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Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Titel: Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
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fremden Göttern. Was dir zu äußern beliebt, daran mag etwas Wahres sein. Abraham schon hat Ihm das Ungestüm öfters verwiesen und auch ich sprach wohl mahnend zu Ihm: ›Sachte, Herr, nicht so heftig!‹ Aber Er ist, wie Er ist, und kann sich nicht mäßiger machen um unserer zärtlichen Herzen willen.«
    »Eine freundliche Anhaltung«, erwiderte Joseph, »durch die, die Er liebt, kann trotzdem nicht schaden. Nun aber wollen wir Seine Gnade preisen und Seine Versöhnlichkeit, hat es auch lang damit angestanden! Denn Seiner Größe gleich ist nur Seine Weisheit, das will sagen die Fülle Seines Gedankens und der reiche Sinn Seines Tuns. Immer kommt mehrfache Verrichtung Seinen Ratschlüssen zu, das ist das Bewundernswerte. Straft Er, so meint Er zwar Strafe, und ist diese ernstlichster Zweck ihrer selbst und doch Mittel auch wieder zur Förderung größern Geschehens. Dich, mein Vater, und mich hat Er hart angefaßt und uns einander genommen, daß ich dir starb. Er meint’ es und tat’s. Aber in Einem damit meint’ Er, mich vor euch herzusenden um der Errettung willen, daß ich euch versorgte, dich und die Brüder und dein ganzes Haus in der Hungersnot, die Er im vielbedeutenden Sinne trug, und die für ihr Teil ein Mittel zu vielem war, dazu vor allem, daß wir uns wieder zusammenfänden. Das alles ist höchst bewundernswert in seiner weisen Verschränktheit. Wir sind heiß oder kalt, aber Seine Leidenschaft ist Vorsehung, und Sein Zorn weitschauende Güte. Hat dein Sohn sich annähernd schicklich ausgedrückt über den Gott der Väter?«
    »Annähernd«, bestätigte Jaakob. »Er ist der Gott des Lebens, und das Leben spricht man, versteht sich, nur annähernd aus. Dies zu deinem Lobe und deiner Entschuldigung. Meines Lobes aber bedarfst du nicht, denn von Königen wirst du gelobt. Möchte dein Leben, das du in der Entrücktheit geführt hast, der Entschuldigung nicht allzu bedürftig sein.«
    Er sprach es, indem sein Blick sorgenvoll an des ägyptischen Joseph Erscheinung hinabglitt, von der grün und gelb gestreiften Haube seines Hauptes, über seinen flimmernden Schmuck, das kostbare, seltsam geschnittene Kleid, die eingelegten Luxus-Geräte in seinem Gürtel und seiner Hand, bis zu den goldenen Spangen seiner Sandalen.
    »Kind«, sagte er dringlich, »hast du deine Reinheit bewahrt unter einem Volk, dessen Brunst wie der Esel und wie der Hengste Brunst ist?«
    »O Väterchen – will sagen: Vater«, erwiderte Joseph in einiger Verlegenheit, »was bekümmert sich doch mein lieber Herr! Laß das gut sein, die Kinder Ägyptens sind wie andere Kinder, nicht wesentlich besser und schlechter. Glaube mir, nur Sodom zu seiner Zeit hat sich besonders ausgezeichnet im Übel. Seitdem es in Pech und Schwefel verschwunden ist, steht’s überall so ziemlich gleich, nämlich schlecht und recht, in dieser Beziehung. Du hast wohl einmal Gott vermahnt und ihm gesagt: ›Nicht so heftig, Herr.‹ So wird’s nicht Sünde sein, daß auch ich nun wieder, dein Kind, dich ermahne und möchte dir liebevoll anempfehlen, da du nun hier bist: Laß die Leute des Landes nicht merken, wie du nun einmal über sie denkst, und schildere ihnen nicht strafend ihr Gebaren, wie es dir vorschwebt auf geistliche Weise, sondern vergiß nicht, daß wir fremd sind und Gerim dahier, und daß Pharao mich groß gemacht hat unter diesen Kindern, und nehme nach Gottes Beschluß eine Stellung ein unter ihnen.«
    »Ich weiß, mein Sohn, ich weiß«, antwortete Jaakob und neigte sich wieder ein wenig. »Zweifle nicht an meinem Respekt vor der Welt! – Sie sagen, du habest Söhne?« setzte er fragend hinzu.
    »Freilich, Vater. Von meinem Mädchen, der Sonnentochter, einer sehr vornehmen Frau. Sie heißen ...«
    »Mädchen? Tochter der Sonne? Das verwirrt mich nicht. Ich habe Enkel von Schekem und Enkel von Moab und habe Enkel von Midian. Warum nicht auch Enkel von einer Tochter On’s? Bin doch ich es, von dem sie stammen. Wie heißen die Knaben?«
    »Menasse, Vater, und Ephraim.«
    »Ephraim und Menasse. Es ist gut, mein Sohn, mein Lamm, es ist sehr gut, daß du Söhne hast, ihrer zwei, und hast sie treulich mit solchen Namen benannt. Ich will sie sehen. Ehetunlichst sollst du sie vor mich stellen, wenn es dir gefällig ist.«
    »Du befiehlst«, sagte Joseph.
    »Und weißt du auch, teures Kind«, fuhr Jaakob leise fort und mit feuchten Augen, »warum es so gut ist und so sehr angebracht vor dem Herrn?« Er legte den Arm um Josephs Hals und sprach an

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