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Judassohn

Titel: Judassohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Atemzug. »Ich dachte, ich hätte sie weggeräumt.«
    »Woher hast du sie?« Sandrine strich über die dämonisch anmutenden Züge der Maske, während ihr Nacken kribbelte. Das Licht brach sich auf den hellen Flächen und wurde von den schwarzen Linien und angeschwärzten Stellen verschlungen. Sandrine fühlte sich mit einem Mal abgestoßen.
    Wie unheimlich sie ist …
    »Ich habe sie unterwegs gefunden, als wir aus Paris fortgegangen sind. Sie soll mich an die Zeit in Frankreich erinnern.« Anjanka beugte sich gierig zu der Frau hinab. »Leg sie auf den Nachttisch. Ich packe sie später weg.«
    Sandrine wollte nicht wissen, wo die Maske vorher aufbewahrt worden war. Sie ließ sie fallen und schob sie mit dem Fuß unter das Bett. Sandrine wollte nicht, dass dieses abscheuliche Ding ihnen beim Liebesspiel zusah. »Wir sollten die Mädchen wecken«, sagte sie und begab sich aufs Bett, streichelte Anjankas Rücken und freute sich an ihrem Anblick. »Dann macht es mehr Spaß.«
November 1790,
nahe Požarevac (serbisches Gebiet)
    Als Marek davon gesprochen hatte, die Räuberbande sei aufgelöst, hatte es Dominic niemals in Erwägung gezogen, dass sein Oheim es auch so gemeint haben könnte.
    Wortwörtlich.
    Der stechende Gestank, der aus der Höhle drang, ließ ihn ahnen,was geschehen war. Ein rötlich braunes, dampfendes Rinnsal mit kleinen, schwammigen Stückchen darin floss heraus. Der Fels hatte sich am Eingang schneeweiß verfärbt, und vor dem Loch lagen dünne, gebogene Glassplitter.
    Dominic war auf dem Weg zur Baronin gewesen, um ihr das italienische Buch mit den Dämonenmalen zu zeigen und zu hören, was sie zu seiner Entdeckung sagen würde. Nach Mareks Verlautbarung vor Beginn der Cognatio hatte er jedoch lieber als Erstes einen Abstecher zum Unterschlupf gemacht.
    Er hat sie mit Säure angegriffen!
    Dominic zögerte. Er hatte darauf verzichten wollen, den Unterschlupf zu betreten. Er brauchte weder den Anblick noch den widerlichen Geruch der verätzten Leichen, die gewiss in der Höhle lagen.
    Ich muss nachschauen. Das bin ich ihnen schuldig.
    Er sog die reine, klare Luft ein, dann ging er ins Innere, stieg über das Rinnsal hinweg und achtete genau darauf, nicht damit in Berührung zu kommen.
    Schon nach wenigen Schritten entdeckte er die Überreste des Niemez. Ein Geschoss hatte den Nachzehrer in die Brust getroffen, die Säure hatte sie einschließlich des Herzens weggefressen. Knochen und Fleisch waren schwarz, der Kopf lag abgetrennt und verschmurgelt dicht daneben.
    Die Höhle selbst war leer. Die Teppiche, die Möbel und Bilder, die Vasen und die Truhen mit den kostbaren Kleidern und dem Schmuck mussten von Mareks Helfern weggeschafft worden sein. Dafür lag in der Mitte des Hauptraums ein Knochenhaufen in einem See aus dampfender, milchiger Säure. Die Schädel von Jussep, Hossein, Ignaz und Vanja hatte man abgetrennt und davor nebeneinandergelegt. Die toten Augen schauten durch Dominic hindurch.
    Er hat niemanden entkommen lassen.
    Dominic ging vor den Häuptern in die Hocke, hob Vanjas Kopfan und betrachtete das blutverschmierte Gesicht; aus dem Stumpf rannen rote Tropfen. Anstelle des Schmerzes wegen einer verlorenen Liebe verspürte er Wut auf Marek, der sich in seine Belange eingemischt hatte. Vanja war ein angenehmer Zeitvertreib im Bett gewesen, weil sich gerade nichts anderes ergeben hatte, aber nicht Dominics große Liebe.
    Schade um sie. Mit ihr als meine Stellvertreterin hätten wir es als Bande weit bringen können.
    Der beißende, dünne Säurerauch brachte ihn zum Husten. Er schloss zuerst ihr, dann den anderen die Augen. »Es tut mir leid«, entschuldigte er sich laut bei den vernichteten Vampyren. »So war euer Ende nicht vorgesehen.«
    Dominic legte Vanjas Schädel nieder und erhob sich, wandte sich um und ging hinaus, durch den knirschenden Schnee zurück zu seinem Rappen.
    Wie er Marek einschätzte, hatte er sich die Beute selbst unter den Nagel gerissen und irgendwo bei sich im Palast verborgen. Die Anstrengungen der letzten Monate waren vergebens gewesen. Er saß mit nichts da.
    Verdammter Bastard!
    Dominic schwang sich in den Sattel. Er wusste nicht, wohin mit seiner Wut. Seinen Oheim
konnte
er nicht angreifen, solange er seine Nachforschungen nicht abgeschlossen hatte. Ihm fiel ein, dass Marek ihm das gleiche Schicksal angekündigt hatte, sollte Dominic jemals wieder eine Bande formen.
    Eines Nachts werde ich dich fertigmachen. Aus so vielen Gründen. Gerade daher ist es

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