Judith McNaught
schuldbewußt auf seine Hemdbrust,
»konnte ich das ziemlich gut verbergen, als mein Gedächtnis noch
funktionierte.«
Als er nicht antwortete, starrte
Sheridan auf die winzigen Rubinknöpfe auf seiner schneeweißen Hemdbrust. Sie
genoß es, von einem starken Männerarm umfaßt zu werden, und doch hatte sie das
verschwommene Gefühl, daß sie nicht ganz richtig handelte. Sie konzentrierte
sich auf das Gefühl, versuchte, es deutlicher werden zu lassen und ihm Gestalt
zu geben, aber nichts geschah. Offenbar war es genauso unzuverlässig wie ihre
Reaktionen auf ihren Verlobten. In der einen Minute haßte sie ihr Kleid, ihren
Verlobten und ihren Gedächtnisverlust und sehnte sich danach, alles auf einmal
loszuwerden, und dann wieder konnte er alles ändern, mit einem warmen Lächeln,
einem bewundernden Blick oder ... einem Kuß. Mit einem einzigen Lächeln
schenkte er ihr das Gefühl, ihr Kleid sei für eine Prinzessin gemacht, sie sei
wunderschön und ihr Gedächtnisverlust schlicht großartig. Sie verstand das
alles nicht, vor allem nicht, daß es flüchtige Momente gab, an denen sie sich
an gar nichts erinnern wollte. Und, lieber Himmel, wie er sie küßte! Ihr
ganzer Körper schien dabei zu schmelzen und zu brennen, und sie liebte diese
Empfindung, obwohl sie sich zugleich dabei unbehaglich, schuldbewußt und
unsicher fühlte. Um ihm all das zu erklären und vielleicht sogar seinen Rat zu
erbitten, holte Sheridan zitternd Luft und gestand seiner Hemdbrust: »Ich weiß
nicht, was für eine Person Sie in mir sehen, aber anscheinend besitze ich ...
ziemlich viel Temperament. Man könnte sogar sagen, ich habe einen ... einen
völlig unberechenbaren Charakter.«
Stephen war so bezaubert von ihrer
Aufrichtigkeit, daß er ihr Kinn hochhob und sie zwang, ihn anzusehen. »Das habe
ich gemerkt«, sagte er rauh.
Ihre ausdrucksvollen Augen suchten
seine. »Und das stört Sie nicht?«
Es gab einiges, das Stephen in
diesem Moment »störte«, aber ihr Temperament gehörte sicher nicht dazu. Er
spürte ihre vollen Brüste, ihr Haar streichelte seine Hand, die auf ihrem
Rücken lag, und sie hatte weiche, volle Lippen, die zum Küssen einluden. Der
Name »Sherry« paßte perfekt zu ihr. Sie brachte Gefahr und machte süchtig. Sie
war nicht seine Verlobte und nicht seine Geliebte, sie verdiente seinen Respekt
und seinen Schutz, nicht sein Verlangen. Vom Verstand her wußte er das, aber
sein Gehirn schien hypnotisiert von ihrem Lächeln und ihrer Stimme, und seinen
Körper beherrschte eine Erregung, die beinahe schmerzte. Entweder begriff sie nicht,
woher seine Steifheit kam, oder sie hatte sie nicht bemerkt. Vielleicht
kümmerte sie sich gar nicht weiter darum – wie auch immer: Er war mit dem
Ergebnis zufrieden. »Sie 'stören' mich sehr«, sagte er.
»Inwiefern ... «, setzte Sherry an,
doch dann sah sie, wie sein Blick auf ihren Mund fiel. Ihr Herz raste.
»Das werde ich Ihnen zeigen«,
murmelte er heiser, und seine Lippen senkten sich mit heftiger Zärtlichkeit auf
die ihren.
Er küßte sie langsam, und dieses Mal
drängte er sie, mitzumachen und sich nicht nur zu ergeben. Sherry spürte die
leise Aufforderung. Mit der einen Hand streichelte er sanft ihren Nacken,
während er mit der anderen in einer endlosen Liebkosung ihren Rücken hinauf-
und hinunterstrich. Seine geöffneten Lippen drängten die ihren, sich ebenfalls
zu öffnen, und unsicher gab Sheridan nach. Sie paßte sich den streichelnden
Bewegungen seiner Lippen an und erforschte mit der Zunge deren warme Konturen.
Seine Hand drückte sich fester an ihren Rücken.
Sheridan stellte sich auf die Zehenspitzen,
ließ ihre Hände über seine harten Brustmuskeln und seine Schultern gleiten und
preßte sich enger an ihn ... und plötzlich hielten seine Arme sie wie in
Eisenklammern und sein Kuß wurde hart und fordernd. Seine Zunge liebkoste die
ihre und drang noch tiefer in ihren Mund ein. Durch Sheridans Körper rannen
Schauer wilder Lust. Sie preßte sich enger an ihn und erwiderte seine Küsse.
Seine Hände glitten hoch zu ihren Brüsten und begannen sie zu liebkosen.
Instinktiv löste Sheridan sich von
seinem Mund und schüttelte fast panisch den Kopf, obwohl ein Teil von ihr verzweifelt
wünschte, er möge sie weiterküssen.
Stephen lockerte widerstrebend
seinen Griff und ließ die Arme fallen. Mit einer Mischung aus Unglauben und
Erheiterung blickte er auf die unendlich schöne junge Frau hinunter, die
seine Sinne und seinen Verstand benebelt hatte. Ihr
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