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Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Titel: Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
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Kinder will ich nun sehen, daß ich ihre Bekanntschaft mache. Ihr sollt sie vor mich stellen und vor den Vater, an dessen Seite ich dabei sitzen will. Etwas von hier hab ich ein Zelt errichten lassen zu eurem Empfang; da war’s, wo mein Bruder Juda mich fand, und von dort kam ich her. Tragt unsren Vater wieder, den lieben Herrn, und sitzt alle auf und folgt mir! Ich will voranfahren in meinem Wagen. Will aber einer mit mir fahren, Juda zum Beispiel, der so freundlich war, mich zu rufen, so ist Platz genug in dem Wagen für ihn und mich samt dem Lenker. Juda, du bist’s, den ich einlade. Kommst du mit mir?«
    Und Juda dankte ihm und bestieg wirklich mit ihm den Wagen, der herankam auf Joseph’s Wink; in des Erhöhten Wagen fuhr er mit ihm und stand mit ihm in dem Goldkorb seines Wagens mit den erregten Pferden davor im Buntfederschmuck und in purpurnem Riemenwerk. Josephs Mannen folgten danach und dann die Kinder Israels, an ihrer Spitze Jaakob im schwankenden Reisestuhl. Seitwärts aber rannten die Leute mit, die dies alles sehen wollten, vom Markte Pa-Kôs.
    So kam man zu einem bunt bemalten und teppichbelegten Zelt, sehr schön und geräumig, von Dienern bestellt, worin bekränzte Weinkrüge in feinen Rohrgestellen sich an den Wänden reihten, Polster gelegt waren und Trinkschalen, Wasserbecken und allerlei Kuchen und Früchte bereit standen. Dahinein lud Joseph seinen Vater und seine Brüder, begrüßte sie abermals und erquickte sie, unterstützt von seinem Haushalter, den die Elfe kannten. Heiter trank er mit ihnen aus goldenen Bechern, in die die Aufwärter den Wein durch Seihtücher kredenzten. Danach aber saß er mit Jaakob, seinem Vater, auf zwei Feldstühlen im Eingang des Zeltes nieder, und vor ihnen vorbei zogen Jaakobs »Weiber, Töchter und Söhne und die Weiber seiner Söhne«, will sagen: die Frauen von Josephs Brüdern und deren Sprossen, kurz: Israel, daß er sie sähe und ihre Bekanntschaft mache. Ruben, sein ältester Bruder, nannte ihm ihre Namen, und er redete freundlich zu ihnen allen. Jaakob aber war gemahnt aus Zeitentiefen an eine andere Vorstellungsszene: nach der Nacht des Ringens zu Peni-el, als er Esau, dem Zottelmann, die Seinen präsentiert – die Mägde zuerst mit ihren vieren, dann Lea mit ihren sechsen und endlich Rahel mit dem, der jetzt neben ihm saß, und dem das Haupt war so weltlich erhoben worden.
    »Es sind siebzig«, sagte er voller Würde zu ihm, auf sein Volk deutend, und Joseph fragte nicht, ob es siebzig seien mit Jaakob oder ohne ihn, und mit ihm selbst oder ohne ihn; er fragte nicht und zählte nicht nach, sondern ließ nur heiter blickend das Volk vor sich vorüberziehen, zog Benjamins jüngste Söhne, Mupim und Ros, an seine Kniee, daß sie bei ihm ständen, und war sehr interessiert und erfreut, als Serach, Aschers Kind, vor ihn gestellt wurde und er erfuhr, daß sie es gewesen sei, die dem Jaakob zuerst die Kunde gesungen von seines Sohnes Leben. Er dankte dem Mägdlein und sagte, baldmöglichst, sobald er Zeit habe, müsse sie auch vor ihm ihr Lied auf acht Saiten singen, daß er es höre. Unter den Weibern der Brüder aber ging auch Thamar vorüber mit ihren Juda-Sprossen, und Ruben, der Namen-Nenner, konnte so stehenden Fußes und in der Eile nicht gleich erklären, wie es sich mit ihr und ihnen verhalte; für gelegenere Stunde blieb die Erläuterung aufgespart. Hoch und dunkel schritt Thamar vorbei, an jeder Hand einen Sohn, und neigte sich stolz vor dem Schattenspender, denn sie dachte in ihrem Herzen: »Ich bin auf der Bahn, du aber nicht, so sehr du glitzerst.«
    Als alle vorgestellt waren, wurden auch die Weiber und Töchtersöhne und die Töchter der Weiber im Zelt von den Dienern gelabt. Joseph aber versammelte die Hüttenhäupter um sich und den Vater, wies sie an und traf mit weltlicher Umsicht und Bestimmtheit seine Verfügungen.
    »Ihr seid nun im Lande Gosen, Pharao’s schönem Weideland«, sagte er, »und ich will’s einrichten, daß ihr hier bleiben dürft, wo’s noch nicht allzu ägyptisch ist, und sollt als Gerim hier leben, locker und frei und auf Widerruf, wie vordem im Lande Kanaan. Treibt euer Vieh nur auf diese Triften, baut Hütten und nährt euch. Vater, dir hab ich ein Haus schon bereit gestellt, sorgfältig nachgebildet dem deinen zu Mamre, daß du alles findest, wie du’s gewohnt bist, – etwas von hier ist es dir errichtet, näher gegen den Markt Pa-Kôs; denn am besten ist es, im Freien zu wohnen, aber nicht fern einer Stadt:

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