Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Joyland

Titel: Joyland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
(angekündigt und unangekündigt) einen Besuch an. Lane hatte mir jedoch erklärt, wer ein Fahrgeschäft betreibe und es nicht selbst überprüfe, sei faul und verantwortungslos. Allerdings fragte ich mich, wann Eddie Parks zum letzten Mal selbst mit einem seiner Waaagen gefahren war oder die Bügel überprüft hatte.
    Lane schaute nach unten, sah mich und rief: »Hat der alte Kotzbrocken dich überhaupt Mittagspause machen lassen?«
    »Ich hab durchgearbeitet«, rief ich zurück. »Hab die Zeit aus den Augen verloren.« Aber jetzt hatte ich wirklich Hunger.
    »In meiner Hundehütte ist noch Nudelsalat mit Thunfisch, wenn du willst. Ich hab gestern Abend viel zu viel davon gemacht.«
    Ich ging in die kleine Bretterbude mit der Schalttafel, entdeckte eine größere Tupperdose und machte sie auf. Als Lane wieder festen Boden unter den Füßen hatte, befand sich der Salat in meinem Bauch, und ich gönnte mir noch ein paar kandierte Feigen.
    »Vielen Dank, Lane. Hat wirklich toll geschmeckt.«
    »Yeah, ich würd 'ne gute Hausfrau abgeben. Gib mir mal ein paar von den Feigen, bevor du sie alle runterschlingst.«
    Ich reichte ihm die Schachtel. »Mit dem Riesenrad alles in Ordnung?«
    »Könnte nicht besser sein. Hast du Lust, mir nach deiner Verdauungspause mit dem Motor zu helfen?«
    »Klar.«
    Er nahm die Melone ab und ließ sie um den Zeigefinger kreisen. Die Haare hatte er zu einem kleinen Pferdeschwanz nach hinten gebunden, und mir fielen ein paar graue Strähnen darin auf. Zu Beginn des Sommers waren sie noch nicht da gewesen, dessen war ich mir sicher. »Hör mal, Jonesy, Eddie Parks mag ja ein Schausteller von altem Schrot und Korn sein, aber das ändert nichts an der Tatsache, dass er ein fieses Arschgesicht ist. Für ihn gibt es zwei Dinge, die gegen dich sprechen: Du bist jung, und du bist nach der achten Klasse auf der Schule geblieben. Wenn du es satthast, dich von ihm dumm anmachen zu lassen, dann sagst du's mir, und ich knöpf ihn mir vor.«
    »Vielen Dank, aber im Moment komm ich klar.«
    »Das weiß ich. Ich find's überhaupt beeindruckend, wie du dich schlägst. Aber Eddie ist ein Fall für sich.«
    »Er ist ein Tyrann.«
    »Ja, aber das hat auch Vorteile: Wie die meisten Tyrannen ist er unter der Oberfläche ein feiger Hund. Und er hat auch kein besonders dickes Fell. Es gibt 'ne Menge Leute im Park, vor denen er Schiss hat, und ich bin einer davon. Ich hab ihm schon früher eins aufs Maul gegeben, und wenn's sein muss, mach ich das wieder. Damit will ich nur sagen – wenn's dir irgendwann zu viel wird, dann kommst du zu mir.«
    »Kann ich Sie was über ihn fragen?«
    »Spuck's aus.«
    »Warum trägt er immer Handschuhe?«
    Lane lachte, pappte sich die Melone auf den Kopf und schob sie sich in den Nacken. »Er hat Schuppenflechte. Seine ganzen Hände sind davon bedeckt, das behauptet er jedenfalls – ich weiß nicht, wann ich sie das letzte Mal gesehen hab. Er sagt, dass er sich ohne Handschuhe blutig kratzen würde.«
    »Vielleicht ist er deshalb so übellaunig.«
    »Ich glaub, das ist eher andersrum – die schlechte Haut kommt von der schlechten Laune.« Er tippte sich an die Schläfe. »Der Kopf beherrscht den Körper – glaube ich jedenfalls. Los, komm, Jonesy, die Arbeit wartet.«
    *
    Wir richteten alles, damit das Spin sich in seinen langen Winterschlaf begeben konnte, und kümmerten uns dann um die Bewässerungsanlage. Als wir die Rohrleitungen mit Druckluft ausgeblasen und die Ablaufrinnen mehrere Liter Frostschutzmittel verschluckt hatten, näherte sich die Sonne den Baumwipfeln im Westen des Parks, und die Schatten wurden länger.
    »Für heute ist's genug«, sagte Lane. »Mehr als genug. Bring mir deine Karte, ich zeichne sie ab.«
    Ich tippte auf meine Armbanduhr, um ihn darauf hinzuweisen, dass es erst Viertel nach fünf war.
    Er schüttelte den Kopf und lächelte. »Kein Problem, ich schreib dir sechs Uhr auf die Karte. Bürschchen, du hast heute so viel geschuftet wie andere Leute in zwölf Stunden. Locker.«
    »Okay«, sagte ich. »Aber nennen Sie mich bitte nicht Bürschchen. Das tut er immer.« Ich wies mit einer Kopfbewegung in Richtung Geisterbahn.
    »Ich werd's mir merken. Jetzt hol deine Karte, und schwirr ab.«
    *
    Die Meeresbrise hatte seit dem Nachmittag etwas nachgelassen, aber als ich zum Strand runterging, war es immer noch warm und windig. Wenn ich in den Ort zurückspazierte, schaute ich meistens zu, wie mein langer Schatten auf den Wellen tanzte, aber an dem Abend war

Weitere Kostenlose Bücher