Judassohn
seigneurs«, sagte er in die Stille, und seine Stimme hallte von der Kuppeldecke wider.
Erst als der letzte Rest seiner Worte gestorben war, stand ein Vampyr mit einer langen Weißhaarperücke auf, deren streng angeordnete Locken in breiten Bahnen bis fast an den Gürtel reichten: der Ischariot, der Vorsitzende der Cognatio. »Ich grüße Euch, Baron Illicz. Euer Eleve ist unpassend gekleidet und benimmt sich dazu noch jenseits unserer Konventionen.«
»Erlaubt, dass ich mich der ehrenwerten Gesellschaft vorstelle: Ich bin Dominic de Marat«, antwortete er forsch.
Versteinerte Mienen, Mordlust in den Blicken, Teilnahmslosigkeit, Neugier, Neid und Ablehnung. Niemand empfing ihn hier mit einem Quentchen Wohlwollen. Er erntete nicht einmal Amüsement.
Es bereitete Dominic einen unglaublichen Spaß, diese eingebildeten, antiquierten Vampyre einschließlich Marek herauszufordern. Ein Blick in ihre Gesichter hatte ihm gereicht, um zu erkennen, dass Metunova die Wahrheit über die Cognatio gesprochen hatte. Er kam aus dem Land, in dem eine Revolution der Einfachen gegen die Mächtigen stattfand. Das ließ er sie gern spüren. »Und ich bin der Sohn von Baronin Scylla Illicza.«
Wieder dauerte es, bis das Echo verklungen war. Zwei der Barone schüttelten ansatzweise den Kopf, eine Baronin presste die Lippen fest zusammen.
»Außerdem«, sprach der Ischariot weiter, »ist er flegelhaft,
äußerst
flegelhaft, und müsste für die vielen Verstöße bestraft werden, ohne als Euer Eleve angenommen zu werden!«
Marek atmete laut durch, bevor er zu einer Erwiderung ansetzte. »Ich entschuldige mich für sein Verhalten. Ich hatte ihm die Regeln der Cognatio genannt, aber ich nehme an, dass sein französischer Geist Schuld daran trägt. Und natürlich das rebellische Erbe seiner Mutter.« Es kostete ihn Mühe, die Beherrschung zu wahren. Jeder hörte das.
Na, was ist, Oheim? Wo bleibt deine schöne Überlegenheit, die du vorhin an die Nacht gelegt hast?
Dominic freute sich unsäglich.
»Wir werden ihn bestrafen, sobald wir über seine Aufnahme entschieden haben«, erwiderte der Ischariot und zeigte auf den Tisch. »Hinauf mit ihm! Er soll sich ausziehen, damit wir ihn auf seine Makellosigkeit begutachten können, ehe wir sein Wissen prüfen.«
Dominic dachte, er habe sich verhört.
Nackt? Vor denen?
Das hatte Marek ihm verschwiegen. Alle starrten ihn erwartungsvoll an.
»Mach, dass du auf den Tisch kommst«, raunte Marek und verschränkte die Finger, senkte dabei den Kopf.
»Nein.« Dominic blieb, wo er war. Die Provokation wuchs ins Ungeheuerliche, aber je weiter er ging, desto besser fühlte er sich.
Marek wandte den Kopf pfeilschnell zu ihm, die Augen sprühten vor Zorn. »Du …«
»Verzeiht, werte Cognatio, werte Baroninnen und Barone«, sagte Dominic selbstbewusst. »Ich erachte es nicht als notwendig, mich vor Euch zu entkleiden. Mein Wuchs ist ebenmäßig. Ich habe viel von meinem Oheim gelernt und kenne die Antworten auf jede Frage, die Ihr mir in Sachen Alchimie zu stellen gedenkt.« Seine Augen waren auf Marek gerichtet. Jetzt las Dominic Fassungslosigkeit auf seinem Gesicht.
Du kannst mich nicht aufhalten. Nicht, ohne selbst dein Ansehen vollends zu verlieren, habe ich recht? Du kannst nur hoffen, dass ich mich gut herausrede.
»Ich bitte Euch, mich als Eleve von Baron Marek Illicz anzuerkennen. Ich werde sein würdiger Nachfolger, wenn die Zeit gekommen ist.« Dominic verneigte sich deutlicher als am Anfang.
Wieder der Hall, wieder die Stille danach als Antwort auf diese Ungeheuerlichkeit. Nicht einmal Marek erhob mehr die Stimme, sondern wartete, wie der Ischariot urteilen würde.
Habe ich übertrieben?
Dominic bemerkte die Spannung, die sich aufgebaut hatte. Sie wurde bedrohlich, fühlbar gegen ihn gerichtet. Nicht einmal der Hauch von Anerkennung für seinen überzeugten, mutigen Auftritt wehte ihm entgegen. Sein Selbstbewusstsein verkleinerte sich von Herzschlag zu Herzschlag. Die Blicke setzten ihm zu und zerteilten die Überlegenheit, die er eben noch gespürt hatte.Es war, als lasse man Luft aus einer gefüllten Schweinsblase entweichen.
Sie werden sich gegen mich entscheiden!
Dominic sah vor seinem inneren Auge, wie sie sich auf ihn warfen und ihn in kleine Stücke rissen, sein Blut soffen und seine Überreste lachend in einem Freudenfeuer verbrannten.
Das … darf nicht …
Er musste der Cognatio einen Grund aufzwingen, sein Leben zu verschonen. Octavius’ Bemerkung kam ihm in den
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