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Judastöchter

Titel: Judastöchter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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die sich jahrhundertelang von Menschenblut ernährt hat, muss ein ganz besonderes Aroma haben.
    »Nein, so töricht wäre ich nicht«, erwiderte sie beherrscht. »Ich stehe vor dem Aufenthaltsort des Ard Rí.«
    »Sie … haben ihn schon herausgefunden?«
    Eric musste grinsen.
Da verliert ein Vamp gerade die Fassung. Damit hat er nicht gerechnet.
    »Wenn ich mit ihm fertig bin, möchte ich mit Elena UND Emma sprechen, verstanden?« Sia klang wieder bestimmender. Ihr Alibi und ihre Lügen hatten gehalten.
    »Aber natürlich«, beeilte sich der Sídhe. »Sie sollten alles an Unterlagen mitbringen, die Sie …«
    »Ich beseitige ihn, obwohl das nicht Teil unserer ursprünglichen Abmachung war«, fuhr sie ihm schneidend dazwischen. »Ich kann den Spieß auch umkehren, Sídhe: Brechen Sie IHR Wort, komme ich über Sie und Ihresgleichen, wie Sie noch keine Macht auf dieser Welt erlebt haben! Das dürfte Ihnen klar sein.« Sie legte auf.
    »Gute Show.« Eric räusperte sich. »Das hier«, er zeigte auf das Hotel, »wird hart. Wir haben keine Baupläne, keine Ahnung von den Sicherheitsleuten und -vorkehrungen, und wir wissen auch nicht, wie der Ard Rí aussieht.«
    »Abgesehen von seiner Narbe, die von der Stirn senkrecht bis zum Halsansatz führt«, fügte sie hinzu. »So viele Männer mit solchen Malen wird es da oben nicht geben.«
    Wie sie riecht!
Eric sog die Luft tief ein, um mehr von ihrem Geruch einatmen zu können. Der Innenraum des Touareg sorgte dafür, dass sich ihr Duft hielt und intensivierte. Selten hatte er etwas derart Anregendes gerochen. »Denk dran: Er scheint wie de Cao gegen Silber immun zu sein. Wir sprengen ihn entweder weg oder zerlegen seinen Kopf, damit er Geschichte wird. Das Gleiche gilt für die Schlangenwandlerin.« Er ärgerte sich, keine Zeit gehabt zu haben, um sich eine goldene Waffe zu besorgen. Es hatte alles schnell gehen müssen.
    Sia nickte. »Wir haben keinen Plan.«
    »Doch. Der Plan ist: schnell rein, den Ard Rí umbringen und wieder raus. Das klappt fast immer. Am besten mit seinem Kopf, den wir den Sídhe zeigen.« Eric dachte an die lange Liste mit weiteren Wandlern, die sie noch abarbeiten sollten. Eigentlich. Doch Sia hatte ihm vorhin eröffnet, dass sie dicht an Emma und Elena dran gewesen war.
Wir könnten sie suchen und befreien.
»Danach kümmern wir uns um einen Fluchtplan. Der Tod des Großkönigs wird die Bestien in Aufruhr versetzen. Mit Glück machen sie sich gegenseitig fertig.«
    Sia schwieg. »Wir lösen etwas aus, dessen Folgen wir nicht abschätzen können«, sagte sie leise. »Wir müssen von dieser scheiß Insel.
Mit
meiner Familie.« Ihre grauen Augen richteten sich auf ihn, der Blick war bittend. »Ich gestehe, dass ich mich mehr auf dich verlassen muss, als es mir lieb ist. Ich dachte, ich könnte das alles alleine stemmen, so wie ich in der Vergangenheit alles alleine erreicht habe.« Sie seufzte und legte eine Hand aufs Lenkrad. »Es ist kein schönes Gefühl«, setzte sie hinzu.
    »Abhängig von jemandem zu sein?«
    »Ja. Das Wissen, es nicht aus eigener Kraft zu schaffen …« Sie suchte nach Worten. »Eine Mischung aus Erniedrigung und … Unvermögen. Jetzt, wo ich so vieles beherrsche, meine Fertigkeiten nach Belieben steuere, muss ich anderen gehorchen und brauche die Rückendeckung eines Unbekannten. Das ist so …« Sie stöhnte.
    »Na ja«, sagte er schwach lächelnd. »Wir haben uns schon mal das Leben gerettet.«
    Sia zog die Nase hoch. »Du verstehst mich nicht.«
    »Doch. Sehr gut sogar.« Eric hob die Rechte und streckte sie aus, berührte Sias Wange. Die Finger glitten sanft, beruhigend über die weiche warme Haut. »Du kannst meine Hilfe annehmen. Ich tue es für deine Familie. Hey, und ich kann Bestien abknallen! Was will man mehr?« Seine Hand umfasste zärtlich ihre linke Gesichtshälfte.
Gott, wie verführerisch!
    Ihr Ausdruck veränderte sich, wurde dankbar und aufmerksam. »
Was
willst DU mehr, Eric?«, raunte sie. »Ich habe die Sehnsucht in deinem Blick bemerkt, mit der du mich manchmal angesehen hast.« Sia lächelte behutsam. »Was ist mit deiner Frau?«
    Ist das ein Test?
Er zog langsam seine Finger zurück.
Ich wollte mir mein Verlangen nicht anmerken lassen.
Eric schwankte zwischen Lüge und Geständnis – aber nicht in diesem Augenblick.
Nicht vor dem Einsatz. Das würde alles verkomplizieren.
»Darüber reden wir gleich. Gehen wir raus und reißen dem Ard Rí den Kopf vom Hals, damit wir ihn den Vamps zeigen können.«

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