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Judassohn

Titel: Judassohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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noch obenauf gepackt bekommen. Außerdem habt ihr de Launay bereits bezichtigt. Er wird seiner gerechten Strafe nicht entkommen. Ich sehe seinen Kopf schon auf dem Spieß durch Paris getragen werden.« De Sade verschwand im Gang.
    Was für ein Mensch! Ich hätte mir seinen Tod nicht verziehen.
    Dominic brach Charlene das Rückgrat sowie das Genick, um zu verhindern, dass sie als Vampyrin zurückkehrte. Danach zog er sie an, so gut es das zerrissene Kleid erlaubte.
    Suchen wir eine Ruhestätte, meine Schöne.
    Er trug sie den Weg zurück, durch die unterirdischen Kerker, die brennende Bastille hinaus über die Zugbrücke und weiter, bis er Paris verlassen hatte. Niemand hielt ihn auf oder stellte Fragen. Menschen, die ihnen begegneten, wichen stumm vor ihm zurück.
    Dominic hatte kein Ziel. Wenn er den Ort für Charlene gefunden hatte, würde er ihn erkennen.
    Am nebligen Ufer eines kleinen Weihers, den er abseits derStraße durch die Bäume entdeckte, legte er sie nieder. Aus einem einsamen Ruderboot nahm er einen Riemen und nutzte ihn als Schaufel, mit dem er ihr Grab aushob. Kurz vor Morgengrauen bettete er sie ins Loch.
    Meine Seele ist verloren. Ich hoffe, deine ist es nicht.
    Dominic wollte Erde auf sie schippen. Er zögerte und betrachtete ihr Gesicht …
    Ein Gefühlssturm brach über ihn herein, den er weder aufzuhalten noch zu erklären vermochte. Schuld zwang ihn auf die Knie, Trauer brachte seine Augen zum Brennen, doch die erlösenden Tränen fielen nicht. Es erschien ihm, als wäre es fremdes Empfinden und nicht seins, das ihn packte und erschütterte. Keuchend klammerte er sich an den Holzstiel und musste sich abstützen. Es dauerte lange, bis er sich gefangen hatte.
    Was war das?
    Er sah auf Charlene.
    Kam es von dir? War das deine Rache?
    Schnell füllte er die Grube, arbeitete rasend. Ihr Gesicht verschwand unter dem feuchten Sand. Erst dann stellte sich bei Dominic Erleichterung ein. Er zerbrach sein Werkzeug, legte die Stücke als Kreuz auf die frische Erde und eilte zurück.
    Die aufgehende Sonne gewährte ihm keine gemütliche Rückkehr nach Paris. Er musste sich sputen und rannte überschnell zur Stadt zurück.
    Doch die Tote ließ seine Gedanken nicht los, obwohl er sich mit dem drohenden Taggestirn im Nacken ernsthafte Sorgen um sein Wohlergehen machen müsste.
    Warum mir ihr Anblick derart viel ausgemacht hat?
    Dominic konnte es nicht erklären. Viele Menschen waren durch ihn gestorben, aber nur bei ihr war er zusammengebrochen, als hätte er eine geliebte Person verloren. Als er durchs Stadttor hetzte, schwor er ihr, ihr Grab regelmäßig zu besuchen. Niemand sonst kam dafür in Frage.
    Er stürmte bald darauf ins
Moulinette
, wo ihn ein stocksaurer Frèderic erwartete. »Wo warst du? Die Männer sind unverrichteter Dinge ins Lager zurückgekehrt! Und wie siehst du überhaupt aus?«
    »Ich …« Er sah an sich herab, voller Dreck und Blut. »Ich bin in einen Straßenkampf geraten und … habe es vergessen«, sagte Dominic und schloss zuerst die Läden, danach die Vorhänge. Er legte sich in sein Bett.
    »Wie kann man vergessen, dass …«
    »Morgen, mein Freund. Ich verspreche dir fette Beute.«
    Die Sonne erhob sich über Paris, wo letzte Rauchschwaden aus der Bastille gegen den Himmel zogen, und Dominic schlief ein. Charlene de Launay trug er im Herzen. Und auf der Zunge.
August 1789,
Frankreich, Paris
    Frèderic kam in das Kabuff gestürmt. »Du hattest recht!« Er stellte den Korb mit den Besorgungen auf den Tisch und damit auf die Flugblätter: Rotwein, Rotwein und Rotwein.
    »Ich habe sehr oft recht. Gerade wenn ich mit dir streite«, gab Dominic grinsend zurück und schaute von seiner Lektüre auf. Mit dem Fuß stieß er sich vom Boden ab, so dass der Stuhl, auf dem er saß, nach hinten gegen die Wand kippte. »Was genau meinst du?«
    »Heute Morgen habe ich gehört, dass eine Hysterie unter den Bauern auf dem Land ausgebrochen ist. Sie nennen es
la grande peur
. Steht das auch in deinen ganzen … Wischs?«
    »Ja. Frankreich brennt.« Er schob die Blätter zusammen, in denen die Erstürmung der Bastille als Fanal für den Kampf um die Freiheit gefeiert wurde. Man habe einen Sieg über die Unterdrückung errungen.
    Lächerlich!
    »Ich kann dir sagen, was es ist: die Angst vor den Machenschaften der Adligen, die verhindern könnten, dass die Nationalversammlung Vorteile für das Volk erringt«, sagte er zu Frèderic und zog das Papier unter dem Korb heraus.
    »Das bringt sie dazu,

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