Judastöchter
leuchtete, als würde er den drei anderen antworten wollen.
Das erklärt die Legende von den leuchtenden Feenhügeln. Und warum keiner jemals hinausgelangte.
Sia rannte los, schneller als jeder Mensch, und ließ den Slieve Anierin bald hinter sich. Sie fand ihren Dacia unangetastet auf dem abseits gelegenen Park&Ride-Platz neben der Straße und stieg ein, ließ den Motor an und fuhr gemächlich los. Niemand sollte Verdacht schöpfen, und sie reihte sich artig in den dünnen Verkehr ein, der ihr Deckung gab.
Zu ihrer Rechten stachen die Lichtlanzen durch die Finsternis, beleuchteten grünes Gras.
Ihr werdet nichts finden.
Sie schauderte, als ihr kalte Wassertropfen den Rücken hinabrannen. Schnell drehte sie die Heizung hoch und genoss die warme Luft, die ihr aus den Düsen entgegenblies.
Elena und Emma leben noch!
Sia erlaubte sich ein wenig Erleichterung, begriff aber auch, dass sie einen Plan benötigte, um schnell von Irland herunterzukommen – oder zumindest die Sídhe und ihre menschlichen Anhänger so lange aufzuhalten, bis Mutter und Tochter in Sicherheit waren. Sie selbst brauchte wiederum ein zweites U-Boot. Das alte hatte sie persönlich demoliert und unbrauchbar gemacht.
Ich muss es mit Eric besprechen. Wir sollten uns eine hochrangige Geisel von den Sídhe nehmen. Vielleicht haben sie auch so etwas wie einen Ard Rí.
Wie es aussah, standen auf ihrem Stundenplan einmal mehr irische Sagen und Legenden.
Sia hatte eine Idee.
Eric wird sich einen Sídhe vornehmen müssen, um ihn zu verhören, und anschließend offen bekennen, dass er nun auch Vampire jagt, um von mir abzulenken. Das wird keine leichte Sache.
Damit müsste er an zwei Fronten kämpfen.
Kann er überhaupt gegen Wandler und Vampire bestehen?
Zwar trug er Dämonisches in sich, doch noch wusste sie nicht genau, wie seine Kräfte aussahen.
Das Handy klingelte, die Nummer war eine irische.
Sia nahm das Gespräch an. »Ja?«
»Hier ist Eric. Der Bärenwandler ist hinüber«, sagte er mit seiner markanten, männlichen Stimme. »Komm nach Coleraine. Ich weiß, wo wir den Ard Rí finden.«
Sia überlief wieder ein Schauder – aus mehreren Gründen.
* * *
7. Februar, Großbritannien, Nordirland,
Coleraine, 22.19 Uhr
Eric saß neben Sia im Touareg, den sie in einer Seitenstraße gegenüber dem Hotel geparkt hatten.
In aller Ruhe hatten sie Waffen fertiggemacht, mehrfach geprüft und an sich verstaut. Die Munition reichte aus, um eine kleine Armee zu vernichten.
Wie bei
Matrix,
als sie die Wachleute erledigt haben,
dachte er.
Fünf Stockwerke plus ein kleineres.
Er sah an der Fassade nach oben, zum sechsten Geschoss, dessen Fenster erleuchtet, die Vorhänge jedoch zugezogen waren. Der Lift würde sie nur bis in den fünften bringen, das war klar.
Aber Plastiksprengstoff wird uns alle Hindernisse aus dem Weg blasen.
Eric dachte sogar darüber nach, sich einfach senkrecht vom Fünften in den Sechsten zu sprengen. Ohne das Zeug wäre er wesentlich unzuversichtlicher gewesen, was den Erfolg der Mission anbelangte.
Sia gab ihm ein Zeichen, nichts zu sagen. Sie redete mit einem Sídhe und erstattete Bericht, als ob sie den Bärenwandler erledigt hätte. Das gab wenigstens den Anschein eines Alibis; dabei schaltete sie auf Lautsprecher. »Sie können hinfahren und sich umschauen, wie abgemacht, falls die Wasserwerke nicht schon dort waren.«
»Sehr gut, Miss Sarkowitz«, sagte der Vampir, klang aber nicht zufrieden. »Was machen Sie gerade?«
»Was ist los? Trauen Sie mir nicht?«
Der Sídhe zögerte. »Ein Einbruch in eines unserer Heiligtümer, und … nun ja. Es gibt manche in unseren Reihen, die glauben, dass Sie dahinterstecken.«
»Denken Sie, ich bin so bescheuert und setze das Leben meiner Familie aufs Spiel?« Sia gab sich Mühe, entrüstet und nicht ertappt zu klingen. Eric hätte es ihr geglaubt. »Sie sitzen am längeren Hebel. Wann soll das gewesen sein?«
»Ziemlich genau zu dem Zeitpunkt, als Sie den Bärenwandler ausgeschaltet haben.« Der Sídhe hörte sich an, als sei er in seiner Meinung bestätigt worden. »Sie haben recht. Sie wären nicht so töricht, Emma und Elena dem Tod preiszugeben, indem Sie versuchen würden, sie zu finden und zu befreien, anstatt sich an unser Abkommen zu halten. Denn wenn
Sie
wortbrüchig werden, sind
wir
nicht mehr gebunden. Geben und nehmen.«
Sia musste schlucken, wie Eric sah, und er konnte den Blick nicht von ihrem schlanken Gesicht wenden.
Wie sie wohl schmecken wird? Eine Kreatur,
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