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Judassohn

Titel: Judassohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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vernichteten die Aufzeichnungen an der Wand.
    Da haben doch die Dämonen selbst ihre Hand im Spiel!
    Von draußen erklangen Sirenen.
    Nach der Pleite im Varieté hätte mir klar sein müssen, dass die heutige Nacht nichts bringen wird. Jedenfalls nichts Gutes. Fehlt noch, dass in Limerick alles schiefgeht.
    Er nahm seine Kleider an sich, die Lily dankenswerterweise vom Dach mitgebracht hatte, um der Polizei keine verwertbaren Spuren zu hinterlassen, und machte sich unsichtbar.
    Noch einen Rückschlag will ich nicht ertragen müssen.
    Als die ersten Beamten durch die Tür stürmten und beim Anblick des Chaos und des Feuers stehen blieben, flog Harm zumzerstörten Fenster hinaus und landete neben seinem Ford, an dem die ersten Feuerwehrautos vorbeidonnerten.
    Er zog sich an, machte sich sichtbar und suchte den Schlüssel – und fand ihn nicht.
    Ich habe ihn verloren!
    Harm durchwühlte seine Kleidung. Alles war da, nur nicht seine Schlüssel.
    Dass es zu regnen anfing, wunderte ihn nicht.
     
    * * *

KAPITEL IV
     
23. Juli 2008,
Republik Irland, Limerick
    Harm hatte es zur Ausstellung in Limerick geschafft, um die
Harfe des Teufels
zu bewundern. Sein Name und eine spontane Spende ohne Beleg hatten es ihm möglich gemacht, eine besondere Gunst gewährt zu bekommen: Eugeen Cardeerie, ein schmaler Ire mit langen blonden Haaren, und der stellvertretende Direktor des Museums, das in King John’s Castle am Shannon angesiedelt war, erlaubten ihm, nach den Öffnungszeiten einen Blick auf die Ausstellung zu werfen. Die Präsentation war etwas ganz Besonderes: Musikinstrumente des Spätmittelalters, dargeboten im gläsernen Touristiktrakt, der in die Burg integriert worden war.
    »Sollten Sie nach Wissen dürsten, Mister Byrne, fragen Sie un seren Spezialisten«, empfahl Cardeerie und hob sein Funkgerät. »Mister Smyle, kommen Sie rasch auf einen Sprung vorbei?«, sprach er hinein.
    »Sehr gern, Sir«, antwortete eine Stimme mit einem Akzent, der Harm an den Osten Europas denken ließ.
    »Er ist unser Nachtwächter und äußerst belesen«, erklärte Cardeerie. »Er kennt jede noch so kleine Sage über die Harfe. Ich muss zurück ins Büro. Mister Smyle wird Sie hinausführen, wenn Sie genug gesehen und gelesen haben.«
    »Danke, sehr freundlich.« Sie schüttelten sich die Hände, Cardeerie ging und ließ Harm allein mit den vielen Vitrinen und den uralten Musikinstrumenten.
    Für wen ihr wohl schon spielen durftet?
    Er schlenderte zwischen den Exponaten umher, die stimmungsvoll von kleinen Strahlern beleuchtet wurden, während der Rest des Raums im Halbdunkel lag.
    Das Licht erinnerte ihn an seine erste Reise mit der
tortue
. Zwei Kerzen, mehr hatte er damals nicht in seinem Unterwasserboot als Lichtspender gehabt.
    Ein Wunder, dass ich das überlebt habe.
    Es bedeutete für Harm jedes Mal einen besonderen Aufwand, um nach Irland zu gelangen, doch inzwischen besaß er darin Routine. Er hatte sich eine eigene, moderne
tortue
gekauft, mit der er von der Küste in Wales direkt unter den Wellen hindurch nach Irland übersetzen konnte. Elektromotor statt Pedalen, Navigationsgeräte statt eines Kompasses und ursprünglich für Forschungszwecke gedacht. Das U-Boot wurde in einer Schleuse geflutet, so dass er gefahrlos einsteigen konnte. Meer-und Schleusenwasser wurden durch einen Kanal gemischt, und Harm fuhr die paar Meilen bei welchem Wetter auch immer auf knappen einhundert Metern Tiefe einfach bis zur anderen Schleuse nahe von Kilcoole, die er hatte errichten lassen.
    Nein, wirklich kein Vergleich zu meiner ersten Reise, aber vor den Wellen und Strömungen vor der Küste habe ich immer noch tiefsten Respekt.
    »Guten Abend, Sir«, sagte eine weiche, melodiöse Stimme neben ihm. »Sie sind ein Freund von Mister Cardeerie.«
    »Ich bin ein Freund von Freunden von Mister Cardeerie.« Der Mann hatte sich erstaunlich leise bewegt. Harm wandte sich zu ihm: markantes Gesicht und lange rote Haare, die er in einem Zopf trug.
    Er könnte glatt ein Judassohn sein.
    Er las sein Namensschildchen, das an einem schwarzblauen Sakko befestigt war. Mister Smyle. »Der Nachtwächter, ja? Sie sind die Koryphäe auf diesem Gebiet, Sir?«
    »Ich bin jemand, der persönliche Neigungen mit dem Beruf verbinden kann. Wenn das zusammenkommt, zünden Eifer und Begeisterung gleichermaßen.« Er richtete seinen schwarzen Schlips, der einen Kontrast zum weißen Hemd bildete, dann legte er die Hände an die schwarzen Hosen. »Und Sie, Sir?«
    »Mir ergeht es

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