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Judith McNaught

Judith McNaught

Titel: Judith McNaught Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Legenden der Liebe
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plötzlich
vor, wie ihr leuchtendes Haar sich über seine Brust ergoß, aber er schüttelte
den Gedanken rasch wieder ab. Sie brach das Schweigen als erste: »Haben Sie
mich genug angestarrt?«
    »Eigentlich
habe ich Sie bewundert.«
    Sheridan
hatte sich beim Herunterkommen auf eine Konfrontation vorbereitet, und
eigentlich sehnte sie sich sogar danach. Einen ersten Rückschlag hatte sie
jedoch bereits erlitten, als er sie mit diesem äußerst schmeichelhaften Blick
in seinen kühnen blauen Augen ansah; als zweiter folgte sein lächelndes
Kompliment. Sie rief sich ins Gedächtnis, daß er ein kaltherziges, diktatorisches
Ungeheuer war, mit dem sie sich niemals verheiraten würde, ganz gleich, wie er
sie ansah oder wie süß er mit ihr redete, deshalb sagte sie: »Ich nehme an, Sie
hatten einen Grund, mich zu sich zu bitten, Euer Gnaden?«
    Zu ihrer Überraschung reagierte er
nicht auf ihren Ton. Eigentlich sah er sogar äußerst erheitert aus, als er mit
einer leichten Verbeugung antwortete: »In der Tat, ich hatte einige Gründe.«
    »Und die wären?« fragte sie frostig.
    »Zuerst«, sagte Stephen, »möchte ich
mich entschuldigen.«
    »Tatsächlich«, entgegnete sie
schulterzuckend. »Und wofür?«
    Stephen gab es auf, sein Lächeln zu
unterdrücken. Sie hatte Charakter, das mußte man ihr lassen. Charakter ... und Stolz.
Er kannte keinen Mann, geschweige denn eine Frau, die es wagte, ihn so niederzustarren
und ihn mit Worten anzugreifen, wie sie es tat. »Für das abrupte Ende unseres
Gesprächs vor ein paar Tagen und dafür, daß ich danach nicht mehr
hinaufgekommen bin, um Sie zu besuchen.«
    »Ich nehme Ihre Entschuldigung an.
Kann ich jetzt wieder hinaufgehen?«
    »Nein«, sagte Stephen, der sich auf
einmal wünschte, sie besäße ein bißchen weniger Mut. »Ich muß ..., nein, ich
möchte ... Ihnen meine Handlungsweise erklären.«
    Sie blickte ihn mit gerunzelter
Stirn an. »Also, versuchen Sie es.«
    Mut stellte bei einem Mann eine
bewundernswerte Eigenschaft dar. Bei einer Frau, fand er, war er reichlich
überflüssig. »Ich bin ja schon dabei«, warnte er sie.
    Da sie es geschafft hatte, ihn etwas
aus der Fassung zu bringen, fühlte sich Sheridan schon sehr viel besser.
»Also«, ermunterte sie ihn. »Ich höre.«
    »Wollen Sie
sich nicht setzen?«
    »Vielleicht. Das hängt davon ab, was
Sie mir zu sagen haben.«
    Er zog die Brauen zusammen, und
seine Augen wurden schmal, aber seine Stimme hatte er völlig unter Kontrolle,
als er mit seiner Erklärung begann. »An dem Abend kam es Ihnen wohl so vor
..., als ob ich ... als ob die Dinge zwischen uns nicht so stünden ... wie Sie
das unter Verlobten erwartet hätten.«
    Sheridan bestätigte die Richtigkeit
dieser Aussage mit einem leichten königlichen Nicken, das nur mildes Interesse
bekundete.
    »Es gibt eine Erklärung dafür«, fuhr
Stephen fort, halb aus der Fassung gebracht durch ihr herablassendes Verhalten.
Dann lieferte er die einzige der erfundenen Begründungen ab, die ihm logisch
und akzeptabel erschien. »Als wir das letzte Mal zusammen waren, haben wir uns
gestritten. Ich dachte nicht mehr an unseren Streit, solange Sie krank waren,
aber als Sie sich an diesem Abend wieder auf dem Wege der Besserung befanden,
merkte ich, daß es wieder in mir nagte. Deshalb wirkte ich vielleicht so ...«
    »Kalt und lieblos?« warf sie
hilfreich ein, wobei ihre Stimme jedoch eher verwirrt und verletzt klang als
ärgerlich.
    »Genau«, stimmte Stephen zu. Sie
setzte sich, und er stieß innerlich einen Seufzer der Erleichterung aus, weil
das Geplänkel und die Lügen nun vorüber waren. Seine Erleichterung hielt
jedoch nicht lange an.
    »Worüber haben wir uns gestritten?«
    Er hätte wissen müssen, daß ein
mißtrauischer amerikanischer Rotschopf mit unvorhersehbaren Launen und ohne Respekt
vor adligen Titeln oder Kleidungsregeln darauf bestehen würde, Unstimmigkeiten
auszudiskutieren, statt seine Entschuldigung zu akzeptieren und das Thema
höflich fallenzulassen. »Wir haben uns über Ihren Charakter gestritten«, gab
Stephen ruhig zurück.
    Verwirrte graue Augen blickten ihn
an. »Meinen Charakter? Was stimmte damit nicht?«
    »Ich fand Sie ... streitsüchtig.«
    »Ich verstehe.«
    Stephen konnte fast hören, wie sie
sich innerlich fragte, ob er ihr aus lauter Kleinlichkeit wegen eines Streits
böse sein konnte, wo sie doch so krank gewesen war. Doch als ob es ihr
plötzlich schwerfiele, ihn anzusehen, blickte sie auf ihre Hände, die
ordentlich gefaltet

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