Judith McNaught
ergriff Sheridans Hände.
Mit einem übertriebenen Schaudern fügte sie hinzu: »Uberlaß das lieber
Stephen.«
Sheridans Lächeln verblaßte ein
wenig. »Wissen Ihre Ehemänner über all das Bescheid?«
Alle drei Frauen nickten, und es
berührte Sheridan sehr zu wissen, daß auch die Ehemänner ihr Glück wünschten.
Die Aufgabe, die vor ihr lag,
beängstigte sie. Es zerriß ihr das Herz, daran zu denken, daß Stephen
offensichtlich genug für sie empfunden hatte, um stundenlang mit dem Priester
auf sie zu warten, nachdem sie weggelaufen war. Sherry hatte sich noch nie in
ihrem ganzen Leben glücklicher gefühlt.
Fünfzigstes Kapitel
Sheridan, Alexandra und Victoria hatten das
Wohnzimmer verlassen, und die drei verbleibenden Frauen reagierten mit Unruhe
und Anspannung, als sie eine Stunde später das Geräusch einer ankommenden
Kutsche hörten – trotz ihrer angestrengten Bemühungen, normal und
zuversichtlich zu erscheinen. »Das muß Stephen sein«, sagte die Herzoginwitwe und stellte ihre Teetasse mit
einer so nervösen Heftigkeit ab, daß die unbezahlbare Sèvrestasse einen Sprung
bekam und ihren Inhalt auf den Unterteller ergoß. Den ganzen Morgen über waren
Gäste zu dem Geburtstagsfest eingetroffen, einschließlich der Familie
Skeffington, aber Stephen war nicht aufgetaucht, und langsam dämmerte es allen,
daß er entweder aufgehalten worden war oder an diesem Tag gar nicht mehr
erscheinen würde. »Wenn er keinen Unfall hatte oder von Straßenräubern
überfallen wurde«, fuhr sie gereizt fort, »könnte es sehr wohl sein, daQ ich
ihm selbst etwas antue! Meine Nerven machen das nicht länger mit. Ich bin
wahrhaftig zu alt, um eine solche Spannung zu ertragen!«
Da sie nicht warten konnte, bis der
Butler die Neuankömmlinge ankündigte, war Whitney bereits ans Fenster geeilt,
um einen Blick hinaus zu werfen.
»Ist er es, Liebes?«
»Ja ... O nein!« stöhnte ihre
Schwiegertochter auf. Mit einem entsetzten Gesichtsausdruck drehte sie sich um
und lehnte sich an die Vorhänge.
»Ist er es jetzt, ja oder nein?«
fragte Miss Charity.
»Ja, es ist Stephen.«
»Das ist gut.«
»Mit Monica Fitzwaring.«
»Das ist schlecht«, erwiderte die
Herzoginwitwe und reichte ihren dreijährigen Enkel an Charity weiter, die ihn
in die Arme nahm. Sie war ohne jede Notwendigkeit in den Plan eingeweiht
worden, weil sie und Noel sich so liebgewonnen hatten. Whitney hatte es nicht
übers Herz gebracht, die ältere Dame an seinem Geburtstag wegzuschicken, sie
hätte es jedoch auch nicht zulassen können, daß Charity dablieb, ohne vor
Sheridans Ankunft gewarnt und in die Gründe dafür und den Plan eingeweiht zu
werden.
»Er hat auch Georgette Porter
mitgebracht.«
»Das ist ja noch schlimmer«, meinte
die Herzoginwitwe düster.
»Ich finde das sehr nett«, rief Miss
Charity aus und strahlte Lord Noel Westmoreland an, während die beiden anderen
ihr ungläubige Blicke zuwarfen. Sie ergriff die Handgelenke des Kindes und
schlug die Patschhändchen zusammen, wodurch sie ihn zum Lachen brachte. Dann
blickte sie die beiden Herzoginnen an und stellte fest, daß sie sie immer noch
ansahen, als ob sie irre geworden sei. »Eine Frau würde seine Zeit in Anspruch
nehmen«, erklärte sie fröhlich. »Zwei Frauen jedoch nehmen sich gegenseitig in
Anspruch und lassen ihm so genug Zeit für unsere Sheridan.«
»Leider können Monica und Georgette
einander nicht ausstehen.«
Das schien für Miss Charity kein
Hindernis. »Um sich Langfords gute Meinung zu sichern, werden sie sich die
ganze Zeit damit beschäftigen, die andere in Liebenswürdigkeit zu übertreffen.
Oder vielleicht«, fügte sie stirnrunzelnd hinzu, »tun sie sich auch zusammen
und wenden sich in all ihrer Boshaftigkeit gegen unsere arme Sherry, falls
Langford ihr Aufmerksamkeit schenkt.«
Überhaupt nicht erfreut über diese
zweite Möglichkeit blickte Whitney ihre Schwiegermutter an. »Was sollen wir
bloß tun?«
Charity wollte jedoch keineswegs
wieder in den Hintergrund treten, deshalb schlug sie munter vor: »Wir sollten
den lieben Monsieur DuVille einladen, um die Anzahl wieder auszugleichen.«
Die Nerven der Herzoginwitwe waren
zum Zerreißen gespannt, deshalb wandte sie sich in ihrem Sessel um und musterte
Miss Charity finster. »Das ist ja wohl eine vollkommen absurde Idee! Sie wissen
doch ganz genau, daß Stephen uns seit dem Tag, an dem Sherry verschwand, sogar
verbot, seinen Namen zu erwähnen.«
Aus Angst vor einem plötzlichen
Stimmungsumschwung
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