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Judassohn

Titel: Judassohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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sich mehr zu sagen. Ohne Worte, dafür mit Lippen und Berührungen.
    Tanguy hatte einen Einfall. Er nahm Gwenns Hand und gähnte übertrieben laut. »Mesdames et messieurs, Maman«, rief er in die Runde. »Meine Wunden schmerzen. Gwenn und ich sind müde. Wir gehen schon mal vor …«
    Schallendes Gelächter von Gurvan und Pierrick verschluckte seine restlichen Worte, und er errötete. Die wahre Absicht des raschen Rückzugs ließ sich offenbar schwer verbergen. Die übrigen Vertreter der Familien Martin und Guivarch zeigten sich lächelnd und nachsichtig.
    »Von mir aus, geht nur«, sagte Mariette und zwinkerte.
    »Aber wahrt den Anstand bis zu einem gewissen Grad«, fügte Gwenns Vater hinzu, der es liebte, seine Worte mit sehr großen Gesten zu unterstützen, egal über was gesprochen wurde. »Noch seid ihr nicht verheiratet, verstanden?«
    »Aber natürlich. Getrennte Betten, Monsieur«, versprach Tanguy flugs.
Aber nicht sehr weit voneinander.
    »Und nur einen Gutenachtkuss«, fügte seine Gemahlin hinzu, doch der schelmische Ausdruck auf ihrem Gesicht zeigte Tanguy, dass sie es nicht ganz so ernst mit dem Gebot nahm.
    »Wir versprechen es«, sagte Gwenn fröhlich und erhob sich ebenfalls. »Wir sehen uns später.«
    Die Verliebten eilten aus dem
Pour l’âme
hinaus auf die Straße, wo es noch immer laut und lebhaft zuging.
    Kaum waren sie um die erste Biegung verschwunden, drückte Gwenn ihm mitten auf dem Weg einen langen, innigen Kuss auf die Lippen, den er stürmisch erwiderte. Das Verlangen und die Sehnsucht waren zu lange verborgen worden.
    Sie löste sich von ihm, ihre hellgrünen Augen funkelten vor Freude. »Das war aber nicht der Gutenachtkuss«, betonte sie atemlos. »Von
dem
bekommst du nur einen. Und über die anderen schweigen wir.« Lachend nahm sie seine Hand und zog ihn mit sich.
    Ich habe die beste, schönste und liebste Frau der Welt.
    Tanguy folgte ihr. Die Schmerzen blieben wie durch Hexerei verschwunden. Das Glück machte es möglich und bestimmt ein bisschen auch der Wein.
    Sie verließen Guérande und schritten eng umschlungen auf dem Weg nach Westen.
    Es roch nach Meer, nach Blüten und nach Salz. Auf der Straße waren noch andere Nachtschwärmer zu sehen, die ihre Heimreise angetreten hatten. Laternen leuchteten in unterschiedlichen Abständen und machten die Menschen als Schemen sichtbar.
    Gwenn hatte den Kopf in den Nacken gelegt und betrachtete die vielen Sterne weit über ihnen. »Wie schön sie sind.«
    Tanguy zog ihr die Haube vom Kopf, woraufhin sich die langen blonden Haare über ihre Schultern ergossen. Tief atmete er den Duft ein, der sich mit dem des Salzes und der Blumen vermischte. »Kein Vergleich zu dir«, sagte er leise und spürte Ergriffenheit, als sie sich zu ihm drehte und ihm ein überraschtes Lächeln schenkte. Das silbrige Licht betonte die Ebenmäßigkeit ihrer Züge, entrückte sie. Fest sah er in ihre Augen. »Ich liebe dich, Gwenn Martin. Mehr als alles andere auf dieser Welt. Und ich werde nichts zwischen uns kommen lassen. Weder in diesem Leben noch im nächsten.« Er streichelte ihren Hals, fuhr durch die blonden Strähnen. »Das schwöre ich dir im Angesicht aller Sterne, die über uns schimmern.« Tanguy musste schlucken. So pathetisch hatte er überhaupt nicht sein wollen, doch es schien ihm angemessen.
    Gwenn seufzte glücklich und schlang die Arme um seinen Hals, zog ihn zu sich und drückte ihn an sich. So verharrten sie lange und fühlten die Herzschläge des anderen.
    Als ein vorbeilaufender Reisender eine anzügliche Bemerkung machte, trennten sie sich wieder. Die edlen Gefühle sollten nicht beschmutzt werden.
    Sie rannten Hand in Hand die Straße hinab, bis Gwenn Tanguy nach rechts auf einen schmalen Pfad führte. »Hier entlang. Da sind wir schneller.«
    Das dunkle Band schlängelte sich an den letzten, schwarz glitzernden Salzfeldern vorbei auf einen kleinen Wald zu, der Schutz vor neugierigen Blicken versprach. Perfekt für Liebende.
    Ein Blick zeigte ihm: Niemand sonst nutzte diesen Weg.
Wir werden allein sein. Allein mit uns. Das wird spannend! Und aufregend!
    Durch weichen Sand ging es auf die Bäume zu. Immer wieder blieben sie stehen, um sich zu küssen. Voller Feuer und Begehren.Mehr als einmal streichelte er ihre Brüste, und ihre Hand wanderte über seinen Bauch hinab in den Schritt, um seine Erregung zu fühlen.
    »Ich will dich«, flüsterte sie lockend. »Ich will dich so sehr! Schnell, in den Wald!«
    Gwenn eilte los, und er

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