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Judith McNaught

Judith McNaught

Titel: Judith McNaught Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Legenden der Liebe
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anderer abhängig machen sollte«, sagte sie
stirnrunzelnd.
    Das waren gleich drei Treffer auf
einmal, und Stephen schwankte zwischen Lachen, Mitleid und Ärger. Ob sie es nun
merkte oder nicht, Charise Lancaster fragte ihn aus und beurteilte seine
Qualitäten als zukünftiger Ehemann sowie als Vater ihrer Kinder – beides
Rollen, die er nicht zu übernehmen gedachte. Und das war gut so, weil er in
ihrer Achtung nicht sehr hoch zu stehen schien, und weil zudem ihr
Desinteresse an der Meinung anderer sie sicher innerhalb einer Woche aus der
feinen Gesellschaft herauskatapultieren würde, falls sie dort überhaupt jemals
Aufnahme finden sollte. Stephen hatte sich nie um die Meinung anderer
gekümmert, aber er war ein Mann, keine Frau, und sein Reichtum und sein
illustrer Name gaben ihm das Recht, ungestraft das zu tun, was ihm beliebte.
Leider würden die gleichen aufrechten Gesellschaftsmatronen, die ihn nur zu
gerne als Ehemann einer ihrer Töchter sähen und dafür bereit waren, seine
Laster und Ausschweifungen zu übersehen, Charise Lancaster auf der Stelle für
das kleinste soziale Vergehen an den Pranger stellen – ganz zu schweigen von
einem größeren Vergehen, wie etwa alleine mit ihm zu Abend zu essen, was sie
gerade tat.
    »Finden Sie, daß man sein eigenes
Handeln von der Meinung anderer Menschen abhängig machen sollte?« wiederholte
sie.
    »Nein, absolut nicht«, erwiderte er
ernsthaft.
    »Es freut mich, das zu hören.«
    »Das habe ich befürchtet«, sagte
Stephen und unterdrückte ein Grinsen.
    Seine gute Laune hielt während des
ganzen Essens und auch danach im Salon an. Als es jedoch Zeit wurde, ihr gute
Nacht zu wünschen, stellte er fest, daß er sich höchstens trauen durfte, ihr
einen brüderlichen Kuß auf die Wange zu drücken.

Siebzehntes Kapitel

    »Was auch immer Sie getan haben, es hat
zweifellos Wunder gewirkt«, verkündete Hugh Whitticomb früh am nächsten Abend.
Er hatte den Kopf in den Salon gesteckt, wo Stephen auf das gemeinsame
Abendessen mit Sheridan wartete.
    »Es geht ihr also gut?« erwiderte
Stephen erfreut und erleichtert darüber, daß seine leidenschaftliche und
willige »Verlobte« wegen der Freiheiten, die er sich gestern abend
herausgenommen hatte, keinen Anfall jungfräulichen Schuldbewußtsein erlitten
und Whitticomb alles gestanden hatte. Stephen war den ganzen Tag beschäftigt
gewesen, zuerst mit einem seiner Verwalter und dann mit dem Architekten, der
einen seiner Landsitze renovieren sollte, und hatte sie deshalb nicht zu
Gesicht bekommen. Allerdings hatten die Dienstboten ihn über Sherrys Tun in dem
großen Stadthaus auf dem laufenden gehalten und ihm berichtet, sie sei guter
Dinge. Nun erwartete er einen äußerst angenehmen Abend, zuerst mit Sheridan und
später mit Helene. Auf welchen Teil des Abends er sich mehr freute, konnte er
jetzt noch nicht sagen, aber das kümmerte ihn nicht.
    »Es geht ihr sogar ausgezeichnet«,
bemerkte der Arzt. »Ich würde sagen, glänzend. Sie trug mir auf, Ihnen zu
sagen, sie käme gleich hinunter.«
    Stephens Vorfreude auf den Abend
wurde etwas beeinträchtigt durch die Tatsache, daß der Arzt nun uneingeladen –
und unerwünscht – ins Zimmer trat und Stephen mit offenkundigem Interesse
musterte, was bei einem so genauen Beobachter wie ihm äußerst störend wirkte.
»Was haben Sie getan, um eine so wundersame Veränderung herbeizuführen?«
    »Genau das, was Sie vorgeschlagen
haben«, erwiderte Stephen sanft und ging zu dem Kaminsims, auf dem er sein
Glas abgestellt hatte. »Ich gab ihr das Gefühl ... nun ... sicher und beschützt
zu sein.«
    »Könnten Sie sich vielleicht etwas
deutlicher ausdrücken? Meine Kollegen – die ich wegen Miss Lancasters Amnesie
konsultiert habe – wären an Ihrer Behandlungsmethode sicher sehr interessiert.
Sie wirkt erstaunlich gut.«
    Statt einer Antwort stützte Stephen
sich mit dem Ellenbogen auf das Kaminsims und blickte den hartnäckigen Arzt
mit spöttisch hochgezogenen Augenbrauen an. »Ich möchte Sie nicht von Ihren
Terminen abhalten«, bemerkte er trocken.
    Der deutliche Hinweis, daß er gehen
solle, führte Hugh Whitticomb zu der Schlußfolgerung, daß Stephen den Abend
gern allein mit ihr verbringen wollte. Entweder das, oder er wollte einfach nur
keinen Zeugen bei dem Verwirrspiel haben, das er als ihr liebender Verlobter
spielen mußte. Da er insgeheim auf das erstere hoffte, sagte er freundlich:
»Zufällig bin ich heute abend frei. Vielleicht könnte ich mit Ihnen

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