Josepsson, Aevar Örn
es sowohl Umsicht als auch Mühe, das Haus immer tipptopp instand zu halten, aber auch hier galt dasselbe wie für das Essen – blank zu sein war keine Entschuldigung für Schmutz und Schlamperei.
Kochfisch mit Pellkartoffeln waren allerdings ihrer Meinung nach an der untersten Grenze des Tragbaren, daran konnte auch ein hübsch gedeckter Tisch nichts ändern. Ihre Mutter hatte zwar keine Probleme damit, auch heute noch so ein Essen anzubieten, ihrer Meinung nach sollte sich kein Isländer dafür zu schade sein. Das änderte aber nichts an der Tatsache, dass Hólmfríður es als Niederlage empfand, wenn sie gezwungen war, ihren beiden Kindern ein solches Essen vorzusetzen, auch wenn die Schellfischfilets erheblich teurer waren als das Hackfleisch, das sie gestern zu Frikadellen verarbeitet hatte. Es machte die Sache auch nicht besser, als ihr klar wurde, dass sie die Reihenfolge hätte umdrehen sollen; den Fisch gestern auf den Tisch bringen und heute die Fleischbällchen. Daran ließ sich aber nichts mehr ändern, also musste man das Beste daraus machen.
»Essen!«, rief sie, und kurze Zeit später saßen sie zu dritt am Tisch, Svana, Eiríkur und sie selbst, und zu ihrer großen Erleichterung verputzten sie den Schellfisch mit bestem Appetit und einem Klacks Ketchup, bevor sie wieder in ihre Zimmer verschwanden und sich vor ihre Computer oder Fernseher hockten. Sie wusste, dass es Proteste hageln würde, wenn sie ihnen mitteilen musste, dass sie wahrscheinlich sowohl den DSL-Anschluss als auch Digital Island zum Monatsende kündigen musste.
Hólmfríður seufzte. Entweder musste sie eine besser bezahlte Arbeit oder einen neuen Mann finden, oder auf ein Wunder warten. Sie wusste sehr genau, dass das Erstere für sie mit ihrer einfachen Ausbildung und geringen Berufserfahrung schwierig sein würde. Und an einem neuen Mann hatte sie kein Interesse. Mit keinem von den wenigen, die sie nach der Scheidung von Sigmundur kennen gelernt hatte, hätte sie es auch nur einen Winter lang ausgehalten, und sie ging nicht davon aus, dass in absehbarer Zukunft ein Kandidat für eine engere Beziehung auftauchen würde. Letzten Endes verlangte es sie auch gar nicht danach, das waren doch alles dieselben beschissenen Typen. Mit Ausnahme von Bárður natürlich, aber der war ihr Bruder und außerdem schwul. Nein, ein neuer Mann war nicht in Sicht. Also blieb nur das Wunder.
Sie brummte ärgerlich vor sich hin, während sie den letzten Teller abtrocknete und an seinen Platz stellte.
Wunder, auf so was war ja nun echt Verlass. Sie streckte ihre Hand nach der Rotweinflasche aus und zündete sich eine Zigarette an.
*
Ólafur stellte Teller und Besteck zu dem anderen Geschirr ins Waschbecken. Das Spülen hatte Zeit bis nach Ostern. Vielleicht würde ja auch Hólmfríður das morgen erledigen, die seltenen Male, wenn sie sich blicken ließ, packte das Mädchen manchmal zu.
Er mixte sich einen Drink und machte es sich wieder in seinem Sessel bequem. Mit Beefeater, Tonic und Gottes Auserwählten im Alpha-Sender verging der Abend in gewohnter Weise, bis Ólafur schließlich gegen drei in die Falle kroch.
2
Sonntag
Der Ostersonntag begann genau wie die meisten anderen Tage mit Kopfschmerzen, steifem Hals und schmerzhaftem Harndrang nach viel zu wenig Schlaf. Ólafur machte danach zwar wieder einen Versuch, noch einmal einzuschlafen, aber das gelang ihm genauso wenig wie zuvor. Als er sich schließlich ankleidete, wählte er zur Feier des Tages seine beste Hose und ein einigermaßen sauberes Hemd aus.
Das Hemd war ihm allerdings etwas zu eng geworden, zwischen den aufspringenden Knöpfen war das hellgraue Unterhemd zu sehen. Er besaß aber kein anderes, das diesem heiligen Tag angemessen gewesen wäre. Mittags aß er wieder ein Fertiggericht der Firma 1944, die sich auf alleinstehende Isländer spezialisiert hatte, geräuchertes Lammfleisch mit Kartoffeln in Mehlschwitze und Beilagen. Zu Ostern musste es ja etwas Besonderes sein. Dann telefonierte er dreimal, was ungewöhnlich war.
Zuerst rief er seinen Sohn Bárður Áki an, der ihm versprach, am nächsten Tag zur verabredeten Zeit zu erscheinen. Der Junge – der allerdings bereits auf die vierzig zuging – war wie immer keineswegs sonderlich erpicht auf diesen Besuch, aber Ólafur machte sich nichts daraus. Wichtig war nur, dass er vorhatte zu kommen, dann bestand immer noch Hoffnung. Danach telefonierte er mit seiner Tochter Hólmfríður. Wie gewöhnlich war sie noch
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