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Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Titel: Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
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Geschichte entwickeln, um kein Geringes älter darüber geworden, – ein Grund mehr dafür, in diesem Punkt auf Klarheit zu halten. Wir haben freilich auch lieber von einem reizend siebzehnjährigen oder auch noch von einem dreißigjährigen Joseph erzählt, als daß wir von einem gut und gern fünfundfünfzigjährigen künden; und doch sind wir es dem Leben und Fortschritt schuldig, euch zur Realisierung der Wahrheit anzuhalten. Während Jaakob, verehrt und wohlversorgt von Kindern und Kindeskindern, im Distrikte Goschen seinen Jahren noch siebzehn zulegte, um es auf das extrem ehrwürdige, aber noch natürliche Alter von hundertundsechs zu bringen, wurde sein abgesonderter Liebling, Pharao’s alleiniger Freund, aus einem reifen zum alternden Mann, dessen Haupthaar und Bart, wenn nicht jenes geschoren und von einer kostbaren Perücke bedeckt, dieser nach Landesgesittung glatt abrasiert gewesen wäre, viel Weiß im dunklen Grunde gezeigt hätten. Doch darf man hinzufügen, daß die schwarzen Rahelsaugen sich den Freundlichkeitsblitz bewahrten, der immer den Menschen ein Wohlgefallen gewesen war, und daß überhaupt das Tammuz-Attribut der Schönheit ihm in angemessener Wandlung treu blieb – dank dem doppelten Segen nämlich, für dessen Kind er immer gegolten und der ein Segen nicht nur von oben herab und von Witzes wegen, sondern ein Segen auch aus der Tiefe war, die unten liegt und mütterliche Lebensgunst ins Gebilde emporsendet. Solche Naturen erfahren nicht selten sogar eine zweite Jugend, die ihr Bild in einem gewissen Grade auf frühere Lebensstufen zurückführt; und wenn manche Vorspiegelungen der Kunst den Joseph an Jaakobs Sterbelager noch immer in jünglingshafter Gestalt zeigen, so verfehlen sie insofern die Wahrheit nicht ganz, als Rahels Erster tatsächlich einige Lustren vordem schon viel schwerer und fleischiger gewesen, aber um diese Zeit wieder entschieden schlanker geworden war und seinem zwanzigjährigen Selbst ähnlicher sah als seinem vierzigjährigen.
    Ganz unverantwortlich und jeder Überlegung bar aber muß es genannt werden, wenn gewisse Phantasmagorien des Pinsels Josephs Söhne, die jungen Herren Menasse und Ephraim, bei der Szene ihrer Segnung durch den schon scheidenden Großvater, dem Beschauer als lockige Kinder von sieben oder acht Jahren vor Augen führen. Es ist ja klar, daß sie damals infantenhafte Kavaliere von Anfang zwanzig, in stutzerhaft geschnürter und bebänderter Hoftracht, mit Schnabel-Sandalen und Kammerherrn-Wedeln waren, und die sonst unbegreifliche Gedankenlosigkeit jener Schildereien ist nur mit ein paar träumerischen Wendungen des Frühtextes zu entschuldigen, dahingehend, Jaakob habe die Enkel auf den Schoß genommen oder vielmehr: Joseph habe sie davon heruntergenommen, nachdem der Alte sie »geherzt und geküßt«. Eine solche Behandlung wäre den jungen Leuten recht peinlich gewesen, und es ist sehr zu bedauern, daß der Erstbericht, eben aus der Neigung, für die meisten Personen der Geschichte die Zeit stillstehen und nur gerade Jaakob übertrieben alt – hundertsiebenundvierzig Jahre alt! – werden zu lassen, die Hand zu so ungereimten Vorstellungen bietet.
    Wir werden sofort veranschaulichen, wie es bei diesem Besuche zuging, der der zweite von dreien war, die Joseph dem Vater in dessen letzter Lebenszeit abstattete. Es sei nur zuvor ein kurzer Blick auf die vorangehenden siebzehn Jahre geworfen, während welcher die Kinder Israel sich im Lande Gosen einlebten, dort weideten, schoren, molken, handelten und wandelten, dem Jaakob Urenkel bescherten und sich anschickten, zum Haufen Volkes zu werden. Nie wird mit voller Bestimmtheit gesagt werden können, wie viele von diesen siebzehn eigentlich noch auf die sieben Spreujahre entfielen, weil eben nicht unbedingt ausgemacht, ob es sieben waren oder »nur« fünf. (Wir setzen dies »nur« zwischen spöttische Zeichen, weil an schöner Bedeutsamkeit die Fünf um nichts hinter der Sieben zurücksteht.) Wie berichtet, brachten Schwankungen in dem Maß der Dauer-Heimsuchung einige Unsicherheit in die Zählung. Im sechsten Jahre schwoll in der heiligen Jahreszeit der Ernährer bei Menfe um nicht weniger als fünfzehn Ellen, wurde abwechselnd rot und grün, wie das seine Art ist, wenn es ihm gut geht, und setzte reichlichen Dung ab, – aber nur, um sich im nächsten Jahr noch einmal als gänzlich unterernährt und schwächlich zu erweisen, sodaß strittig blieb, ob diese beiden ihren fünf rippenmageren

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