titel: Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
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handle es sich um Dina, Tochter Jaakobs, des Gottesfürsten, Abrahams Samen, und daß die nicht Kebsweib sein könne zu Schekem in der Burg, das werde bei besserem Nachdenken wohl sein eigener Verstand ihm sagen.
    Und das habe Sichem für ihr letztes Wort zu erachten?
    Sie hoben die Achseln, breiteten ihre Hände aus. Ob sie ihn mit einem Geschenke erfreuen könnten, zwei oder drei Hammeln vielleicht.
    Da war es mit seiner Geduld zu Ende. Er hatte viel Ärger und Last gehabt um seines Begehrens willen. Jener Priester vom Tempel hatte sich keineswegs als so leibeskundig erwiesen, wie er von sich ausgesagt, und nicht zu hindern vermocht, daß Hemors Sohn Entzündung, Fieber und arge Schmerzen hatte ausstehen müssen. Dafür nun dies? Er stieß einen Fluch aus, dessen Meinung war, die Existenz der Jaakobssöhne auf die Gewichtlosigkeit von Licht und Luft zurückzuführen, und den sie mit raschen, geschickten Bewegungen von sich abzuleiten trachteten, – und stürzte davon. Vier Tage später war Dina verschwunden.
    Die Entführung
    »Weißt du davon?« Die Reihenfolge ist zu beachten! Sichem war nur ein schlenkrichter Jüngling, lecker und erzieherisch nicht gewöhnt, sich einen Wunsch seiner Sinne zu versagen. Aber das ist kein Grund, gewisse zweckhafte Hirtenmärlein immerdar zu seinen äußersten Ungunsten wörtlich zu nehmen. Wenn so tiefzügig sich die Geschichte in Jaakobs besorgte Miene einschrieb, so ebendarum, weil er, mochte auch er selbst und zuerst sie gestutzt und beschönigt erzählen und sie so glauben, während er sie erzählte, heimlich wohl wußte, wer zuerst auf Raub und Gewalt gesonnen, wer die Geschichte von allem Anfang darauf angelegt, und daß Hemors Sohn keineswegs Dina einfach geraubt, sondern mit redlicher Werbung begonnen und erst als ein Geprellter sich für berechtigt erachtet hatte, sein Glück zur Grundlage weiterer Unterhandlung zu machen. Mit einem Wort, Dina war fort, gestohlen, entführt. Am lichten Tage, auf offenem Feld, ja angesichts der Ihren hatten Männer der Burg sie beschlichen, da sie mit Lämmern spielte, ihr den Mund mit einem Tuche verschlossen, sie auf ein Kamel geworfen und weiten Vorsprung gegen die Stadt mit ihr gehabt, bevor Israel auch nur Reittiere zum Nachsetzen hatte satteln können. Sie war dahin, verschlossen in Sichems Haus der Spiele und Lüste, wo übrigens ungeahnte städtische Annehmlichkeiten sie umgaben, und Sichem hielt hastig das ersehnte Beilager mit ihr, wogegen sie nicht einmal Gewichtiges einzuwenden hatte. Sie war ein unbedeutendes Ding, ergeben, ohne Urteil und Widersetzlichkeit. Was mit ihr geschah, wenn es klar und energisch geschah, nahm sie als das Gegebene und Natürliche hin. Außerdem fügte Sichem ihr ja kein Übles zu, sondern im Gegenteil, und auch seine übrigen Schwesterlein, Rehuma, die Erste und Rechte, nicht ausgenommen, waren freundlich mit ihr.
    Aber die Brüder! Aber Schimeon und Levi, namentlich sie! Ihre Wut schien keine Grenzen zu kennen – Jaakob, verwirrt und niedergeschlagen, hatte das Äußerste von ihnen auszustehen. Entehrt, vergewaltigt, bübisch geschwächt – ihre Schwester, Schwarz-Turteltäubchen, die Allerreinste, die Einzige, Abrahams Samen! Sie zerbrachen den Brustschmuck, zerrissen die Kleider, legten Säcke an, rauften sich Haar und Bart, heulten und brachten sich im Gesicht und am Körper lange Schnittwunden bei, die ihren Anblick gräßlich machten. Sie warfen sich auf die Bäuche, schlugen mit den Fäusten die Erde und schwuren, weder zu essen noch ihren Leib zu entleeren, ehe denn Dina der Wollust der Sodomiter entrissen und die Stätte ihrer Schändung der Wüste gleichgemacht worden sei. Rache, Rache, Überfall, Totschlag, Blut und Marter, das war alles, was sie kannten. Jaakob, erschüttert, tief betreten, in schmerzlicher Verlegenheit, im Gefühle übrigens, sich labanmäßig benommen zu haben, und wohl wissend, daß die Brüder sich am Ziel ihrer ursprünglichen Wünsche sahen, hatte Mühe, sie vorläufig im Zaum zu halten, ohne sich dabei dem Vorwurf mangelnden Ehr- und Vatergefühles auszusetzen. Er beteiligte sich bis zu einem gewissen Grade an den Kundgebungen ihrer Grameswut, indem er ebenfalls ein schmutziges Kleid anlegte und sich etwas zerraufte, gab ihnen dann aber zu bedenken, einen wie geringen Nutzen es verspreche, Dina gewaltsam aus der Burg zu reißen, womit ja die Frage nicht gelöst, sondern erst aufgeworfen sein werde, was man mit der Geschwächten, Geschändeten dann hier anfangen

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