Judassohn
ausmache, wird es gehen.
»Marquis Dominic …« Er stockte kurz. »De Marat. Dominic de Marat, Madame. Zu Euren Diensten.« Wieder verbeugte er sich tief.
»Ihr seid aber nicht zufällig verwandt mit diesem furchtbaren Marat, der diese Zeitung herausgibt?« Der Ausdruck ihrer blauen Augen wurde abweisend.
Dominic verfluchte den Umstand, dass er viel las.
Deswegen
war er auf seinen erfundenen Nachnamen gekommen. Aber er entnahm ihrer Frage, dass sie die Vorgänge rund um den Aufstand des Volkes hasste. Somit wusste er, wie er sich sympathisch machen konnte.
»Nein, Madame. Au contraire! Wegen dieses Mannes habe ich ständig die schlimmsten Händel. Bei Gott, ich wünsche ihn zum Teufel! Ihn und all diejenigen, welche den König zu entmachten suchen.« Er strahlte sie gewinnend an. »Man kann sich seinen Namen leider nicht aussuchen. Und Ihr seid?«
Sie entspannte sich. »Ich bin Marie de Flesselles.«
Dominic wusste sofort, wer sie war: die Witwe des Mannes, der versucht hatte, Kommandant de Launay vor dem Tod zu retten, und dabei sein eigenes Leben verloren hatte.
Ausgezeichnet! Damit kann ich alle Register ziehen.
Er kniete sich vor ihr nieder, immer noch ihre Hand haltend.»Madame, Euer Mann ist für mich ein Held, ein Märtyrer unseres Standes! Was er versucht hat, war tausendmal wertvoller als der Tod eines Soldaten auf dem Schlachtfeld.«
Sie nickte und bat ihn aufzustehen. »Marquis, Ihr sprecht mir aus der Seele. Sagt, was führt einen Adligen zu diesen Zeiten nach Paris, wo doch alles von Rang und Namen flüchtet?«
»Im Vertrauen: Ich weiß, wo mein Platz ist, und möchte bereit sein, um dem König beizustehen, sofern er meine Hilfe benötigt«, sagte er mit Pathos in der Stimme. Er nahm den Blick nicht von ihr und versuchte, ihr Denken zu beeinflussen; gelegentlich gelang ihm das Kunststück bei Menschen, ohne dass er genau wusste, wie.
Nicht zu dick auftragen, sonst riecht sie den Braten.
»Bravo! Bravo, mein junger, tapferer Marquis!« Sie hielt ihren Arm auffordernd hin, und er hakte sich ein. »Kommt und seid mein Gast.«
»Das ist zu freundlich von Euch.« Innerlich jubelte er. Er würde forscher vorgehen. Madame Flesselles schien ein leichtes Opfer zu sein.
Mal sehen, was sie mir an Vergünstigungen heute schon bewilligt. Ich muss es nur vorbereiten.
»Meine Herberge ist mehr als bescheiden zu nennen. Wer vom Wirt und von den anderen Gästen nicht bespuckt wird, sobald sich herumspricht, dass man adlig ist, kann von Glück reden.«
»
So
ergeht es Euch?« De Flesselles sah ihn entrüstet an. »Wisst Ihr was, Marquis? Ihr bleibt bei mir.« Als er zum Schein versuchte, ihr Angebot abzulehnen, hob sie Hand. »Ah, ah, ah! Nein. Ich lasse nicht zu, dass Ihr mir diese Geste der Freundschaft und der Zusammengehörigkeit verweigern wollt.«
Sie schritten zusammen die Treppe hinauf, wo ein Diener bereits wartete; zwei weitere Livrierte eilten an ihnen vorbei und sammelten die Päckchen von der Sänfte.
So gut ist es bislang noch niemals gelaufen.
Dominic betrat die Stadtvilla und musste so breit grinsen, dass er Angst hatte, man sähe ihm seine Gedanken an: Prunk, Lüster und Leuchter, Gemälde und Bilder, wertvolle Teppiche und Läufer. An einer Wand hing eine stattliche Sammlung von venezianischen Masken, auf denen Edelsteine funkelten.
Das ist das Paradies! Wir müssen mindestens zweimal rein, um alles mitnehmen zu können!
Es roch nach aromatisiertem Puder und Lavendelöl; von irgendwo aus dem Haus erklangen ein Cello und ein Cembalo.
De Flesselles gab einem Bediensteten einen Wink, und er eilte die Treppe hinauf. Sie führte Dominic nach rechts durch eine große Tür in einen dunkel getäftelten Raum, in dem es intensiv nach kaltem Tabakrauch roch. In der hinteren Ecke stand ein Billardtisch, in einem verschlossenen Glasschrank reihten sich die Flaschen von exquisiten Brandys, Cognacs und Whiskeys aneinander, darunter kamen die Liköre.
Die große Wanduhr schlug zuerst vier-, dann neunmal.
»Ich würde sagen, es ist Zeit für einen guten Tropfen«, sagte De Flesselles und zog einen Schlüssel aus ihrer Tasche. Sie reichte ihn einem der Diener, der daraufhin zum Schrank ging und ihn öffnete.
»Was darf es für Euch sein, Marquis?«
Sie will mich abfüllen. Sie kommt schnell zur Sache.
»Ich nehme das, was Ihr trinkt, Madame«, antwortete er, um sich keine Blöße zu geben.
»Ah, Ihr mögt Likör?«, sagte sie erstaunt. »Wie ungewöhnlich für einen Mann.«
Dominic lächelte.
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