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Judassohn

Titel: Judassohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Diesen ganz besonderen, wahnsinnig machenden Durst.
    Estelle ist zwar keine Jungfrau, aber …
    Sie kam aus der Küche und reichte ihm einen Krug Cidre, dazu ein Holzbrettchen mit Brot, Wurst und viel Käse. »Man erzählte sich, dass die Brière Euch geholt hätte, mon Seigneur«, sagte sie dabei.
    »Wie du siehst, stimmt es nicht. Ich bin von der Barke ins Wasser gefallen. Muss eine Strömung gewesen sein, die mich erfasst und abgetrieben hat. Als ich aufgetaucht bin, war Catherine mit dem Boot verschwunden.« Dominic kostete von dem Cidre, den sie ihm in einen Becher goss. »Aber ich hatte dir versprochen zurückzukehren.«
    »Aha, mon Seigneur. Die Kleine war jedenfalls der festen Überzeugung, dass Euch der Riese geholt habe, weil Ihr sein Haus gesucht habt.« Estelle schenkte ihm nach. »Ich habe mir Sorgen gemacht. Vorhin war Mareille hier, die Frau des Wirts Eurer Herberge. Sie sagte, sie habe Euch nicht zu Bett gehen hören.«
    »Ach? Sie lag wach und hat auf mich gewartet?« Er zwinkerte ihr zu. »Oder wäre es dir lieber gewesen, dass ich zu dir gekommen wäre?
    Sie verschränkte die Arme vor ihrer hellen Schürze. »Vielleicht, mon Seigneur. Ich bin sehr froh, Euch zu sehen und zu wissen, dass Ihr unter den Lebenden weilt!« Estelle schenkte ihm einen eindeutigen Blick, der besagte, dass sie das Lager mit ihm teilen würde. Heute. Dann zeigte sie auf das Schwert. »Ihr habt es in Guérande erstanden? Gestern habe ich es noch nicht an Eurer Seite gesehen. Es ist ungewöhnlich.«
    »Das kann man sagen.« Er schaute nach rechts, nach links und beugte sich nach vorne, winkte sie zu sich. »Ich habe es dem Riesen abgenommen«, flüsterte er gespielt geheimnistuerisch. Seine Blicke fielen auf ihr Dekolleté, das sie ihm freigiebig wies. »Ich war auf seiner Insel und habe ihn bestohlen.«
    »Ihr seid ein mutiger Mann, mon Seigneur«, gab sie zurück und tat bewundernd. Sie gab ihm einen Kuss auf die Wange und schlenderte an den Tresen zurück. »Was, wenn der Riese in seiner Wut das Moor verlässt und Guérande heimsucht?«
    Oh, ja. Sie beherrscht das Spiel in der Tat.
    Der Durst wurde schlimmer. Dominic nahm einen Schluck Cidre und wünschte sich, es wäre Blut. »Das wird er nicht. Undwenn doch, beschütze ich dich.« Er sah sie an und hatte das Gefühl, dass ihre Adern am Hals und auf der Brust blau leuchteten.
    Blut! Jetzt! In den Gassen werde ich was finden.
    »Es wird das Beste sein, ich halte Wache in deiner Kammer. Zur Sicherheit.« Er stand auf. »Bis nachher, meine Schöne.«
    »Gern, mon Seigneur.« Estelle machte einen Knicks und begrüßte neue Gäste, die eben zur Tür hereinkamen.
    Dominic trat auf die Straße und eilte drauflos. Er kannte sich in der Stadt nicht aus, es gab kein festes Ziel, außer, das unentwegte Brennen in Hals und Eingeweiden zu löschen. Dazu musste er sich ein Viertel suchen, in dem ärmere Menschen wohnten, bei denen es nicht ins Gewicht fiel, wenn sie verschwanden. Er durfte nicht allzu wählerisch sein.
    Guérande hatte sich Wohlstand durch das Salz erwirtschaftet. Im Mittelpunkt lebten nur die ehrbaren Bürger. Also drehte er seine Runden an der Stadtmauer entlang und hoffte, die Behausungen von Bettlern oder Tagelöhnern zu finden.
    Der Durst schlug große Breschen in seine Beherrschung, kalter Schweiß stand ihm auf der Stirn.
    Ich verändere mich. Früher hat mir ein Menschentrunk länger als zwei Wochen gereicht. Was ich gestern zu mir genommen habe, hätte mich einen Monat lang sättigen müssen.
    Der Duft eines jeden Menschen wirkte anziehend auf ihn. Jeder war eine Oase, ein Brunnen, lebenspendendes Gefäß mit köstlichstem Inhalt. Er fuhr mit den Fingerkuppen an den Wänden entlang, starrte die Leute an und leckte sich über die Unterlippe.
    Schließlich nahm er eine bekannte Witterung auf: Catherine! Einmal war sie ihm entkommen, ein zweites Mal nicht mehr.
    Er sah das Mädchen mit dem Rücken am Ende der Gasse gehen, sie trug einen Korb mit einem Tuch darüber. Dominic folgte ihr hastig.
    Die Gasse beschrieb einen Bogen und wurde noch schmaler, die Dächer neigten sich zueinander. Es fiel kaum Licht herein.
    Dominics Vampyraugen machte es nichts aus. Er ließ Catherine nicht mehr entkommen, sah ihren Duft gleich einem weißen Seidenband flattern und wehen.
    Wo sie ist, sind ihre Spielkameraden nicht weit. Sie wird mich zu noch mehr Blut füh…
    Ein sengender Schmerz jagte ihm durch den Rücken, dann sah er eine lange, schmale Klinge durch seine Brust

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