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Judassohn

Titel: Judassohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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rannte ihr nach, in die Ansammlung knorriger Eichen, die dem rauhen Atlantikwind seit vielen Jahren getrotzt hatten. Die Stämme waren dick, die Kronen ragten hoch hinaus. Die Blätter verdeckten die Gestirne und schufen liebliche Halbdunkelheit.
    »Hab ich dich!« Er bekam ihre Hand zu fassen, und sie lachte laut auf. Er sah sie kaum, seine Augen mussten sich an die Finsternis erst gewöhnen. Aber Licht brauchten sie keines.
    Sie schmiegte sich an ihn, öffnete das Hemd und bedeckte seinen Hals mit Küssen. Als er ihr Kleid lockerte und ihre Brüste freilegte, stöhnte sie auf. »Küss sie«, flüsterte sie verlangend. Die Lust machte ihre Stimme rauher.
    Tanguy fuhr mit der Zungenspitze über ihre rechte Brust bis zu ihrer Brustwarze, umschloss sie mit den Lippen und sog daran, während seine andere Hand die linke Brust berührte und sie presste. Gwenn stieß einen leisen Erregungsschrei aus.
    »Was war das?«, hörten sie unweit von sich eine tiefe Männerstimme alarmiert sagen.
    Erschrocken hielten die Liebenden inne.
    Verdammt! Ich habe sie nicht bemerkt.
    Tanguy rauschte das Blut in den Ohren. Die Begierde hatte ihn blind und taub für seine Umgebung gemacht. Dabei standen sie gefährlich dicht am Weg. Leise richtete er sich auf, Gwenns Kleid raschelte. Sie bedeckte ihre Blöße. »Hinter den Baum«, wisperte er und nahm sie an der Hand. Sie schafften es, fast keine Geräusche zu verursachen.
    »Ich habe nichts gehört«, sagte eine zweite, hellere Stimme.
    »Da hat doch ein Weib aufgeheult«, beharrte der andere.
    »Na und? Lass sie doch ficken. Uns geht es nichts an. Weiter!«, befahl der Mann mit der hellen Stimme. »Wir müssen noch mehr verdienen als die mickrigen Livres.«
    Die Reisenden gingen dicht an Gwenn und Tanguy vorüber und waren wie sie ohne Laternen unterwegs. Er zählte sieben Schatten, die Musketen bei sich trugen; das metallische Klirren rührte von Säbeln und Degen her, die sie an den Gürteln befestigt hatten. Man konnte die Bewaffnung im schwachen Licht deutlich er kennen.
    Es brauchte nicht viel, um eins und eins zusammenzuzählen. Tanguy erinnerte sich an die Räuber, die einen Kaufmann bei Saint Nazaire überfallen hatten. Die Stadt war nicht weit entfernt.
    Das Salzfest wird sie angelockt haben.
    Er legte Gwenn seinen Zeigefinger auf die Lippen und gab ihr zu verstehen, dass sie vollkommen ruhig sein musste.
    Sobald sie weg sind, muss ich nach Guérande und die Garde alarmieren.
    Das Klappern der Waffen entfernte sich zunehmend.
    »Wenn ich aber auch ficken will?«, sagte der Mann plötzlich. »Sie ist ja schon gut geschmiert. Da kann ich gleich nachlegen.«
    »Sei leiser!«, wurde er von einer dritten Stimme unterdrückt angeherrscht. »Merkst du nicht, wie weit die Stille deine Worte trägt?«
    »Und wenn schon? Es wird ja wohl kein Regiment Soldaten im Gebüsch liegen und es sich besorgen. Was kann mir von einem Liebespaar schon blühen?« Der Mann mit der dunklen Stimme lachte auf, Äste knackten. Die schweren Schritte näherten sich ihrem Versteck.
    Tanguys Herz schlug noch schneller. Der Mann kehrte zurück.
    »Es muss hier irgendwo gewesen sein …« Er schnupperte laut. »Wo seid ihr?«, flötete er. »Ich kann deine heiße Möse riechen, Liebchen!«
    »Malo, komm jetzt, verflucht! Wegen dir verpassen wir fette Beute«, wurde er harsch zurückbeordert. »Ich habe gesehen, wie ein ganzer Haufen besoffener Weinhändler aufgebrochen ist. Sie müssen bald auf der Straße durchkommen.«
    Tanguy fühlte die Nähe des Räubers.
    Er ist nicht mehr als einen halben Schritt entfernt.
    Er wusste nicht, was er tun sollte. Vernunft und Mannhaftigkeit rangen miteinander. Es war die Einsicht, die ihm sagte, dass er gegen sieben bewaffnete Wegelagerer keine Chance hatte, schon gar nicht mit seinem Messer. Das geschwisterliche Raufen mit Gurvan und Pierrick verlieh ihm nicht die Fähigkeit, sich mit Männern zu messen, die ihren Unterhalt mit Plündern und Morden bestritten.
    Gwenn drückte seine Hand, die Finger zitterten vor Furcht.
    »Malo?«
    Der Räuber antwortete nicht.
    Wo ist er hin?
    Leise zog Tanguy das Messer und hielt sich bereit.
    Plötzlich krachte es laut. Das blitzende Mündungsfeuer der Pistole erhellte die Umgebung, und Gwenn schrie vor Schreck laut auf.
    »Ha! Da sind die Täubchen!« Malo stand rechts von ihnen, zwei Schritte entfernt, und lachte widerlich. Die Dunkelheit kehrte so rasch in den Eichenhain zurück, wie sie gegangen war. Aber der Mann wusste nun, wo sie sich

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