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Joyland

Titel: Joyland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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man machen, hieß das wohl. Er war blass und so gebückt wie ein alter Mann, aber ich fand, dass das Achselzucken und sein Blick auf einen lebhaften Humor schließen ließen. Ich hob ebenfalls die Schultern und setzte meinen Weg fort.
    Am nächsten Morgen achtete ich darauf, dass ich mein Croissant aufgegessen hatte, bevor ich mich dem großen grünen Gebäude näherte, um ja nicht Milo in Versuchung zu bringen, aber ich winkte trotzdem. Der Junge – Mike – winkte zurück. Die Frau saß an ihrem gewohnten Platz unter dem Sonnenschirm. Heute hatte sie kein Buch in der Hand, aber wie üblich winkte sie nicht. Ihr hübsches Gesicht wirkte verschlossen. Sie haben hier nichts verloren, sagte es. Gehen Sie doch in Ihren billigen Vergnügungspark, und lassen Sie uns in Frieden.
    Also tat ich das auch. Aber ich winkte weiterhin, und der Junge winkte zurück. Morgens und abends winkte der Junge zurück.
    *
    An dem Montag, nachdem Gary »Paps« Allen sich auf den Weg nach Florida gemacht hatte – er hatte einen Job als Schießbudenbetreiber bei Alston's All-Star Carnival in Jacksonville –, traf ich in Joyland ein, und wer saß da auf einer Apfelkiste vor dem Horror House? Eddie Parks, der alte Hase, den ich am wenigsten leiden konnte. Rauchen war im Park streng verboten, aber nachdem Mr. Easterbrook fort und Fred Dean nirgends zu sehen war, schien Eddie sich so sicher zu fühlen, dass er sich über diese Regel hinwegsetzte. Er hatte nicht einmal die Handschuhe ausgezogen, was mir komisch vorgekommen wäre, wenn er sie denn überhaupt jemals ausgezogen hätte, aber das tat er nie.
    »Da bist du ja, Bürschchen … fünf Minuten zu spät.« Alle anderen riefen mich entweder Dev oder Jonesy, aber für Eddie war ich einfach nur Bürschchen, und das würde sich auch nie ändern.
    »Auf meiner Uhr ist es genau halb acht«, sagte ich und tippte auf mein Handgelenk.
    »Dann geht sie nach. Warum fährst du eigentlich nicht mit dem Wagen her wie alle anderen auch? Dauert nur fünf Minuten.«
    »Mir gefällt es am Strand.«
    »Mich interessiert's einen Scheißdreck, was dir gefällt, Bürschchen, solange du nur pünktlich bist. Wir sind hier nicht in einem deiner Seminare, wo du kommen und gehen kannst, wie's dir passt. Hier wird gearbeitet, und nachdem der Ober-Beagle jetzt weg ist, werd ich dir zeigen, was das heißt.«
    Ich hätte ihn darauf hinweisen können, dass Paps mir gesagt hatte, Lane Hardy werde für meinen Zeitplan verantwortlich sein, wenn er fort sei, aber ich hielt den Mund. Es brachte nichts, in einer unangenehmen Situation für noch mehr böses Blut zu sorgen. Warum Eddie mich nicht leiden konnte? Das war offensichtlich. Eddie war ein äußerst fairer Mensch – er konnte niemand leiden. Falls Eddie mir zu sehr zusetzte, würde ich zu Lane gehen, aber nur als letzten Ausweg. Mein Vater hatte mir – in erster Linie durch sein Vorbild – beigebracht, dass jemand, der sein Leben selbst in die Hand nehmen wollte, auch seine Probleme selbst lösen musste.
    »Was steht an, Mr. Parks?«
    »Eine ganze Menge. Ich will, dass du einen Kübel Turtle-Wax- Politur aus dem Vorratsschuppen holst, und zwar ohne dort ewig rumzuhängen und mit deinen Kumpels zu quatschen. Und dann gehst du in die Geisterbahn und wachst alle Gondeln.« Wobei er es natürlich Gohneln aussprach. »Du weißt doch, dass wir sie jedes Mal wachsen, wenn die Saison rum ist, oder?«
    »Nein, das wusste ich nicht.«
    »Heiliger Strohsack, ihr Jungvolk.« Er trat seine Zigarette aus und hob dann die Apfelkiste, auf der er saß, ein kleines Stück hoch und warf die Kippe darunter. Aus den Augen, aus dem Sinn. »Und gib dir ordentlich Mühe, Bürschchen, sonst darfst du gleich noch mal von vorn anfangen. Kapiert?«
    »Kapiert.«
    »Na, dann ist ja gut.« Er steckte sich die nächste Zigarette in den Mund und kramte in den Hosentaschen nach seinem Feuerzeug. Mit den Handschuhen dauerte das eine Weile. Schließlich bekam er es zu fassen, ließ es aufschnappen – und hielt inne. »Was gibt's da zu glotzen?«
    »Nichts«, sagte ich.
    »Dann mach hin. Und schalt die Hauptbeleuchtung an, damit du verdammt noch mal siehst, was du da tust. Du weißt, wo die Schalter sind, oder?«
    Ich wusste es nicht, aber ich würde sie auch ohne seine Hilfe finden. »Klar.«
    Er musterte mich gereizt. »Klugscheißer«, brummte er schließlich. Kluchscheißa.
    *
    Den Blechkasten mit der Aufschrift BLTNG fand ich schließlich an der Wand zwischen dem Wachsfigurenkabinett und dem

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