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Joyland

Titel: Joyland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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als zuvor meine Hand, doch als sie ihn lachen hörte, entspannte sie sich wieder.
    »Himmel, schau dir seine Haare an!«, sagte sie. »Wie sie hinter ihm in der Luft flattern!« Sie lächelte. Außerdem weinte sie, aber das schien sie nicht zu bemerken. Ebenso wenig, dass sie mich geduzt hatte. Oder dass ich ihr den Arm um die Taille gelegt hatte.
    Fred stand an der Steuerung, und er war so klug, die Gondeln nur mit halber Geschwindigkeit fahren zu lassen, denn sonst wäre Mike parallel zum Boden dahingerast, nur von der Fliehkraft gehalten. Als der Junge wieder festen Grund unter den Füßen hatte, war ihm so schwindelig, dass er nicht gehen konnte. Annie und ich nahmen jeder einen Arm und führten ihn zu seinem Rollstuhl. Fred trug Mikes Krücken.
    »O Mann.« Mehr brachte Mike nicht mehr zustande. »O Mann, o Mann.«
    Als Nächstes waren die Dizzy Speedboats – die trotz ihres Namens über Land fuhren – an der Reihe. Mike saß zusammen mit Milo in einem der Boote und glitt über das aufgemalte Wasser, beide sichtlich begeistert. Annie und ich nahmen ein anderes. Obwohl ich inzwischen über vier Monate in Joyland gearbeitet hatte, war ich noch nie mit diesen Gleitern gefahren, und als wir zum ersten Mal mit dem Bug voraus auf Mikes und Milos Boot zurasten, stieß ich einen Schrei aus – natürlich wichen wir im letzten Moment aus.
    »Angsthase!«, brüllte mir Annie ins Ohr.
    Als wir ausstiegen, atmete Mike schwer, aber er hustete immer noch nicht. Wir schoben ihn den Hound Dog Way hinauf und gönnten uns jeder eine Limo. Die Jungs an der Bude weigerten sich, den Fünfdollarschein anzunehmen, den Annie ihnen hinhielt. »Heute geht alles auf Kosten des Hauses, Ma'am.«
    »Kann ich einen Hotdog haben, Mama? Und Zuckerwatte?«
    Sie runzelte die Stirn, seufzte und zuckte dann mit den Achseln. »Okay. Solange wir uns einig sind, dass heute ein Ausnahmetag ist. Ab morgen ist das alles wieder tabu. Und keine schnellen Flitzer mehr, ja?«
    Mike rollte voraus zu der Pup-A-Licious- Bude, und Milo trottete hinter ihm her. Annie drehte sich zu mir um.
    »Es geht dabei nicht um seine Ernährungsweise, falls du das denkst«, sagte sie. »Aber wenn ihm übel wird, übergibt er sich vielleicht. Und das ist für Kinder in seinem Zustand gefährlich. Dann…«
    Ich küsste sie, wobei ich nur ganz sanft ihre Lippen berührte. Es schmeckte, als würde ich etwas unglaublich Süßes kosten. »Lass gut sein«, sagte ich. »Sieht er denn aus, als wäre ihm übel?«
    Ihre Augen wurden riesengroß. Im ersten Moment war ich mir sicher, dass sie mir eine Ohrfeige verpassen und mich dann einfach stehen lassen würde. Dann wäre der Tag ruiniert gewesen, und es wäre ganz allein meine Schuld gewesen. Aber sie lächelte und sah mich auf eine Art und Weise forschend an, bei der mir ganz schummrig wurde. »Das kannst du bestimmt noch besser, wenn sich dir die Gelegenheit dazu bietet.«
    Bevor mir eine Antwort einfiel, eilte sie ihrem Sohn nach. Wäre sie stehen geblieben, hätte das auch keine Rolle gespielt, so perplex, wie ich war.
    *
    Annie, Mike und Milo drängten sich alle zusammen in eine Gondel der Seilbahn, die den ganzen Park in einer Diagonalen überquerte. Fred Dean und ich fuhren in einem der Elektrowägelchen unter ihnen her, mit Mikes Rollstuhl hintendrauf.
    »Der Kleine ist wirklich in Ordnung«, sagte Fred.
    »Das ist er, aber ich hätte nie erwartet, dass Sie ihm eine solche Show bieten würden.«
    »Das ist genauso für Sie wie für ihn. Dev, Sie haben mehr für den Park getan, als Ihnen bewusst ist. Als ich Mr. Easterbrook gesagt habe, dass ich eine ordentliche Nummer abziehen möchte, hat er mir grünes Licht gegeben.«
    »Sie haben ihn angerufen?«
    »Klar hab ich das.«
    »Diese Sache mit den Rosen … wie haben Sie das gemacht?«
    Fred streckte die Arme aus und zupfte an seinen Manschetten, sichtlich um eine bescheidene Miene bemüht. »Ein Magier verrät nie seine Tricks. Wussten Sie das nicht?«
    »Als Sie bei den Blitz Brothers waren – haben Sie da Kaninchen aus dem Hut gezaubert und Kartentricks vorgeführt?«
    »Nein, mein Herr, das habe ich nicht. Bei den Blitzies hab ich nur die Fahrgeschäfte bedient und den Marktschreier gespielt. Und obwohl ich keinen gültigen Führerschein hatte, hab ich auch hin und wieder einen Laster gefahren, wenn wir uns mitten in der Nacht überstürzt vom Acker machen mussten.«
    »Wo haben Sie dann das Zaubern gelernt?«
    Fred griff mir hinters Ohr, zog einen Silberdollar hervor und

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