Judassohn
nicht anders.« Harm kam es vor, als schauten die hellgrünen Augen in seine Gedanken. Er hatte plötzlich kein gutes Gefühl.
Ein Blutsauger. Daran habe ich keinen Zweifel. Wenn meine Unternehmung in Irland auch noch aus dem Ruder läuft wie die Aktion in London, glaube ich wirklich an einen Fluch.
»Was wissen Sie über dieses Prachtstück?« Er zeigte auf die Harfe des Teufels.
»Dass sie töten kann und Menschen in einen Rausch versetzt. Dass die schwarze Saite niemals angeschlagen werden soll – es sei denn, man möchte den Tod über alle bringen, die dem Spieler lauschen.« Smyle lächelte. »Ein Bansheehaar, behauptet die Legende.«
»Und was sagt die Legende über die Nachtkelten? Angeblich sollen sie dieses Instrument vervollständigt haben.«
Smyles Lächeln wich wie weggewischt. »Davon höre ich zum ersten Mal, Sir.«
Nein, das glaube ich dir nicht.
»Ich denke«, Harm betrachtete ihn und griff zu einer List, »dass Sie dazugehören, Mister Smyle. Sind
Sie
ein Nachtkelte?«
Smyle schien zur Statue geworden zu sein. »Wie gesagt, diese Legende ist mir nicht vertraut. Sir.«
Harm zeigte auf die Kameras. »Schalten Sie die ab, und wir reden offen. Einverstanden?« Er grinste und zeigte die Zähne, ließ die Fänge nur schwach wachsen, damit es den Linsen entging, aber nicht Mister Smyle.
Der Nachtwächter ging zu dem Kästchen, das am Eingangneben der Wand hing, schloss es auf und drückte mehrere Knöpfe. »Wir können, Mister Byrne.«
»Verraten Sie mir, zu welcher Sorte Vampir Sie gehören, Smyle? Und warum Sie eine Harfe bewachen?«
»Weil ich es als meine Aufgabe betrachte, Sir.« Das Hellgrün wirkte nun neugierig. Angst hatte er keine. »Ich spiele sie gelegentlich für meine Freunde, die aus ganz Irland angereist kommen, um ihren besonderen Ton zu vernehmen.«
Ich muss meine Spione in Irland einbestellen. Es kann nicht sein, dass Dinge vorgehen, von denen ich nichts weiß. Niemand hat mir von Smyles Existenz berichtet.
Harm begann zu argwöhnen, dass man an seinem Stuhl als oberster Vampir im Kingdom sägte. Und dass schon wieder etwas schiefging.
Vermutlich stehen meine Spione auf seiner Seite. Wer weiß, was die Harfe anrichtet?
Smyle schien seine Gedanken gelesen zu haben. »Sie sind der
Ubervampyr
, vor dem sich viele von uns fürchten. Habe ich recht?«
»Es werden bald Menschen auftauchen, die sich Diener Beluas nennen. Sie benötigen die schwarze Saite, um ihren Zielen näherzukommen«, erklärte er grob, ohne Erklärungen zu geben.
»Welche Ziele sind das?«
»Unerheblich, Smyle. Sie tun das, was Sie ohnehin machen: auf das Instrument achten. Ich gehe davon aus, dass die Götzendiener bald hier sein werden.« Harm schaute sich um. »Ich werde in der Nähe bleiben und notfalls eingreifen.«
»Ja, Sir.« Smyle hatte seine Autorität offenkundig akzeptiert, auch ohne eine echte Antwort auf die Frage nach dem
Ubervamypr
erhalten zu haben.
Ein entsprechender Ruf ist doch was wert. Ohne ihn hätte Smyle niemals vor mir gekuscht. Er hat entschlossene Augen. Eigentlich zu entschlossen, um dermaßen zurückzustecken.
»Sie werden niemandem von mir berichten, nicht einmal ansatzweise, Smyle. Sonst büßen Sie Ihre Existenz ein. Auch beim Artefakt tun Sie so, als würden Sie das erste Mal davon hören. Ich brauche jede Information darüber, die Sie bekommen können.« Harm sprach besonnen. »Sie wissen, was man sich über mich erzählt?«
»Ja, Sir«, sagte er wieder. »Der
Ubervampyr
ist berüchtigt. Aber es ist mir eine Ehre, Ihnen direkt behilflich sein zu dürfen. Ich tue alles, damit Sie zufrieden mit mir sind.«
Oder bist du ein Heuchler?
Harm ergründete ihn mit Blicken. »Sie haben nicht vor, sich ein kleines Königreich Irland zu schaffen, Smyle?« Er zeigte auf die roten Haare. »Vielleicht, indem Sie so tun, als wären Sie ein Judassohn, damit Ihre Freunde Angst vor Ihnen haben?«
Smyle schüttelte den Kopf. »Nein, Sir. Ich habe einfach nur viele gute Freunde. Sonst hätte ich das Konzert, das ich gebe, nicht erwähnen müssen.«
Das kann viele Gründe haben. Taktik wäre einer davon. Du willst möglicherweise den Anschein erwecken, dass du treu ergeben wärst.
Harm hatte ein Problem. Auf die Schnelle bekam er keinen seiner Vertrauten nach Limerick, die Smyle bewachen konnten; gleichzeitig benötigte er den Vampir, um auf das Artefakt aufzupassen, und konnte ihm dennoch nicht trauen.
Keine Blöße geben.
Also lächelte er und täuschte unendliche Überlegenheit
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