Judassohn
es seine letzte Chance war, die emotionale Bindung Emmas zu vertiefen.
Ich werde sie flachlegen, auch wenn es mir schwerfällt, die Schlampe anzufassen, ohne sie umbringen zu dürfen.
Er war unruhig. Es dauerte ihm viel zu lange, bis er nach Irland zurückkehren könnte. Die Fahrt mit dem Auto kostete ihn mehrere Tage, dazu kam die Reise mit dem U-Boot. Sollten die Götzenanbeter jetzt in Limerick zuschlagen, würde er nichts dagegen tun können. Für eine Verfolgung wäre es ebenfalls zu spät.
Fuck. Nichts läuft, wie es soll. Alles dümpelt vor sich hin, ohne voranzukommen.
Auch die Nachtkelten blieben ein Rätsel. Er hatte nichts über Smyle und die irischen Vampire herausfinden können. Seine Bücher, in denen sich Hinweise befunden hätten, waren im Haus der Dämonendiener durchs Feuer vernichtet worden.
Auch der Polizeibericht über den Brand und die Schießerei gab nichts her. Man hatte den Fall an die nächsthöhere Dienststelleübergeben und ermittelte wegen Terrorverdächtigen. Die Claymore-Minen und Gewehre und die Anzahl von Munition konnten für einen normal denkenden Menschen nur diesen Schluss zu lassen.
Von wegen. Es geht um Belua und Botis.
Harm versuchte, sich an die Begebenheit von Dominic de Marat zu erinnern, der viele Abende mit der Baronin und dem verfluchten Octavius über diese Dinge und das Brechen des Pakts gesprochen hatte.
Es ist … wie verschwommen.
Es klopfte gegen die Glastür.
»Ja?«
Der Eingang öffnete sich, und Emma trat vorsichtig ein. Sie sah das Lokal zum ersten Mal von innen, und ihre erfreute Miene zeigte ihm, dass es ihr gefiel. Kein Wunder. War es doch genau nach ihren Vorgaben entstanden.
»Da bin ich«, sagte sie und ging auf ihn zu; unter dem hellbeigefarbenen Mantel spitzte der Saum eines schwarzen Rocks hervor. »Es sieht wunderbar aus, Alec.« Sie nutzte konsequent den Namen, unter dem er sich vorgestellt hatte. »Hier zu arbeiten wäre ein Traum!«
»Es ist
dein
Traum. Ich habe ihn für dich wahrgemacht«, sagte er sanft. »Latte Macchiato?«
»Gerne.« Emma setzte sich an den Tresen, er stand auf.
»Ich kann dir nichts versprechen. Ich bin kein guter Barista.« Harm stellte zwei Gläser unter den Ausguss und drückte die entsprechenden Knöpfe. »Es hat schon einen Grund, warum ich den Vollautomaten gekauft habe.«
Sie lächelte und wirkte entspannter als das letzte Mal. »Meine Schwester war dagegen, dass ich mich mit dir treffe, Alec.«
Er lachte auf. »Das kann ich mir denken. Ich habe ihre Stimme und ihren tödlichen Blick noch gut in Erinnerung.«
Die Maschine erfüllte ihre Aufgabe schlürfend, fauchend unddampfend. Die Gläser liefen voll Kaffee, Milch und Milchschaum. Die drei Schichten schwebten getrennt voneinander.
»Es war in den letzten Wochen hart für mich, nichts von dir zu hören«, sagte sie und bedankte sich, als er ihr das Getränk hinstellte und für sie einen Keks aus der Dose nahm. Das Gebäck landete auf ihrem Unterteller. »Du hast mir gefehlt. Obwohl ich weiß, wer du in Wirklichkeit bist und was du getan hast. Gefühle lassen sich nicht einfach abschalten.«
Harm hätte am liebsten laut gejubelt, doch er beherrschte sich.
Warte, bis ich dich gefickt habe. Du wirst niemals mehr einen anderen in dir haben wollen als mich. Und ich werde mich beherrschen müssen, dich nicht dabei umzubringen.
»Mir ging es genauso«, sagte er seufzend. »Aber ich habe einfach gewartet und gewartet. Jeden Tag. Sehnsüchtig.«
Sie nippte am Macchiato und wischte sich den Milchschaum von der Oberlippe. »Lecker.«
»War die Maschine«, antwortete er und setzte sich ihr gegenüber. »Also: Wann fängst du an? Die Leipziger warten schon darauf, guten Tee und Kaffee von dir zu bekommen.«
Sie lächelte dankbar. »Deine Art und deine Freundlichkeit machen es mir unmöglich zu glauben, dass du noch eine zweite Identität hast. Als dieser Harm Byrne«, sagte sie und nahm seine Hand. Er ertrug es. »Deswegen nenne ich dich auch nicht so. Für mich bist du Alec.« Sie schluckte und nahm innerlich Anlauf. »Denkst du, du könntest nur Alec sein? Nicht nur für mich? Ich brauche diesen Alec in meinem Leben. Elena wird dich mögen, das weiß ich.«
Er rieb über ihre Hand, küsste sie und betrachtete sie lange.
Täusche Nachdenklichkeit vor. Nichts sagen, tief durchatmen. Schau sie an und sage:
»Was soll mit Harm Byrne geschehen?«
»Das, was wir im Varieté besprochen haben, Alec. Harm Byrnemuss verschwinden. Alles von ihm muss
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