Judassohn
erahnen, dass der Mann seinen Lebensunterhalt mit geringer Arbeit bestritt.
Alsdann.
Er wollte eben vom Wipfel des Baumes auf den weichen Boden springen, da sah er, dass der Mann seltsamerweise auf einer Grasmatte im Sumpf stehen blieb und in die Knie brach, als wäre er von einer Kugel getroffen worden. Langsam hob er den Kopf und starrte in den Mond.
Dominic machte sich zum Sprung bereit.
Was soll das? Ist er ein Loup-Garou, der sich gleich verwandeln muss?
Der Mann tastete an sich herum und durchwühlte seine Taschen,als suche er etwas. Nacheinander zerrte er ein kleines Messer, ein in Stoff eingeschlagenes Brot und ein Beutelchen hervor, das er öffnete.
Was tut er denn?
Dominic sprang von der Weide und eilte durch das Schilf auf ihn zu. Das Moor mit seinem sanften Blubbern und Gären, mit dem Rauschen der Halme gab ihm Deckung, bis er den Boten erreicht hatte und in seinem Rücken stand.
Der Mann schien etwas zu ahnen und blickte sich immer wieder um. Er roch nach Angst und Unsicherheit.
»Ich bin unpünktlich«, sagte Dominic auf Deutsch zu ihm. »Aber nicht zu spät, wie ich sehe.«
Der Bote wandte sich erschrocken um, die rechte Hand um den Beutel geschlossen. Er versuchte ihn zu verbergen, indem er das Säckchen gegen die alte Jacke gepresst hielt. »Ja, das seid Ihr«, entgegnete er und versuchte dabei, recht unverbindlich zu klingen.
Dominic kam dieser Mann durch und durch merkwürdig vor. Er gestand ihm eine gewisse Vorsicht aufgrund des brisanten Gegenstandes durchaus zu. Aber es wirkte mehr, als sei der Kerl von seiner Aufgabe überrascht und wüsste nicht, was er tun sollte.
Es wurde Zeit, dass Dominic als Dämonendiener Beluas auftrat. »Führt Ihr meine Habe mit Euch?«
Die Blicke des Boten huschten über das Moor und das Schilf. »Mir gefällt dieser Ort nicht.«
Er lachte. »Da Ihr ihn selbst gewählt habt, macht Ihr mich staunen. Ich wäre beinahe ersoffen, weil mich das Moor zu sich ziehen wollte«, log er und gab sich jovial. Er trat auf den Mann zu, das Gras schlug Wellen und wogte.
Locken wir ihn doch.
Dominics rechte Hand glitt in die Manteltasche, und er nahm den Beutel mit den wertlosen Livres hervor, um die Münzenklimpern zu lassen. »Goldmünzen, wie Ihr verlangtet. Die Prägung ist schon lange Zeit aus der Mode, aber der Wert von Gold vergeht niemals, nicht wahr?« Dominic hielt ihm den Beutel hin. »Kann ich nun den meinen verlangen?«
»Marat!«, tönte eine männliche Stimme von weiter weg. »Dominic de Marat, du wirst uns nicht entkommen!«
Die Stadtwache!
Er erkannte seinen Fehler: Die Barken hatten keinen Fischern gehört, sondern trugen seine Häscher. Seinen Namen hatten sie gewiss von Estelle erfahren. Er blickte suchend über die Schulter, dann nach rechts, wo die Lichter aufleuchteten. Laternen bewegten sich auf sie zu, beleuchteten Barken und Bewaffnete. Noch genügte ihm der Abstand. »Nehmt endlich die Münzen«, zischte er den verunsicherten Boten an. »Her mit dem Beutel!«
Mehrere Schüsse erklangen und rollten durch die Dunkelheit, leise glucksend schlugen die Kugeln um sie herum ein. Männer riefen sich Anweisungen zu, und ein wütendes, grausames Bellen erklang.
Das sind … keine Hunde!
Dominic roch den Gestank der Loup-Garous, und Bilder des letzten Zusammentreffens entstanden vor seinem inneren Auge, ohne dass er es verhindern konnte. Heute würde kein Marek auftauchen, um ihm beizustehen. Mit den Bildern kam die Angst …
Reiß dich zusammen! Du darfst dir nicht erlauben, Furcht zu haben, sonst werden sie gegen dich gewinnen!
Dem Boten schien es nicht anders zu ergehen. Er zitterte und schien überhaupt nicht zu wissen, was sich um ihn herum abspielte. Er drückte den Beutel an sich, als wollte er ihn mit seinem Körper vor Raub bewahren.
Möglicherweise will er mich täuschen, und der Zahn ist gar nicht darin.
Dominic fand die Situation zu verquer und wollte möglichst schnell das Weite suchen. »Wird’s bald, Mann!« Er stand dichtvor ihm und packte ihn hart an der Schulter. »Wo ist es?« Durch seine Bewegung klaffte der Mantel auseinander, der Korbgriff des Dämonenschwerts wurde sichtbar.
Der Bote starrte darauf – und erkannte es. Der wissende Blick war nicht anders zu deuten.
Nun wird er mir hoffentlich vertrauen. Dann wird alles einfacher
, dachte Dominic erleichtert und hielt die Hand auf.
»Ihr werdet ihn nicht bekommen!« Der Mann schleuderte das Säckchen weit hinaus ins Moor.
Dominic rannte überschnell los und fing
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