Joshua Schreck: Fischer. Nur für Jungs (German Edition)
mit einer Harpune einen Wal töten.
Als die Lokalnachrichten anfingen, wandten sich Mom und Dad zum Fernseher um. Ein Reporter stand in einer Straße, die mir sehr bekannt vorkam, und zeigte auf einen Schutthaufen, der mir ebenfalls sehr bekannt vorkam. In der Nähe stand ein halber Schulbus, den ich auch nicht zum ersten Mal sah. Es war das Schlachtfeld des Kampfs zwischen meinen Eltern und Captain Saubermann.
»Die Topnachricht des Tages«, verkündete der Reporter. »Schock in Sheepsdale, als zwei Superschurken durch eine Wetterveränderung versuchten, die Welt zu vernichten.«
Ich räusperte mich. »Wisst ihr, was mal wieder schön wäre? Ein Familienessen ohne Fernseher.«
Wenn meine Eltern ohnehin schon schlechte Laune hatten, würden die Nachrichten alles nur noch schlimmer machen. Doch es war zu spät. Sie rutschten bereits auf ihren Stühlen hin und her, um besser sehen zu können.
Der Reporter fuhr fort: »Ich stehe hier vor dem, was von Mr Chows Chinarestaurant im Zentrum von Sheepsdale noch übrig ist. Das Einzige, was hier heute auf der Karte stand, war Chaos, als das Schreck-Duo einen Bus voller Kinder in Angst und Schrecken versetzte. Augenzeugen zufolge riss die Botanikerin einen Schulbus in zwei Hälften, der mit Schülern der Sheepsdale Middle School besetzt war.«
»Das war ich nicht!«, schrie Mom den Bildschirm an. »Captain Saubermann hat den Bus kaputt gemacht! Ich meine, vielen Dank für die Ehre, aber –«
»Danach«, berichtete der Reporter weiter, »schleuderte sie das Dach des Schulbusses in ein nahe gelegenes Postamt.«
Mom schüttelte frustriert den Kopf.
»Zum Glück kam Captain Saubermann zur Hilfe«, sagte der Reporter. »Während er die zwei niederträchtigen Superschurken bekämpfte, rettete der wunderbare Captain Saubermann auch noch eigenhändig sämtliche Schulkinder und vereitelte den Plan, die Welt zu zerstören. Wenn es eines gibt, worüber an diesem Tag Einigkeit herrscht, dann sicher darüber, dass Captain Saubermann ein wahrer Superheld ist. Nach einer kurzen Unterbrechung geben wir rüber zu Troy, der uns mehr über das verrückte Wetter von heute erzählen wird.«
*
Nachdem es so aussah, als ob die Erde nun doch nicht zerstört würde, blieb mir nach dem Abendessen nichts anderes übrig, als noch ein paar Hausaufgaben zu machen.
Die meisten stellen sich immer vor, dass Superschurken in ausgehöhlten Vulkanen oder geheimen Verstecken in der Arktis leben. Doch unser Haus sah aus wie jedes andere. Wenn deine Familie eine geheime Identität hat, macht es wenig Sinn, Aufmerksamkeit auf euch zu ziehen, indem ihr tödliche Satelliten installiert oder eure Garage in einen Kerker verwandelt.
Aber wenn du genauer hinschauen würdest, könntest du die kleinen Dinge erkennen, die unser Haus von den anderen unterschieden. Zum Beispiel der extra hohe Zaun im Garten, damit niemand sehen konnte, woran meine Eltern gerade bastelten. Oder das Netz unsichtbarer Sensorstrahlen, das an sämtlichen Türen und Fenstern als Schutzbarriere diente. Oder die Vorhänge an den Kellerfenstern, die die Zombies verbargen, die meine Mom dort unter Verschluss hielt.
Ich ging an der geschlossenen Tür des Labors vorbei, hinter der sich meine Eltern die meisten ihrer niederträchtigen Pläne ausdachten, und blieb nur kurz stehen, um mich im Spiegel auf dem Flur zu betrachten. Mom und Dad hatten mir versichert, dass ich in diesen Tagen einen kräftigen Wachstumsschub erleben würde, doch bis jetzt war davon nichts zu spüren gewesen. Ich konnte mich immer noch nur mit Mühe am unteren Rand des Spiegels erkennen. Strubbelige Haare und eine Ansammlung von blassen Sommersprossen, die auf der Nase verteilt waren.
Die nächsten paar Stunden blieb ich in meinem Zimmer. Ich hatte genug Erfahrung mit solchen Situationen, um zu wissen, dass es besser war, meine Eltern zu meiden, bis sie ihre stinkige Laune überwanden. Am nächsten Tag würden sie die Enttäuschung vergessen haben.
Als ich noch mal die Treppe hinunterlief, um mir ein Glas Wasser zu holen, war es so still im Haus, dass ich dachte, die beiden wären schlafen gegangen. Doch dann hörte ich Geflüster aus dem Wohnzimmer.
»Findest du nicht, dass es Zeit ist, ihn einzuweihen?«, fragte Dad.
»Noch nicht«, antwortete Mom. »Lass uns noch etwas warten. Er ist doch noch so jung.«
»Aber er hat es verdient, die Wahrheit zu wissen.«
Mom seufzte. »Du hast Recht, Dominic. Ich mache mir bloß Sorgen um ihn, sonst nichts.«
Ich spähte
Weitere Kostenlose Bücher