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Judassohn

Titel: Judassohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Schnell richtete er sich auf, die rechte Hand zerquetschte ihre Kehle, dann ließ er die Erstickende ins Wasser sinken; ihr Zappeln verursachte lautes Plätschern.
    Kerhinet. Dieser Ort wird sich finden lassen.
    Ihre Augen hatten ihm verraten, dass sie die Wahrheit gesprochen hatte. Aus Angst und aus Überzeugung, dass sie ihn umbringen würden. Das Plätschern im Trog hatte aufgehört. Die Frau war tot und trieb dicht an der Oberfläche.
    Er hetzte vorwärts und suchte den direkten Weg zum Stadttor. Hinter ihm erklangen Rufe, blecherne Gongs wurden geschlagen. Ihr Schall folgte ihm, bis er den Ausgang aus Guérande erreicht hatte.
    Dominic rannte durch das Tor und gleich darauf runter von der Straße, mitten ins Unterholz. Wieder musste er sich übergeben. Auf allen vieren kauerte er am Boden und spuckte, würgte alles aus sich heraus. Das Blut von Dämonendienern würde er in Zukunft nicht mehr antasten. Es war ungenießbar, verursachte ihm auch noch Magenkrämpfe und schwächte ihn.
    Dann hörte er das laute Heulen eines Wolfs, der sein Rudel zusammenrief. Ein eisiger Schauder jagte durch ihn, sein Herz setzte ganze zwei Schläge aus. Er kannte die Stimme.
    Loup-Garous! Sie haben die ganze Zeit über niemals aufgegeben.
    Dominic zog sich zitternd an einem Busch in die Höhe und setzte seine Flucht mehr taumelnd als rennend fort. Er wollte in die Brière. Dort fühlte er sich in seinem geschwächten Zustand am sichersten.
Frühjahr 1791, Frankreich,
Süd-Bretagne, Stadt Guérande
    Dominic erwachte, im Licht des vollen Mondes liegend. Die Zeit der Werwölfe, nicht der Vampyre.
    Ausgerechnet heute soll der Bote kommen.
    Er erhob sich und hielt sich den schmerzenden Kopf. Die Vergiftunghatte endlich ihre schwächende Wirkung verloren. Ächzend stand er auf und bewegte die steifen Gliedmaßen.
    Er hatte keine genaue Ahnung davon, wie er die letzten Stunden, Tage und Nächte in der Brière verbracht hatte. Die Erinnerungen waren unscharf, verzerrt und durch das schädliche Blut der Frau nicht mehr nachvollziehbar.
    Die Kleidung, die er trug, kam ihm nicht bekannt vor, aber sie gefiel ihm. Er stellte den Kragen des knielangen schwarzen Ledermantels auf, um sein Gesicht zu verdecken. Die langen Stulpenstiefel waren verdreckt, die weißen Wollstrümpfe hatten viel Schmutz abbekommen.
    Ob ich daran sogar gestorben wäre?
    Das wäre ein abstruses Ende für ihn geworden: eingegangen an Blut. Es gab Vampyrarten, die man vergiften konnte, das hatte ihm Marek beigebracht. Aber die Judaskinder sollten nicht dazugehören.
    Eigentlich.
    Er befand sich an einer Böschung unter den schützenden Ästen einer alten, hohen Weide. Sie hatte nur dem Mond einen Spalt gewährt, ansonsten bildete ihr Blattwerk einen dichten Vorhang. Dominic stieg hinauf bis zu ihrer Krone und blickte sich um.
    Oh. Gar nicht so schlecht.
    Offenbar hatte er die letzte Nacht damit verbracht, den Ort zu suchen, an dem der Bote sein würde. Nicht weit von ihm erhob sich der Hügel, der einen künstlichen Eindruck machte, als sei etwas darunter vergraben und mit Gras versehen worden. Nach Norden hin gab es wenig Schilf und eine Ebene mit ein paar abgestorbenen Bäumen darauf, also wenig Deckung. Ansonsten reckten sich die Halme wie gewohnt aus dem Moor und schaukelten im Wind.
    Raschelnd, reibend. Ihre eigene Musik.
    Dominic spähte genauer und hielt Ausschau nach dem Boten.Ein genauer Zeitpunkt war ihm von der Frau nicht genannt worden. Ihm wurde flau im Magen.
    Ich werde ihn nicht verpasst haben?
    Blutdurst spürte er nicht, dafür großen Hunger auf echte Speisen. Ein gebratenes Hähnchen, Käse und Unmengen von dunklem Brot, das würde er zu gern essen!
    Er lauschte und roch, ob er Spuren der Loup-Garous wahrnehmen konnte. In der Brière, noch in weiter Entfernung, leuchteten Lampen auf und schaukelten. Ein halbes Dutzend Barken fuhren im Verbund. Die Fischer wagten sich nicht mehr alleine auf Aalfang.
    Sobald ich den Boten getroffen habe, werde ich ihm den Zahn rauben und ihn foltern, bis ich mehr über die Diener Beluas weiß,
nahm er sich vor.
    Plötzlich kam ein Reiter über die Ebene geprescht und hielt an einem der Bäume an. Er stieg ab, um den breiten Ackergaul festzubinden, dann setzte er seinen Weg zu Fuß fort und marschierte zielstrebig in das Schilfmeer hinein.
    Für Dominic war dies der erwartete Bote, auch wenn er sich über das Tier wunderte. Vermutlich hatte es der Bote auf einem Hof gestohlen. Auch die schäbige, abgetragene Kleidung ließ

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