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Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen.

Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen.

Titel: Josephus- Trilogie. Der jüdische Krieg / Die Söhne / Der Tag wird kommen. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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scharfen Augen die schläfrigen des andern. »Aber ich fürchte, wir haben Aussicht, ihn zu überleben.«
      Regin erschrak. Was da Marull gesagt hatte, war so richtig und so tollkühn, daß man es auch unter nahen Freunden nicht hätte über die Lippen bringen dürfen. Aber nun Marull einmal so weit gegangen war, wollte sich auch Regin nicht bezähmen. »Eine solche Fülle von Macht«, sagte er, bemüht, die helle, fettige Stimme zu dämpfen, »das ist schon eine Krankheit; eine Krankheit, die das Leben auch eines kräftigen Mannes rasch aufzehrt.« – »Ja«, meinte, auch er jetzt fast flüsternd, Marull, »der Geist eines Mannes muß höllisch feste Wände haben, wenn er nicht bersten soll unter einer solchen Fülle von Macht. DDD hat erstaunlich lange standgehalten. Erst seit dem Staatsstreich des Saturnin ist er so« – er suchte das Wort – »merkwürdig geworden.« – »Dabei«, erwiderte Regin, »hat er gerade in dieser Sache so unmenschliches Glück gehabt.« – »Cäsar und sein Glück«, entgegnete sententiös Marull. »Aber soviel Glück hält eben keiner aus.« – »Cäsar«, überlegte Regin, »ist sechsundfünfzig geworden, ehe ihn sein Glück verließ.« – »Schade um ihn«, sagte etwas dunkel Marull. Und: »Schade um Cornelia«, sagte Regin.

    »Er wird es nicht wagen«, brach plötzlich der Senator Helvid aus. Man hatte von den Garnisonsverstärkungen im Nordosten gesprochen, die der Friedensschluß zur Folge haben mußte, und was der jähzornige Helvid da auf einmal hereinwarf, hatte mit dieser Frage nicht das leiseste zu tun. Trotzdem wußten alle, was er meinte. Denn, auch wenn man von anderm sprach, drehten sich ihrer aller Gedanken unaufhörlich um die Schmach, die der Kaiser der Vestalin Cornelia und in ihr dem ganzen alten Adel anzutun sich anschickte.
      Viele Gewalttaten hatte ihnen Domitian bereits angetan, den vier Männern und den beiden Frauen, die sich hier im Hause des Helvid versammelt hatten. Da waren Gratilla, die Schwester, und Fannia, die Frau des Caepio, den er hatte hinrichten lassen. Und alle hier waren sie Freunde und Vertraute gewesen des Prinzen Sabin und des Aelius und der neun andern Senatoren, die gleichzeitig mit Caepio hatten sterben müssen, weil sie in den mißglückten Staatsstreich des Saturnin verwickelt gewesen waren. Allein, wenn der Kaiser diese Männer getötet hatte, ja wenn er gegen sie selber, die hier Zusammengekommenen, vorging, so hatten solche Gewalttaten, von seinem Standpunkt aus gesehen, Sinn und Zweck. Die Verfolgung der Cornelia aber war nichts als eine wüste, jeden Sinnes bare Laune. Es war über alle Vorstellung hinaus schamlos, wenn dieser Kaiser, wenn just dieser geile Bock Domitian Cornelia antastete, unsere reine, süße Cornelia. Wo immer sie erschien, da hatte man das Gefühl: die Welt ist doch noch nicht verloren, da sie in ihr ist, Cornelia. Und sie, gerade sie, mußte sich der Unmensch herausgreifen!
      Es war, ohne daß sie viele Worte darum hätten machen müssen, das Gleichnishafte des Vorgangs, was die vier Männer und die beiden Frauen im Hause des Helvid so tief aufwühlte. Wenn Domitian, die zweibeinige Lasterhaftigkeit, das wahrhaft adelige Mädchen Cornelia durch falsche Zeugen der Unkeuschheit überführen und schimpflich hinrichten ließ, so zeigte sich darin bildhaft die ganze grinsende Verderbtheit dieses Roms. Nichts auf der Welt gab es, wovor dieser Kaiser zurückgeschreckt wäre. Unter seinem Regiment verzerrte sich das Adelige ins Gemeine.
      »Er wird es nicht wagen«, damit haben sie sich getröstet vom ersten Tag an, da sie von dem Gerücht gehört hatten. Doch in wie vielen ähnlichen Fällen hatten sie sich mit ähnlichen Worten getröstet. Sooft von einem neuen, schamlosen Vorhaben des Kaisers die Rede ging, hatten sie geknirscht: das wird er sich nicht erdreisten, das werden sich Senat und Volk nicht bieten lassen. Aber insbesondere seit dem verunglückten Aufstand des Saturnin hatte er sich alles erdreistet, und Senat und Volk hatten sich alles bieten lassen. Trüb war die Erinnerung an diese vielen Niederlagen in ihnen, aber sie ließen sie nicht in sich hochkommen. »Er wird es nicht wagen.« Sie hängten ihre Hoffnung an die Worte, die der Senator Helvid so wütend und zuversichtlich hervorgestoßen hatte.
      Da aber tat der Jüngste unter ihnen den Mund auf, der Senator Publius Cornel. »Er wird es wagen«, sagte er, »und wir werden schweigen. Es hinnehmen und schweigen. Und wir werden

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