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Judith McNaught

Judith McNaught

Titel: Judith McNaught Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Legenden der Liebe
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und sie flogen
... flogen ... »Du wirst dir den Hals brechen, querida«, rief der
jüngere Mann, der ihr mit seinem Pferd dicht auf den Fersen war, und sie
lachten beide und flogen über die Wiese ...
    »Miss Lancaster!« Eine andere,
weibliche Stimme rief sie von weiter weg. »Miss Lancaster!« Eine Hand berührte
sie an der Schulter und schüttelte sie leicht, und Sherry fand sich in der
harten Wirklichkeit wieder. »Es tut mir leid, daß ich Sie wecken muß, Mä am«,
sagte das Mädchen, »aber Ihre Gnaden sind mit den Näherinnen im Nähzimmer, und
sie fragte, ob Sie nicht auch dorthin kommen möchten.«
    Sherry hätte sich am liebsten in die
Bettdecke eingerollt wie in einen schützenden Kokon und versucht, ihren Traum
wiederzufinden, aber wie konnte man den Näherinnen oder, noch schlimmer, der
Herzogin sagen, sie solle weggehen, damit man weiterträumen könne, zumal dann,
wenn man selbst nichts war als die unerwünschte Verlobte ihres Sohnes. Zögernd
erhob sich Sherry, wusch ihr Gesicht und folgte dem Mädchen nach oben in einen
großen, sonnigen Raum.
    Es stellte sich heraus, daß die
wartende Herzogin die Schwägerin des Earls, nicht seine Mutter war.
    Da Sherry ihre Gefühle auf keinen
Fall preisgeben wollte, entbot sie ihr einen äußerst höflichen, weder kalten
noch warmen Gruß.
    Falls Whitney Westmoreland eine
Veränderung in Sherrys Verhalten auffiel, so ließ sie sich nichts anmerken.
Ohnehin überwog ihre Begeisterung darüber, Sherry »nach der neuesten Mode«
gekleidet zu sehen.
    Während Whitney Westmoreland
lächelnd über Bälle, Empfänge und venezianische Frühstücke plauderte und die
Näherinnen wie Mücken um sie herumschwirrten, stand Sherry – eine Ewigkeit, wie
ihr schien – auf einer erhöhten Plattform in dem riesigen Zimmer. Sie wurde
ausgemessen, mit Nadeln besteckt, geschoben, gezogen und umgedreht. Dieses Mal
wollte sie nicht so naiv sein zu glauben, Whitneys warmes Lächeln und ihre
ermutigenden Kommentare seien aufrichtig. Whitney wünschte sie doch einfach nur
loszuwerden, möglichst, indem Sherry sich mit jemand anderem verlobte, und
offenbar war eine neue Garderobe der erste Schritt zu diesem Ziel. Sherry
verstand das, sie hatte jedoch ihre eigenen Pläne. Sie wollte wieder nach
Hause, wo immer das auch sein mochte, und es konnte ihr gar nicht schnell genug
gehen. Sie plante, das der Herzogin so schnellstmöglich mitzuteilen, sobald
dieses absurde Getue wegen der Kleidung erst einmal vorbei wäre. Aber als die
Näherinnen ihr endlich erlaubten, von der Plattform herunterzukommen und sich
einen Morgenmantel anzuziehen, bedeutete dies noch lange nicht das Ende der
Prozedur. Statt dessen begannen sie, Kisten zu öffnen und Stoffballen über die
Möbel, die Fensterbänke und die Teppiche zu verteilen, bis das ganze Zimmer wie
in einem Farbenrausch in jeder nur vorstellbaren Schattierung erstrahlte, von
smaragdgrün über saphirblau und sonnengelb bis hin zu den blassesten Rosa- und
Cremetönen.
    »Was meinen Sie?« fragte Whitney
sie.
    Sherry blickte auf die verwirrende
Ansammlung aus kostbarer Seide und zarten Batiststoffen, hauchdünnen Chiffons
und feinen Linons. Flotte gestreifte Stoffe lagen zwischen Seidenstoffen, die
reich mit Gold und Silber verziert waren, und Batistballen, die gestickte
Blumen aller Arten und Farben zur Schau trugen. Whitney Westmoreland wartete
lächelnd dar auf, daß Sherry ihre Freude oder ihre Präferenzen zum Ausdruck
brächte. Nervös versuchte Sherry, sich eine Meinung zu bilden. Sie hob ihr Kinn
und sah die Frau an, die Madame LaSalle hieß, mit einem französischen Akzent
sprach und sich benahm wie ein General, und dann sprach sie aus, was sie am
liebsten hatte, obwohl sie nicht wußte, woher es kam. »Haben Sie etwas in Rot?«
    »Rot!« keuchte die Frau, wobei ihr
fast die Augen aus dem Kopf traten. »Rot! Nein, nein, nein, Mademoiselle, nicht
bei Ihrem Haar.«
    »Ich mag Rot«, beharrte Sherry.
    »Dann sollen Sie es haben«,
erwiderte Madame LaSalle, die zu ihrer üblichen Diplomatie zurückgefunden
hatte, ohne allerdings auch nur einen Fußbreit nachzugeben. »Sie können Möbel
damit beziehen oder es an die Fenster hängen, aber es ist keine Farbe, die Sie
an Ihrem reizenden Körper tragen dürfen, Mademoiselle. Gott hat Ihnen bereits
Haare in einem sehr seltenen Rotton geschenkt, und es wäre eine Sünde, wenn
Sie etwas trügen, das diesem besonderen Geschenk nicht schmeichelte.«
    Diese blumige Rede war so absurd,
daß Sherry ein

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