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Judassohn

Titel: Judassohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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KAPITEL VII
     
Sommer 1791,
nahe Požarevac (serbisches Gebiet)
    Dominic hatte sich auf seiner gesamten Reise in Hochstimmung befunden: wegen der Siege über die Werwölfe, der Erbeutung des Schwertes, des Artefakts und der Erlangung neuen Wissens. Selbst die Strapazen waren ihm weitaus erträglicher erschienen, und er hatte sich regelrecht gewundert, als er vertrautes Gebiet betreten hatte.
    Dominic ritt zum Palast der Baronin. Er unternahm nicht einmal den Versuch, bei seinem Oheim vorzusprechen. Zuerst wollte er sich mit Metunova treffen und ihr berichten.
    Sie wird begeistert sein, wenn ich ihr das Schwert und den Zahn zeige.
    Sobald er die hohen Hecken erreicht hatte, stieg er ab, band das Tier an und lauschte. Dieses Mal war er vor den Menschenfressern auf der Hut. Dominic ging davon aus, dass sie ihn nach der Episode in Guérande verfolgt hatten. Ihre Nasen waren gewiss feiner als seine.
    Er hatte es aufgegeben, herausfinden zu wollen, warum ihm dieser Loup-Garou und sein Rudel voller Hass nachstellten, sondern es als gegeben akzeptiert. Das Spiel hieß fortan »sie oder ich«.
    Kein Laut zu hören.
    Dominic schnallte die Satteltaschen ab und ging durch den Irrgarten unter den langen Dornenranken vorbei. Dann tauchte der Palast vor ihm auf.
    Was hat denn das …?
    Um den Turm stand ein Baugerüst. Fackeln und Lampen brannten, in dessen Schein geschätzte zwanzig Arbeiter ihre Aufgaben verrichteten. Es wurde gemeißelt und geklopft, an anderer Stelle setzten die Männer und Frauen neue Steine in Lücken ein.
    Metunova verschönert ihr Zuhause!
    Auch der Garten hatte sich verändert. Die alten Muster und Wege waren zum Vorschein gekommen. Unkraut und Wildwuchs waren verschwunden und ließen den kultivierten Pflanzen Platz zum Wachsen und Gedeihen. Sie hatte sogar den Brunnen instand setzen lassen, dessen sanftes Plätschern an sein Ohr drang.
    Sagenhaft! Ein richtiges kleines Paradies ist daraus geworden. Ein gutes Zeichen! Dann geht es ihr bestimmt wieder besser.
    Dominic eilte über den Plattenweg auf den Turm zu. Die schwarzen Doggen tauchten nicht auf. Vermutlich waren sie von der Baronin zum Schutz der Arbeiter weggesperrt worden. Er nahm an, dass es entweder niedere Vampyre waren, die sie für sich schuften ließ, oder irgendwelche einfachen Menschen, die nichts von ihrer wahren Natur ahnten.
    Niemand schaute nach ihm, als er zur Tür trat und klopfte.
    Der Eingang wurde geöffnet. Dominic sah auf die stattliche Gestalt von Octavius.
    »Oh, der kleine Judassohn ist wieder da!«, rief er und bedachte ihn mit schmerzhaft stechenden Blicken. »Komm herein, mein Freund. War deine Reise nach Frankreich von Erfolg gekrönt?« Er ließ ihn herein, schloss die Tür wieder und schien mit der Hand ein paar Spinnweben vom Rahmen zu wischen; es klirrte metallisch. »Was macht die Revolution? Haben sie den König noch immer nicht geköpft?«
    Dominic zwang sich zum Lachen. Er hätte die Baronin lieberallein angetroffen. »Nein, das haben sie nicht. Aber es wird früher oder später geschehen.« Er setzte sich an den Tisch und legte seine Satteltaschen neben sich.
    »Und? Fündig geworden?«, hakte Octavius mit seinem hohen Stimmchen nach. Er betrachtete das Gepäck und entdeckte den Korbgriff des Schwertes. »Aha! Ich erinnere mich an die Zeichnung.« Er kam langsam auf ihn zu. »Darf ich es mal sehen?«
    Nicht vor ihr! Wann lernst du es endlich, Glatzkopf?
    »Gleich. Wenn Baronin Metunova zu uns gestoßen ist. Wärt Ihr so nett und würdet sie rufen?«
    »Sosehr ich es wollte, ich kann es nicht.« Der Hüne nahm ihm gegenüber Platz und zog ein gefaltetes Papier, dessen Ecken mit einem Siegel zusammengeklebt waren. »Das hat sie für dich dagelassen.«
    »Wohin …« Dominic verstand, was Octavius ihm sagen wollte. »Sie ist … tot?«
    »Lies den Brief.« Er legte die Hände zusammen und wartete.
    Dominic zerbrach den Wachstropfen, faltete das Blatt auseinander und starrte auf die Zeilen, die in geschwungener Handschrift und auf Französisch verfasst worden waren.
Wir werden uns nicht wiedersehen, Sohn meiner geliebten Freundin.
    Es war mir ein großes Vergnügen, dich kennenzulernen und zu unterrichten, auch wenn es noch so vieles gäbe, das ich dir beibringen könnte. Du hast mein Leben in der Tat für diese Monate bereichert.
    Ich hoffe, dass du mit Erfolgen aus deiner Heimat zurückkehren wirst und es dir ersparst, deine Seele unserem Meister Botis zu opfern.
    Gib niemals auf, das verlange

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