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Jud Sueß

Jud Sueß

Titel: Jud Sueß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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auf diese Affäre gekommen war, fiel Rede und Antwort in längerem Abstand, gewogener, und unter der lässigen Maske barg sich Bereitschaft. Wie die Dinge jetzt lägen, meinte Weißensee, vorsichtig, ausholend, sei essehr erwägenswert, dem verdienten Prinzen die kleine Summe zu gewähren.
    Das würde den Bischof menschlich gewiß sehr freuen, antwortete langsam der Geheimrat Fichtel, und man konnte seinem klugen, kleinen Gesicht ablesen, wie er vorsichtig die Worte formte, daß sie nichts sagen, doch alles bedeuten sollten. Der Bischof sei ja dem Prinzen sehr befreundet. Aber der bischöfliche Stuhl als solcher habe gar kein, sein verehrter Freund möge ihn wohl verstehen, aber auch gar kein Interesse daran, ob die Landschaft dem Prinzen helfe oder nicht. Die bischöflichen Kassen seien wohlgefüllt; wenn Seine Eminenz den württembergischen Herren den Vorrang gelassen habe, dem Prinzen aus der Not zu helfen, so sei das eine höfliche Geste, sonst nichts. Der Geheimrat verstummte, schlürfte seinen Kaffee.
    Weißensee betrachtete ihn aufmerksam, sagte sacht: »Wenn ich Sie recht verstehe, Lieber, liegt dem Bischof wirklich nichts daran, ob wir das Geld geben oder nicht.«
    Die Herren sahen sich an, behutsam, freundlich. Dann sagte der Katholik: »Wenn ich im Ausschuß säße, ich würde dagegen stimmen. Gerade jetzt, nach dem Zusammenbruch der Grävenitz, keine Konzession an das fürstliche Haus.«
    Und die beiden Diplomaten lächelten sich zu, höflich, verständnisvoll, einander sehr gewogen, mit dünnen, feinen Lippen.
    Als das Gesuch des Prinzen im landschaftlichen Ausschuß zur Sprache kam, war man geneigt, es zu bewilligen. Nach dem Sturz der Gräfin waren die Elf gemütlichen Humors, gebelustig. Das Referat hatte der plumpe, polternde Bürgermeister von Brackenheim, Johann Friedrich Jäger. Er führte aus, der Prinz Karl Alexander sei ein großer Herr und Feldmarschall, trage die württembergische Gloire über den Erdkreis und verbreite den Respekt vor schwäbischer Courage und Maulschellen bei Mohren, Türken und sonstigen Heiden; auch habe der Herzog das Saumensch, das pockennarbige, abgeschafft. So könne man sich nobel zeigen und diepaar tausend Gulden spendieren. So ungefähr ging auch die Stimmung der andern. Da erhob sich Weißensee, und mit seiner feinen, höflichen, geschmeidigen Stimme warf er wie beiläufig hin, die Großmut und noble Manier der wohllöblichen Herren Kollegen sei hoch zu schätzen, auch gönne er dem verdienten Helden das Geld. Nur sei die Frage, ob es praktisch sei, gerade jetzt den Herzoglichen entgegenzukommen. Der Herzog habe endlich mit der Gräfin Schluß gemacht, gut. Aber das sei ja schließlich nur seine vermaledeite Pflicht und Schuldigkeit gewesen, und wenn man jetzt durch besonderes Entgegenkommen danke, so stemple man dadurch die Selbstverständlichkeit gewissermaßen zur Gnade und sanktioniere auf solche Art hinterher die Halsstarrigkeit, die der Herzog die dreißig Jahre hindurch bewiesen. Er stimme also dafür, das Gesuch Karl Alexanders abzulehnen, ohne daß dies eine Gehässigkeit gegen den sympathischen Prinzen bedeuten solle.
    Die Mitglieder des Ausschusses wiegten die schwerfälligen Schädel, schwankten, waren schon überzeugt. Weißensee hatte sie gepackt, wo sie am schwächsten waren. Ja, das war es! Dem Herzog zeigen: keinen Schritt geben wir nach. Unsere Privilegien sind nicht auf dem Papier, wir brauchen sie. Das war etwas.
    Das Gesuch des Prinzen Karl Alexander, Kaiserlichen Feldmarschalls, Hoheit, wurde abgelehnt.
    Rabbi Gabriel hielt sich in Wildbad still, zurückgezogen. Gegen Abend pflegte er in der Umgegend spazierenzugehen. Regenwetter hatte eingesetzt. Er ging durch die feuchte, laue Luft, den Schritt schwerfällig, den Rücken leicht rund, den Kopf geradeaus, den Blick auf niemand. Er ging, so unauffällig er war, zwischen Verstummenden, Aufschauenden, Betroffenen. Geraun stand auf hinter ihm, das Gerede vom Ewigen Juden war wieder da. Dreimal durchforschten die Behörden die Papiere des gleichmütig mürrischen Herrn. Sie waren in Ordnung. Er war legalisiert von den Generalstaatenals Mynheer Gabriel Oppenheimer van Straaten, er hatte den großen Paß, der alle Behörden ersuchte, ihm jeden Vorschub zu tun.
    Der Prinz Karl Alexander hatte natürlich auch von dem seltsamen Badegast gehört und daß er mit seinem Leibjuden, dem Süß, zusammenstecke. Es kam den Prinzen nachgerade eine leise Ungeduld an, wie er da so endlos auf das Geld von der

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