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Joyland

Titel: Joyland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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mich zu einem Lächeln, prostete ihnen mit meiner Bierdose zu und trank.
    Da sie mir dabei halfen, das Sixpack zu vernichten, wachte ich am nächsten Morgen wenigstens nur mit einem gebrochenen Herzen und nicht auch noch mit einem Kater auf. Zum Glück. Als wir in Joyland eintrafen; erklärte mir Paps Allen nämlich, dass ich am Nachmittag dreimal das Fell tragen dürfe – um drei, um vier und um fünf, jeweils für eine Viertelstunde. Der Form halber meckerte ich ein wenig rum (das gehörte sich einfach so), aber in Wirklichkeit war ich froh darüber. Mir machte es Spaß, wenn die Kinder über mich herfielen, und wenn ich im Laufe der nächsten Wochen in Howies Rolle schlüpfte, hatte das stets auch etwas schmerzlich Komisches an sich. Kein Wunder, dass jemand wie Wendy einem den Laufpass gab, wenn man schwanzwedelnd mit einer Horde Kinder die Joyland Avenue entlangstapfte. Ihr neuer Freund ging aufs Dartmouth und spielte Lacrosse. Ihr Ex verbrachte den Sommer in einem drittklassigen Vergnügungspark. Und spielte einen Hund.
    *
    Ein Sommer in Joyland.
    Ich bediente das Riesenrad und die Geisterbahn. Morgens motzte ich die Buden auf – was bedeutete, dass ich die Gewinne auffüllte –, und nachmittags stand ich in einigen davon hinter der Theke. Ich entwirrte die Devil Wagons gleich dutzendweise, lernte, wie man Teig in siedendes Öl einließ, ohne sich dabei die Finger zu verbrennen, und bemühte mich, meinen Sprüchen am Carolina Spin etwas mehr Pep zu geben. Ich tanzte und sang zusammen mit den anderen Grünschnäbeln auf der Märchenbühne des Wiggle-Waggle Village. Fred Dean schickte mich des Öfteren los, um »den Rahm abzuschöpfen«, was ein ziemlicher Vertrauensbeweis war, weil es bedeutete, dass ich um zwölf beziehungsweise um fünf Uhr an den verschiedenen Imbissbuden die Einnahmen abholte. Ich besorgte in Heaven's Bay oder Wilmington Ersatzteile, wenn irgendeine Maschine den Geist aufgegeben hatte, und blieb an den Mittwochabenden länger – für gewöhnlich zusammen mit Tom, George Preston und Ronnie Houston –, um die Whirly Cups und eine besonders tückische Luftschaukel namens Zipper zu ölen. Beide Schätzchen soffen Öl, wie Kamele Wasser soffen, wenn sie die nächste Oase erreichten. Und ich trug selbstverständlich das Fell.
    Trotz alledem schlief ich beschissen. Manchmal lag ich auf dem Bett, hatte meinen alten Kopfhörer, der nur noch von Klebeband zusammengehalten wurde, übergestülpt und hörte meine Doors-Platten. (Eine besondere Vorliebe hatte ich für so fröhliche Stücke wie »Cars Hiss By My Window«, »Riders on the Storm« und – natürlich – »The End«.) Wenn Jim Morrisons Stimme und Ray Manzareks mystische Orgel nicht genügten, um mich zu betäuben, schlich ich mich die Außentreppe runter und ging den Strand entlang. Ein-, zweimal schlief ich sogar am Strand. Wenigstens träumte ich nicht schlecht, wenn es mir gelang, für eine kleine Weile wegzudämmern. Ich kann mich nicht erinnern, in jenem Sommer überhaupt geträumt zu haben.
    Morgens beim Rasieren waren die Ringe unter den Augen nicht zu übersehen, und nach besonders anstrengenden Auftritten als Howie (Geburtstagspartys im überhitzten Chaos vom Howdy House waren am schlimmsten) wurde mir manchmal schwindlig, aber das war normal; Mr. Easterbrook hatte mich ja vorgewarnt. Eine kleine Pause in der Abdeckerei reichte immer zur Erholung. Im Großen und Ganzen war ich der Meinung, ich würde alles gemanagt kriegen, wie es heutzutage heißt. Am ersten Montag im Juli, zwei Tage vor dem ruhmreichen Vierten, fand ich heraus, dass ich mich irrte.
    *
    An jenem Morgen fand sich mein Team – Team Beagle – wie immer pünktlich vor Paps Aliens Knallbude ein, wo er jedem seine Aufgaben zuteilte, während er seine Spielzeugknarren richtete. Für gewöhnlich bestanden unsere ersten Arbeiten darin, bis zum Frühportal – so nannten wir die Zeit, wenn Joyland seine Tore öffnete – Kisten mit den Gewinnen (auf die größtenteils Made in China gestempelt war) durch die Gegend zu schleppen und die Buden aufzumotzen. Dieses Mal erklärte mir Paps jedoch, Lane Hardy habe nach mir verlangt. Das war ungewöhnlich; Lane ließ sich meist erst zwanzig Minuten vor dem Frühportal in der Abdeckerei blicken. Ich wollte mich schon dorthin auf den Weg machen, aber Paps schrie mir nach.
    »Nee, nee, er ist am Idiotenschlepper.« Das war eine abwertende Bezeichnung für das Riesenrad, die Paps niemals verwendet hätte, wäre Lane in Hörweite

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