Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Judassohn

Titel: Judassohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
Vom Netzwerk:
welchen Baron er arbeitet. Dieser Judassohn soll den Verrat büßen.
    »Da ich ohnehin sterbe«, sagte Dominic beiläufig, »verrate mir doch den Namen deines Herrn.«
    »Soll ich das tun?« Octavius lachte. »Er ist nicht mein
Herr,
er ist Bringer meines Wohlstands. Für Geld bin ich bereit, vieles zu tun.« Er ließ Dominic nicht aus den Augen. »Du könntest dich geehrt fühlen, wenn du seinen Namen hören würdest. Und er hat viele Pläne mit dir. Du wirst ihn bald selbst kennenlernen, wenn ich dich als Gefangener zu ihm bringe.«
    »Welche Pläne sollen das sein?«
    »Nun, du bist ein gutes Druckmittel gegen deinen Oheim, obwohl ich nicht glaube, dass Marek kommt und dir hilft oder sogar seine bisherigen Forschungserfolge offenlegt. Dann gibt es noch die Hoffnung, dass Scylla selbst erscheint, wenn sie hört, dass ihr Sohn ihre beste Freundin umgebracht hat.«
    Dominics Wut brodelte und kochte mit jedem Wort höher. »Diese Lüge wird sie nicht glauben!«
    »Das
wird
sie. Der Baron hat erfahren, wo sich Scylla ungefähr aufhält, und wird in diesem Landstrich die passenden Gerüchte streuen.« Octavius spannte die Muskeln. »Und
ich,
ich werde dich so lange foltern, bis du mir alles zum Schwert und zu den Artefakten erzählt hast.«
    Er hat sein Leben verwirkt!
    Das Schwert flog Dominic regelrecht in die Hand, die Spitze surrte auf den Hals des Hünen zu, der im letzten Moment zur Seite ausweichen konnte; dennoch kappte die Klinge ein Stück Ohr. Es zischte laut, als wäre das Schwert glühend heiß.
    Octavius schrie, mehr und lauter, als es für eine solch kleine Verletzung angemessen gewesen wäre.
    Der Griff in Dominics Hand erwärmte sich, und die Intarsien und Gravuren leuchteten silbern auf. Die Waffe schien wie aus einem Schlaf erwacht.
    »Was vermag diese verdammte Dämonenklinge?« Der Murony hielt sich das Ohr, sein Gesicht war vor Schmerz verzerrt. »Oh, ich sehe schon, dass ich dir viele Geheimnisse entlocken muss!«, rief er mit noch höherer, überschnappender Stimme. Er packte den Tisch und warf ihn nach ihm.
    Dominic wich dem übergroßen Geschoss aus, das ihm die Sicht für wenige Augenblicke raubte.
    Das reichte Octavius aus, um neben ihn zu gelangen und ihn am Kopf zu berühren. Zu spät fiel Dominic ein: Ein Murony vermochte anderen Lebewesen die Kraft zu entziehen, wenn er Körperkontakt herstellen konnte!
    Die gleißende Sonne schien unmittelbar in seinem Verstand aufzugehen. Dominic sah nichts mehr, sondern wurde zu einem einzigen Schmerz.
    Er fühlte, dass er auf den Boden fiel und Octavius die Bewegung mitmachte, um die Finger nicht von ihm lösen zu müssen. Seine ganze Macht schoss aus ihm heraus und strömte in den lachenden Murony.
    »Du magst für dein Alter nicht schlecht sein, Judasjungchen, aber gegen mich reicht es nicht«, hörte er ihn wie aus weiter Entfernung sprechen. »Ich werde dir zeigen, was mit einem von euch geschieht, wenn man ihn in fließendes Wasser hält. Finger, Zehen, eine Gliedmaße nach der anderen. Es wird dir gefallen.«
    Die Entkräftung schritt voran – aber sie ging einher mit etwas Schrecklicherem! Octavius’ Fähigkeit zerrte an Dominic, an seinem Ich und schien es auseinanderzureißen.
    Ein Teil von dem, was ihn ausmachte, löste sich wie ein lockerer Stein in einer Mauer. Diese Schmerzen brachten ihn zum Schreien, bevor das grelle Licht übermächtig wurde und er schlagartig in Schwärze tauchte.
    Dominic hatte das Bewusstsein verloren.
     
    ***

LAMENTO V
     
    Abend
kommt mir
gelegen. Bringt meinen
Morgen, meine Auferstehung von den
Toten.
     
    Untot
ist das
falsche Wort. Lebensjäger,
Seelenneider, Herzschlagsucher, Blutsäufer und
Nicht-Mensch.
     
    Macht
besitze ich.
Sie nützt mir
wenig: machtlos gegen Liebe.
Ausgeliefertsein.
     
    Anjanka
war Leben.
Anjanka war Liebe,
Verständnis, Rückhalt, Vertrauen, alles
gewesen.

GESCHICHTEN
AUS DEM LEBEN
VON SANDRINE

DIE GESCHICHTE
VON DER RACHE
     
Winter 1791/1792,
nahe Požarevac (serbisches Gebiet)
    »Mein Herz!«, flüsterte eine Frauenstimme. »Wach auf, mein Herz!«
    Sandrine öffnete die Augen und sah verschwommen in Anjankas Gesicht, auf dem sich Sorge in Freude verwandelte. Sie wollte etwas sagen, aber die Zunge lag ihr wie Blei im Mund. Sie fühlte ihren Körper nicht. Es war, als besäße sie nur Augen. Schwache Augen, die nicht richtig scharf stellten.
    »Er hat dich gefangen, hungern lassen und mit einem seiner Zauber belegt«, sagte die Tenjac mit Hass in der Stimme. Ihren Schulter- und

Weitere Kostenlose Bücher