Judassohn
haben diesen Bastard als Eleven anerkannt!« Begeisterung hatte ihn ergriffen, die ihn nicht still sitzen ließ. Octavius stand auf und lief vor den Bildern auf und ab. »Es geht voran.«
Man könnte meinen, dass er Marats Mentor ist. So aufgekratzt habe ich ihn noch nie erlebt.
Sandrine gefiel das Verhalten des Murony nicht. Auf sie machte es den Eindruck, als verfolge er einen Plan: Die sofor tige Bereitschaft des Vampirs, sie bei sich aufzunehmen, die Geheimniskrämerei um seine Fertigkeiten und seine Geschäfte, und wie er es immer wieder schaffte, sie mit einer Ausrede von der Baronin fernzuhalten. Sandrine hätte sich zu gern mit der Adligen unterhalten. Anjanka hatte ihre Beobachtungen und Bedenkennicht geteilt, aber Sandrine war sich bei Octavius’ Anblick sicher, dass es um mehr ging als Bespitzelung und alte Feindschaften.
Wir sind kleine Rädchen, die zwar im Moment wichtig sind, auf die er aber notfalls verzichten kann. Ich werde ihn daran erinnern, was er mir bislang schuldig geblieben ist.
»Es freut mich«, sagte Sandrine freundlich, »dass wir dir helfen können und unsere Berichte derlei Überschwang bei dir auslösen. Aber wo bleibt mein Gegenwert? Ich habe noch nichts von dir lernen können, weil wir unentwegt für dich spionieren müssen.«
Octavius blieb vor einem Gemälde stehen, auf dem sein Palast in intaktem Zustand abgebildet war, und steckte die Hände in die Taschen. »Du hast recht. Ihr zwei leistet unschätzbar wertvolle Dienste, und ich erscheine dir im Gegenzug undankbar«, gestand er frei. »Ich erbitte deine Geduld, Sandrine. Ich werde euch mit Schätzen überhäufen, um euch zu entlohnen, doch bleibt an ihnen dran! Bald ist Zeit genug, sich dem Studieren und den Hexenkünsten zu widmen.« In seinem stechenden Blick loderte der Triumph.
Sandrine öffnete den Mund zu leisem Widerstand, da spürte sie Anjankas Hand auf ihrem Unterarm, und sie schwieg.
»Jetzt geht.« Octavius trat zur Tür und riss sie auf. »Das muss ich mit der Baronin besprechen. In eurer Kammer warten zwei Geschenke. Frisch und saftig. Saugt sie leer oder behaltet sie, wie es euch beliebt. Ihre Sehnen sind durchschnitten, sie können nicht flüchten.«
Sandrine sah ihm nach, dann schaute sie Anjanka an und versuchte, ihre Gedanken zu ergründen. »Hast du den gleichen Durst wie ich?«
Die Tenjac nickte. »Gehen wir und nehmen wir seine Geschenke an.«
Sie eilten aus dem Bildersalon und in ihren Teil des Palastes.
»Du wirst dich fragen, warum ich ihm den Aufenthaltsort der Bande verschwiegen habe«, sagte Anjanka von sich aus, als sie einen Korridor zwischen sich und Octavius gebracht hatten und kein Diener zu sehen war.
»Das tue ich. Und ich bin sicher, dass du einen Grund hast.«
Die Tenjac schüttelte den Kopf. »Nein, den habe ich nicht. Vertraue mir, wenn ich dich darum bitte, den Ort vorerst nicht zu verraten.« Anjanka nahm ihre Hand.
Als Antwort drückte Sandrine sie sachte. »Mein Vertrauen in dich ist unerschütterlich. Nun lass uns trinken.«
Sie betraten ihren Trakt und eilten ins Schlafzimmer, wo zwei junge nackte Frauen gefesselt auf dem Bett lagen. Die Augen waren geschlossen, an der Stirn waren leichte Beulen zu erkennen. Verbände an den Beinen verdeckten die Stellen, an denen ihnen die Sehnen durchtrennt worden waren. Der saubere Geruch nach Seife verriet, dass sie gebadet worden waren.
»Ja, Octavius meint es gut mit uns, solange wir ihm dienlich sind«, murmelte Sandrine und ließ Anjankas Hand los, um das Bett zu umrunden. »Welche möchtest du, mein Herz?« Sie streifte Schuhe und ihr eigenes Kleid ab und ließ es auf den Boden gleiten. Sie liebte es, die warme Haut ihrer Opfer an der eigenen zu spüren.
»Die Brünette. Du darfst die Blonde haben«, gab ihre Geliebte zurück, die sich ebenfalls entblößte.
Im Anschluss an das Mahl werden wir uns lieben.
Sandrines Zehen stießen gegen etwas Leichtes, das schabend unter dem Bett verschwand. Sie bückte sich – und hielt eine Maske in der Hand.
Ich kann mich nicht erinnern, sie schon einmal gesehen zu haben.
Von der hellen, mit dunklen Strichen verzierten Halblarve ging Boshaftigkeit aus. Die langen, spitz zulaufenden Eckzähneerinnerten Sandrine an ihre eigenen Fänge; an dem rechten haftete getrocknetes Blut, als habe die Maske selbst getrunken. »Deine?«, sagte sie zu Anjanka, die bereits über ihrem bewusstlosen Opfer kniete und an dessen Hals roch.
Die Tenjac blickte auf. »Oh, du hast sie?«, sagte sie nach einem
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