Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen.
diesem nicht geradezu glänzenden sarmatischen Feldzug? Was, beim Herkules, versprach sich DDD davon, wenn er die altmodisch brutalen Gesetze hervorholte und die Vestalin Cornelia auf Unkeuschheit verklagen ließ?
Junius Marull, an den schmerzenden Zähnen saugend, beschaute mit den scharfen, blaugrauen Augen gelassen den verdrießlich schnaufenden Freund. Bis aufs Wort erriet er dessen Gedanken. »Ja«, erwiderte er, »die Stimmung ist flau, da haben Sie recht. Für den Mann von der Straße sieht der Ausgang des sarmatischen Feldzugs nicht glänzend aus, obwohl es ein ganz solider Erfolg ist. Aber vielleicht ist es gerade deshalb. Unsere lieben Senatoren werden das Ergebnis des Krieges bestimmt in eine Niederlage umfälschen. Die Vestalin Cornelia ist verwandt und verschwägert mit dem halben Adel. Vielleicht glaubt Wäuchlein, die Herren werden sich mehr hüten, wenn er vor einer Anklage selbst gegen Cornelia nicht zurückschreckt.«
»Arme Cornelia!« sagte statt aller Antwort Regin. Beide jetzt sahen sie Cornelia vor sich, das zarte und doch frisch und heitere Gesicht der Achtundzwanzigjährigen unter dem braunschwarzen Haar, sie sahen sie, wie sie ihnen zulächelte in ihrer Ehrenloge im Zirkus, oder wie sie, mit den fünf andern Vestalinnen, an der Spitze der Prozession zum Tempel des Jupiter hinanstieg, groß, schlank, unberührt, freundlich und sicher in sich ruhend, Priesterin, Mädchen, große Dame.
»Man muß zugeben«, meinte schließlich Marull, »seit dem Aufstand des Saturnin hat er die innere Berechtigung, gegen seine Feinde jedes Mittel anzuwenden, wenn es nur zum Ziel führt.« – »Erstens führt dieses Mittel nicht zum Ziel«, entgegnete Regin, »und zweitens glaube ich nicht, daß dieser Prozeß gegen den Senat gerichtet ist. DDD weiß so gut wie wir, daß es da weniger gefährliche Maßnahmen gäbe. Nein, mein Lieber, seine Gründe sind simpler und tiefer. Er ist einfach unzufrieden mit dem Ausgang des Feldzugs und will sich seine Sendung auf andere Art beweisen. Ich höre ihn schon große Worte wälzen. ›Das Jahrhundert des Domitian wird durch solche Beispiele strenger Sitte und Religiosität in fernste Zeiten hinüberstrahlen.‹ Ich fürchte«, schloß er seufzend, »manchmal glaubt er selber an seine Reden.«
Eine Weile saßen die beiden schweigend. Dann fragte Regin : »Und weiß man, wer eigentlich den Partner der unseligen Cornelia abgeben soll?« – »Man nicht«, antwortete Marull, »aber Norban weiß es. Ich vermute, es ist Crispin, der in die Geschichte hineinverwickelt ist.« – »Unser Crispin?« fragte ungläubig Regin. »Es ist eine bloße Vermutung«, erwiderte rasch Marull, »Norban hat natürlich zu niemand ein Wort gesagt, es sind Blicke und halbe Gesten, aus denen ich es schließe.« – »Ihre Vermutungen«, gab Regin zu, die Zunge nachdenklich von einem Mundwinkel zum andern führend, »haben die Eigenschaft, einzutreffen, und Norban ist sehr findig, wenn er einen haßt. Es wäre ein Jammer, wenn wirklich, bloß weil Norban eifersüchtig auf den Ägypter ist, dieses erfreuliche Geschöpf Cornelia vor die Hunde gehen sollte.«
Marull, teils weil er keine Sentimentalität in sich hochkommen lassen wollte, teils aus alter Gewohnheit, spielte den Frivolen. »Schade«, sagte er, »daß man nicht selber daraufgekommen ist, daß Cornelia nicht nur Vestalin ist, sondern eine Frau. Aber, beim Herkules, wenn sie zum Capitol hinaufstieg in dem schweren, altmodischen, weißen Kleid und mit der altmodischen Frisur, dann hat nicht einmal ein so abgebrühter Materialist wie ich daran gedacht, was wohl unter diesem Kleid stecken mag. Dabei ist doch gerade so was Heiliges, Verbotenes mein Fall. Ich habe einmal, in meiner wildesten Zeit, mit der Pythia von Delphi geschlafen. Sie war nicht besonders hübsch, auch schon etwas angejahrt, das Vergnügen stand in gar keinem Verhältnis zu der Gefahr; was mich gereizt hat, war nur das Heilige. Man hätte ein Mädchen wie diese Cornelia nicht auslassen dürfen, man hätte sie nicht einem Crispin überlassen dürfen.«
Claudius Regin, sonst nicht prüde, ging heute auf diesen Ton nicht ein. Während er sich ächzend niederbeugte, um den Schuhriemen fester zu binden, der sich wieder einmal gelokkert hatte, sagte er: »Schwer macht es einem DDD, ihm freund zu bleiben.« – »Haben Sie Geduld mit ihm«, redete ihm Marull zu. »Er hat viele Feinde. Er ist jetzt zweiundvierzig«, überlegte er und suchte mit seinen
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