Joshua Schreck: Fischer. Nur für Jungs (German Edition)
ähm … war genau meine Absicht.« Er streckte seine Brust heraus, als sein strahlendes Lächeln zurückkehrte.
Dad lag noch immer am Boden und hielt sich das Fußgelenk. Doch plötzlich, als sich Captain Saubermann einen gewaltigen Brocken der Mauer schnappte, die einmal zu dem chinesischen Restaurant gehört hatte, verwandelte sich sein Gesichtsausdruck von Wut in Angst.
»Und um dich endgültig zur Strecke zu bringen …« Captain Saubermann hob das Mauerstück über seinen Kopf und zielte.
»HALT!«
Es dauerte einen Moment, bis mir klar wurde, dass ich es war, der das gerade geschrien hatte. Alle im Bus drehten sich zu mir um. Ich konnte nur hoffen, dass mein Gesicht nicht so rot angelaufen war, wie es sich anfühlte.
»Ja, mein Junge?« Captain Saubermann grinste mich an und wartete, dass ich etwas sagte.
In meinem Kopf drehte sich alles. Ich hatte nur geschrien, um ihn davon abzuhalten, meine Eltern zu töten – über das, was ich danach sagen wollte, hatte ich nicht groß nachgedacht.
Ich erhaschte einen Blick auf meinen Dad, der am Boden lag. Ein Funke des Wiedererkennens zuckte durch sein Gesicht. Es war, als ob er sich nicht entscheiden könnte, mir zum Gruß zuzuwinken oder um Gnade zu flehen. Alle sahen mich an – Captain Saubermann, meine Eltern, Dutzende von Reportern. Ich schirmte meine Augen vor dem grellen Licht der aufblitzenden Kameras ab, dann räusperte ich mich.
»Ähm … könnte ich –« Ich kam ins Stottern und musste noch einmal von vorn anfangen. »Könnte ich vielleicht ein Foto von Ihnen machen?«
»Ach so, ja gut.« Captain Saubermann grinste. »Von mir aus. Mach schnell ein Foto.«
Der Superheld schwebte in Positur, strich sich mit einer Hand die Haare glatt und balancierte mit der andern das Mauerstück über seinem Kopf.
Die Ablenkung reichte Dad, um seinen Plasma-Revolver zu ziehen. Der rote Lichtstrahl ließ die Mauer in Millionen kleine Teile zerspringen.
Captain Saubermann hielt sich die Hände vor die Augen, als der Staub der zerstörten Mauer ihn einhüllte. Dad richtete jetzt seinen Plasma-Revolver auf die Brust von Captain Saubermann.
»Nein!«, schrie ich.
Ich sah das Zögern in Dads Gesicht. Sein größter Feind schwebte, blind vom Staub, vor ihm. Er musste einfach nur abdrücken. Dad schaute von Captain Saubermann zu mir. Seufzend schnappte er sich seinen Flugroller und schwebte dorthin, wo meine Mom lag. Nachdem er ihr aufgeholfen hatte, wandte er sich noch einmal um und warf Captain Saubermann einen letzten verächtlichen Blick zu. Dann schwebten meine Eltern zusammen in die Luft. Und im nächsten Moment waren sie auch schon verschwunden.
Als Captain Saubermann wieder sehen konnte, flog er auf uns zu und streifte sich Staub und Mauerreste aus den Haaren.
»Ein weiterer schändlicher Anschlag wurde von Captain Saubermann vereitelt!«, sagte er unter den wilden Freudenschreien der Schüler und Reporter. »Aber wir müssen wachsam bleiben. Denn wir können nicht wissen, wann das Böse erneut zuschlägt. Doch eines ist sicher. Wenn ihr so super werden wollt wie ich, dann vergesst nicht, jeden Morgen eure Fantastischen Feuer-Flakes zu essen. Mit acht wichtigen Vitaminen und allen Nährstoffen für den richtigen Start in den Tag!«
Und danach schwebte er empor und verschwand im wolkenlosen blauen Himmel.
3
Eltern mit Superkräften zu haben, kann das Leben manchmal ganz schön kompliziert machen.
Die Stimmung am Abendbrottisch war angespannt. Mom trug noch immer ihren Körperpanzer, aber wenigstens hatte sie die Maske über die Rückenlehne ihres Stuhls gelegt und die kniehohen Stiefel gegen weiße Hausschuhe getauscht. Dad schob seine Brille Richtung Stirn und starrte auf seinen Spargel und Lachs, als ob ihn der Teller gerade beleidigt hätte.
»Wieso kommt diese Knalltüte ständig angeflogen und macht unsere Pläne kaputt?«, fragte er. »Ich schaff es nicht mal, einen dämlichen Kontinent zu zerstören, ohne dass der uns dazwischenfunkt.«
»Und was soll das eigentlich mit diesen ganzen Hologramm-Waffen?«, meinte Mom. »Netz der Wahrheit! Schild des Ruhms!«
»Der Ehre«, korrigierte ich. »Es hieß Schild der –«
Mom starrte mich an, und ich beschloss, dass es vielleicht nicht der beste Zeitpunkt war, sich mit solchen Details aufzuhalten.
»Schon gut«, sagte ich.
Im Wohnzimmer lief der Fernseher, ein Wirrwarr von Stimmen und Geräuschen aus dem Hintergrund. Dad spießte mit seiner Gabel einen Haufen Spargelstangen auf, als wollte er
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