Judassohn
Vermagst
du
es?«
Sie wusste es nicht. Es ging über den Wunsch nach einer Krankheit, wie sie es jedem anhexen konnte, weit hinaus. »Ich …«
Der Comte sah sie gespannt an.
Die Wildheit in den braunen Augen warnte sie davor, zu schnell nein zu sagen. Ein bernsteinfarbener Ring leuchtete um die Pupillen.
Der Tod steht vor der Tür.
Plötzlich wusste sie, wie recht Anjanka mit dieser Warnung gehabt hatte.
Er wird mich töten, wenn ich ablehne.
»Die Geister werden es versuchen.« Sandrine wollte vage bleiben.
»Ich habe es schon
versucht
. Mit ganz anderen Mitteln«, hielt er dagegen. »Aus Verzweiflung komme ich zu dir und verlangenach deinen Kräften, und nicht weil mir danach ist oder ich es lustig finde, meine Todfeinde durch Spukgestalten hetzen zu lassen.« Er knurrte leise. »Ich hetze sehr gerne selbst, Sennerin. Auch dich, wenn du mir nicht gibst, nach was mir verlangt.«
»Gut«, antwortete sie mit belegter Stimme. »Ich tue es für Euch, mon Seigneur.« Sie betrachtete das Gesicht des jungen Mannes. »Was hat er Euch angetan?«
»Das ist nicht von Belang. Los, sprich deinen Zauber! Sein Name ist Tanguy Guivarch.«
Danach würde sie großen Durst haben, das wusste Sandrine. Für die Unversehrtheit des Comte konnte sie nicht bürgen; daher wollte sie, dass er verschwand. »Ich muss dazu alleine sein, mon Seigneur.«
»Woher weiß ich dann, dass du den Fluch auch gesprochen hast?«, hielt er dagegen. »Ich weiche nicht eher, bis ich ihn gehört habe. Nicht nur die Geister vermögen zu zürnen.«
Verflucht!
Sandrine schluckte. »Gut, mon Seigneur. Doch sobald die letzten Worte verklungen sind, müsst Ihr unverzüglich mein Haus verlassen. Ich möchte nicht, dass sich die Geister aus Versehen auf Euch werfen.« Sie sah zu seinen Begleitern, die wie Statuen dunkler Gottheiten am Eingang standen und ihn bewachten.
»Ich wüsste mich zu wehren«, meinte er knapp und wedelte mit der Hand. »Fang an!«
Sie sah noch einmal zum schwarzen Falter auf dem Dachbalken und schloss die Lider. »Ihr Geister des Gévaudan …«
»Lass den Unfug, wenn du ihn nicht brauchst, Sennerin. Sprich den Fluch.«
Sandrine fühlte sich ertappt. Der Comte würde sich nicht durch ihre übliche Inszenierung täuschen lassen. »Tanguy Guivarch«, sagte sie mit dunkler Stimme und sammelte ihre Konzentration, um den schlimmsten Fluch zu sprechen, den sie jeüber jemanden geworfen hatte. Schlimmer als Krankheit und Sterben. »Seiest du tot oder lebendig, du entkommst deiner Strafe nicht! Nimm das Unglück, das ich dir sende! Nimm es und vergehe daran, zerbrich daran und empfinde niemals mehr Trost in diesem und im nächsten Leben!«, rief sie und sah sein freundliches Gesicht vor sich. In ihren Schläfen wurde es heiß, ihr Blut schien sich zu erhitzen und das Hirn zu kochen. Auch wenn die Schmerzen sich von Herzschlag zu Herzschlag steigerten, fuhr sie fort. »Tanguy Guivarch: Ich verfluche dich bis in die Ewigkeit! Wo immer du bist, lehnt Not und Unglück an deiner Schulter. Und wenn du Trost empfängst, soll er dir mit doppeltem Leid wieder genommen werden.«
Sandrine rann bei dem, was sie sprach, ein Schauder über den Rücken. Sie hatte das Leben eines Menschen gründlich ruiniert – vorausgesetzt, sie verfügte wirklich über diese große Macht. Ihr Kopf pochte, ihr war immer noch heiß. Schwindel packte sie. Das Zimmer umkreiste sie, und sie musste die Lider schließen, sonst hätte sie sich übergeben.
Ich wüsste zu gern, ob ich diesen Guivarch damit erreicht habe
.
Sie verharrte einen Moment, bis sie die Übelkeit überwunden hatte, und blickte den Comte an. »Es ist getan, mon Seigneur.«
Er sah ihr in die Augen. Die Wildheit nahm zu, als stünde sie vor einem zerstörerischen Ausbruch, dem nichts widerstehen würde. Der Ledermantel knirschte leise und überall, ohne dass er sich selbst bewegte. Sein Geruch veränderte sich, er verströmte etwas Animalisches und allerhöchste Gefahr. Das Gesicht verfinsterte sich, und es schien insgesamt dunkler in der Hütte zu werden. Das Knirschen wurde lauter. Mit einem deutlich vernehmbaren Geräusch platzte eine Naht.
Was ist mit ihm?
Sandrine legte die Hände flach auf den Tisch, um ihn mitdieser Geste zu beruhigen und zu zeigen, dass von ihr keinerlei Bedrohung ausging. Gleichzeitig machte sie ihr aufkeimender Durst ungeduldig.
Keine gute Konstellation.
»Mon Seigneur?«
Der junge Mann schien in schrecklichen Gedanken versunken und nahm den bedrohlichen Blick nicht
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