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Judastöchter

Titel: Judastöchter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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vier Meter über ihr erhob. Ansatzweise erkannte sie die Bauweise eines Tonnengewölbes, die Bemalungen waren von der Feuchtigkeit zerstört worden.
    Sia ging weiter, trat durch einen halbrunden Bogen und befand sich in einer Halle, deren Boden mit Knochen übersät war. Es roch nicht vermodert und nicht faulend; die obersten Knochen brachen trocken knackend unter ihren Sohlen.
    Friedhof oder Opferstatt?
Sie bückte sich und untersuchte die Überbleibsel. Schnittspuren an den Knochen bewiesen, dass die Menschen nicht eines natürlichen Todes gestorben waren. Sie fand außerdem zerschmetterte und angebrochene Schädel, aber auch Kleidungsreste. Diese Funde machten deutlich, dass die Toten bereits viele Jahrhunderte unter dem Sliabh-an-Iarainn lagen.
    Sie fühlte Aufregung, weil sie an einem sehr geheimen und vermutlich einst heiligen Ort der Vampire unterwegs war. Wann der letzte Mensch oder Blutsauger in diesen Räumen gewesen war, das konnte sie nicht einschätzen.
    Sind das die Duanna oder die Leichen ihrer Opfer?
Sia tippte auf Opfer. Die eigenen Leute würden die Vampire eher stilvoll beerdigen.
    Sie richtete sich auf, schritt über die Gebeine zu einem halb eingebrochenen Durchgang, vor dem die Überreste eines beschlagenen Tors lagen.
    Sia kam sich vor wie eine Action-Archäologin, wie eine Heldin in einem Verschwörungsfilm.
Bitte lass mich keine Hinweise auf den Vatikan finden, sonst driftet es in ein Klischee ab …
    Dahinter öffnete sich eine weitere Halle, dieses Mal erkennbar mit Überresten von mittelalterlichen Einrichtungsgegenständen versehen.
    Sia erkannte rudimentäre Tische und Sessel, vom Wasser zerstörte Wandmalereien und Morast auf dem Boden.
Grundwasser oder durchsickernder Regen? Kaninchen wohl eher.
    Wegen ihrer Nacktheit, bedingt durch die Windgestalt, hatte Sia ihre Kamera nicht dabei. Das wenige, was sie noch an den Wänden erkennen konnte, erinnerte an die Symbole, die sie als Tätowierungen auf den Armen der Toten im Hotel erkannt hatte.
    Aber was bringt mir das?
Sia setzte ihren Weg fort.
    Am anderen Ende führte ein weiterer Gang aus der Halle. Die Kaninchenlöcher sorgten nach wie vor für das notwendige Licht, auch wenn es stetig schlechter wurde. Lange durfte sie nicht unten im Berg verweilen, sonst würde sie nicht mal mehr einen Tunnel nach oben finden und müsste auf den nächsten Abend warten.
Diesen Zeitverlust könnte ich mir nicht erlauben.
    Der Korridor, durch den sie sich vorwärtstastete, lag komplett im Dunkeln. Die Vorstellung, unvermutet ins Leere zu treten, ängstigte Sia nicht besonders. Die Windgestalt schützte sie vor solcherlei Unfällen, der Übergang von festem zu durchschimmerndem Leib geschah – wann immer es sein musste – innerhalb einer Sekunde.
    Sia hatte den Eindruck, über ein leichtes Gefälle nach unten zu gehen, hinab in den Hügel. Der Boden unter ihren bloßen Füßen wurde zunehmend fester, Kies knirschte. Das bedeutete entweder, sie folgte einem alten Bachbett, was ihr sofort Unbehagen bereitete, oder jemand hatte den Kies aufgeschüttet.
Eine neuere Arbeit.
    Endlich erreichte sie eine Tür.
    Beim ersten Abtasten fand Sia, dass sie sich kalt anfühlte. Kalt und metallisch.
Auch neu.
Sia suchte mit den Fingern nach einem Schloss und fand es. Vom Gefühl her handelte es sich um einen modernen Sicherheitszylinder.
    Wer braucht schon einen Schlüssel?
Sie drückte mit ihrer übermenschlichen Körperkraft gegen die Tür, bis sie ein leises Ächzen vernahm, doch der Widerstand war enorm.
Die sanfte Methode kann ich vergessen.
Mit viel Wucht trat sie mehrmals dagegen, bis die Haltebolzen aus dem Metall flogen und der Eingang aufschwang.
    Sia hielt sich angriffsbereit – und blickte in einen verlassenen Raum, in dem sich zwei Liegen befanden, dazu Stühle, ein Tisch, ein kleines Schränkchen und eine Miniaturküche mit zwei schmalen Herdplatten; rechts führte eine weitere Tür hinaus.
    Ein Aufenthaltsraum! S
ie nahm die Windgestalt an und huschte vorsichtig hinein. Neben dem Durchgang in den Berg, aus dem sie kam, war ein elektronisches
     Zahlenschloss in den Rahmen eingelassen worden. Auf der Anzeige blinkte nun ERROR . Der Lärm, den sie veranstaltet hatte, schien nicht bemerkt worden zu sein.
    Wer hat sich in diesem Zimmer herumgetrieben?
Sia sah sich weiter um und erkannte die Videokamera in der linken oberen Ecke. Das Übertragungslämpchen leuchtete grün. Vermutlich hatte sie die Windgestalt vor einer Entdeckung bewahrt, aber irgendwo war

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