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Judassohn

Titel: Judassohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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ablehnend, doch in der Stimme vernahm er bereits schwindenden Widerstand. »Da Ihr mir keinen Antrag gemacht habt und keine Reichtümer beschert, muss ich wieder an meine harte Arbeit gehen.«
    »Wann arbeitest du nicht mehr?«, hielt er dagegen. Seine Gier verstärkte sich durch ihre Nähe, ihre Wärme.
    Aber sie wand sich geschickt aus seiner Umarmung, als hätte sie dergleichen schon sehr oft getan, und drohte ihm mit dem Finger, bevor sie zurück an den kleinen Tresen verschwand. »Non, non! Ich serviere Euch Cidre und nicht mehr, mon Seigneur.« Sie warf ihm gelegentlich einen neckenden Blick zu, kam aber nicht mehr an seinen Tisch. Die Gäste im
Pour l’âme
widmeten sich wieder ihren Gesprächen
    Sie beherrscht das Spiel recht gut.
    Dominic grinste trotz der Abfuhr und streckte sich. Sein Hals war trocken, und auch der Cidre konnte dies nicht ändern. Er kannte die Anzeichen.
    Früher oder später, schöne Estelle, werde ich dich nehmen und dein Blut trinken. Aber nicht hier und heute. Zu viele Zeugen. Bis dahin suche ich mir woanders Lebenssaft.
    Eine Schar Kinder rannte kreischend und rufend auf der Straße entlang, sie fochten mit Schilfruten.
    Ah, sehr junges Blut und leichte Beute! Mal sehen, ob sich darunter etwas findet, das mir munden könnte. Oder sie führen mich zu ihren Eltern. Vielleicht gibt es eine brünette Mutter?
    Er stand auf, legte einen Silberpiaster auf den Tisch. Estelle sah enttäuscht zu ihm. Sie hatte sich anscheinend doch mehr erhofft als einen Plausch. »Keine Sorge, Mademoiselle. Ich kehre zu dir zurück.«
    Dominic verfolgte die Kinder durch die Gassen. Das Verlangen nach warmem, sättigendem Blut räumte jegliche Bedenken aus und brachte das Gewissen während der Jagd sowie beim Trinken zum Schweigen. So würde es auch an diesem Abend sein.
    Er hörte, wie der Größte der Schar immer wieder rief: »Ich bin der Riese aus dem Sumpf und fresse euch alle!« Die restlichen Kinder schlugen mit den Stengeln auf ihn ein, und er suchte lachend das Weite.
    Dominic durchfuhr es, als habe ihn ein Schlag getroffen. Ihm war ein Gedanke gekommen.
    Der Söldner war ein großgewachsener Mann gewesen! Sollten sie vielleicht ihn meinen?
    Mit langen Schritten holte er auf, schnappte den Langen an der Schulter. »Bursche, warte mal.« Er griff in die Tasche und hielt ihm einen Silberpiaster vor die Nase. »Sag: Was hat es mit dem Riesen auf sich? Ist das in Wahrheit nicht ein alter Söldner, der auf einer Insel im Sumpf lebt?«
    Die Kinder umringten Dominic, betrachteten seine teure Kleidung, einige zogen ihre Kappen ab und murmelten einen Gruß für den »Seigneur«.
    Der Junge schaute auf das Silber, dann auf ihn. »Ein Söldner? Nein, davon habe ich nichts gehört. Aber es gab mal den Riesen, der mitten in der Brière gelebt hat. Bekomme ich meine Belohnung, mon Seigneur?« Er griff nach der Münze.
    Dominic zog sie weg und lächelte. »Wie viele Inseln hat denndas Moor?« Der unschuldige Geruch des Knaben verhieß einmaligen Blutgenuss, und sein Durst war nicht geringer geworden.
    »Ganz viele, mon Seigneur. Bekannte und versteckte.«
    »Und der Riese?«
    »Mittendrin, sagt man. Ihr müsst einfach nur immer geradeaus staken. Die Brière bringt Euch von selbst zu ihm.« Er senkte den Kopf. »Und wenn Ihr ihn gefunden habt, seid Ihr des Todes, mon Seigneur!«
    Dominic musste ein Knurren unterdrücken. Er starrte auf die Halsschlagader des Jungen, schluckte. Der Speichel schien das Feuer in ihm anzufachen.
    Nein. Erst der Ausflug in den Sumpf. Danach hole ich mir meine Belohnung: süße Estelle. Sie ist mehr nach meinem Geschmack!
    »Danke.« Er gab ihm den Piaster. Der Junge verbeugte sich und lief die Straße hinunter, umringt von seinen Freunden, und zeigte ihnen die seltene Münze.
    Dominic sah zum klaren Abendhimmel.
    Wie geschaffen für einen Ausflug in den Sumpf.
    Bei der Insel, die dem Riesen gehörte, würde er anfangen.
    Immer geradeaus staken.
    »Mon Seigneur«, sagte die Stimme eines Mädchens hinter ihm, und er wandte sich um. Sie trug ein weißes Kleidchen und Schnürstiefel, die langen braunen Haare hatte sie zu Zöpfen geflochten. »Wenn Ihr mir auch eine von den schönen Silbermünzen gebt, dann führe ich Euch zur Insel des Riesen.«
    Zehn, elf Jahre. Älter ist sie nicht. Aber sie riecht reif!
    Dominic ging in die Hocke und atmete die Unschuld ein. Ein blutwolllüstiger Schauder rann durch ihn hindurch. »Du weißt, wo er wohnt? Wie ist dein Name, Kleine?«
    Sie machte einen

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