Judassohn
Besucher, die auf die Plätze drängten. Und schon gar nicht vor Emmas Augen. Aber er stellte sich auf einen harten Wortwechsel ein.
»Dann hätte ich gern geklärt«, eröffnete Scylla eisig den Angriff, »warum er sich
Alec
nennt, aber in Wirklichkeit
Harm Byrne
heißt, der in Großbritannien ein Unterweltimperium führt, das auf Sexbars und Drogen basiert.« Sie saß ganz ruhig, hatte die Hände zusammengefaltet und auf den Schoß gelegt. »Komischerweise sieht Mister Byrne auf den Bildern, die ich von ihm kenne, ganz anders aus. Höre ich dazu eine Erklärung, Mister?«
Fuck. Sie hat Erkundigungen über mich eingezogen. Hat sie mich verfolgt?
Die Breitseite hatte gesessen.
Emma sagte nichts, schaute ihn aber flehentlich an. Sie wollte die Anschuldigungen plausibel aus der Welt geschafft und ihren Märchenprinzen zurückhaben.
Harms Gedanken überschlugen sich. Eine Lüge nach der anderen zuckte durch seine Gedanken. »Ja, ich bin Harm Byrne«,gestand er dann. »Ich habe mein Gesicht einer Operation unterzogen, um mir eine neue Identität zuzulegen. Es gibt … Menschen, die mich nicht besonders gut leiden können.«
»Alec«, entfuhr es Emma entsetzt und enttäuscht zugleich.
Harm spürte, dass er es nicht mehr herumgerissen bekam. Nicht auf diese Weise. Eine besondere schauspielerische Leistung musste her.
»Siehst du!?«, rief er niedergeschlagen. »Genau
das
wollte ich vermeiden! Weil ich wusste, wie deine Reaktion sein würde, sobald du mehr von meiner wahren Geschichte hörst.« Er nahm ihre Hand. Sie zog sie nicht zurück. »Du bist der wichtigste Mensch in meinem Leben, Emma! Ich habe in dir endlich eine Frau gefunden, die ich verehre und der ich alles ermöglichen möchte.«
»Mit Geld, das er durch Ausbeutung anderer Frauen und Verkauf von Ecstasy verdient hat«, warf Scylla schneidend ein. »Willst du das, Emma?«
Harm sah Emma an, dass sie vollkommen verunsichert war. Sein eindringliches Liebesgeständnis hatte sie von seiner Geschichte überzeugt, aber das Wissen, woher die finanziellen Mittel stammten, bereitete ihr ein schlechtes Gewissen.
»Ich habe ihr erzählt, Mister Byrne, dass Sie dafür bekannt sind, Ihren Widersachern die Kehlen aufzuschlitzen, und dass Sie gern bei deren Familien weitermachen. Zur Abschreckung für andere«, sagte Scylla und schoss die nächste Breitseite ab. »Vor kurzem haben Sie zwölf Kunstharzwürfel mit den Köpfen von aufständischen Geschäftspartnern versenden lassen, hörte ich. Das ist nicht unbedingt das Verhalten, das ich mir von einem Mann wünsche, der im Leben meiner Schwester und meiner Nichte eine wichtige Rolle spielen darf.«
Ich habe sie total unterschätzt.
Harm beschloss, ihr nicht direkt zu antworten, sondern sich auf Emma zu konzentrieren. »Mein Leben ist hart, weil meineFeinde es sind! Wenn ich überleben will, muss ich ihnen gegenüber so sein, dass sie mich und meine Geschäfte respektieren.«
»Dann tust du das alles
wirklich?
«, flüsterte sie und war weiß geworden. »Du bist ein …« Ihr fehlten die Worte. Sie versuchte, ihm ihre Hand zu entziehen.
Scylla lehnte sich lächelnd in dem Stuhl zurück. Sie sah sich als Siegerin.
Die Menschen um sie herum unterhielten sich selbst angeregt und bekamen kaum etwas von ihrem Gespräch mit. Das hoffte Harm zumindest.
»Bitte, Emma, ich brauche dich!« Er legte viel Verzweiflung in die Stimme. »Ich würde alles tun, um dich glücklich zu machen!«
»Auch Ihre Sexläden aufgeben und die Drogenlabore schließen?«, setzte die Vampirin genüsslich nach. Emma rang mit den Tränen, doch ihr Blick war hoffnungsvoll und abwartend. Alles hing von seiner nächsten Antwort ab.
»Sicher«, gab er zurück. »Ich werde alles aufgeben.«
»Und wenn sie Ihnen nicht glaubt?«, hakte Scylla ein und blickte wütend, weil sie den Aufwind für ihren Widersacher bemerkte. »Oder wenn ich Ihnen nicht glaube?«
»Werde ich sie mitnehmen und ihr persönlich zeigen, wie ich alles abgebe, schließe, verkaufe, verbrenne, der Polizei übergebe oder was immer ich sonst damit tun soll.« Harm spürte, dass Emma ihre Hand nicht mehr wegziehen wollte.
Nicht lockerlassen, damit die Fotze am Ende doch noch abspringt.
»Und das Geld auf Ihren Konten, Mister Byrne? Was ist damit?«
Ich würde jetzt doch gerne mit Scylla kämpfen. Und sie umbringen. Einfach so und ganz schnell, um sie zum Schweigen zu bringen.
Aber da er ihr den größten Schmerz nur über Emma zufügen konnte, musste er besonnen bleiben und
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