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Judith McNaught

Judith McNaught

Titel: Judith McNaught Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Legenden der Liebe
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mattes Lächeln unterdrückte. Sie sah, daß auch die Herzogin
darum rang, Fassung zu bewahren. Sie vergaß für einen Augenblick, daß Whitney
Westmoreland nur vorgab, ihre Freundin zu sein, ohne irgend etwas für sie zu
empfinden, und sagte: »Das soll wohl bedeuten, daß es schrecklich an mir
aussehen würde?«
    »Ja«, erwiderte Madame mit
Nachdruck.
    »Und nichts auf der Welt könnte sie
dazu bewegen, mir eine rote Robe zu schneidern, auch wenn ich noch so sehr
darauf bestünde«, fuhr Sherry fort.
    Die Herzogin erwiderte Sherrys
lachenden Blick und sagte: »Madame würde sich eher in die Themse stürzen.«
    »Ja!« erklärten alle Näherinnen im
Chor, und eine Zeitlang war das Zimmer erfüllt von dem Gelächter von acht
Frauen mit einem gemeinsamen Ziel.
    In den nächsten Stunden stand Sherry
meistens abseits, während die Herzogin und Madame endlos über korrekte Stilrichtungen
und Stoffe debattierten. Gerade als sie dachte, daß nun alles besprochen sei,
begannen sie, über Verzierungen zu reden, und es folgte eine Debatte über
Schleifen, Spitzen und Satineinfassungen. Als sie schließlich merkte, daß die
Näherinnen tatsächlich im Haus bleiben und Tag und Nacht in diesem Zimmer
arbeiten würden, griff Sherry entschlossen ein. »Ich habe schon fünf Kleider –
fast eines für jeden Tag der Woche.«
    Das Gespräch verstummte und alle
Blicke wandten sich ihr zu. »Ich fürchte«, sagte die Herzogin lächelnd, »Sie
werden Ihre Kleider fünfmal am Tag wechseln müssen.«
    Stirnrunzelnd bedachte Sherry,
wieviel Zeit das wohl in Anspruch nahm, aber sie schwieg, bis sie das Nähzimmer
verließen. Da sie vorhatte, sich in die Einsamkeit ihres Zimmers
zurückzuziehen, sobald sie der Herzogin mitgeteilt hatte, daß sie keinerlei
Absichten hegte, in die Familie einzuheiraten, ging sie an der Seite der
Herzogin in diese Richtung. »Ich kann wirklich nicht fünfmal am Tag ein
anderes Kleid anziehen«, begann Sherry. »Das wäre ja die reine Verschwendung
...«
    »Nein, das ist es nicht«, erklärte
Whitney mit vertraulichem Lächeln, das jedoch nicht erwidert wurde. Sie überlegte
besorgt, warum Sherry Lancaster heute so reserviert und distanziert schien, und
fuhr fort: »Während der Saison braucht eine gutgekleidete Dame Ausfahrkleider,
Kleider für den Spaziergang, Reitkleidung, Dinnerkleidung, Abendroben und
Morgenkleider. Und das ist nicht mehr als das absolut notwendige. Von Stephen
Westmorelands Verlobter wird erwartet werden, daß sie Kleider für die Oper,
Kleider für das Theater ...«
    »Ich bin weder seine Verlobte, noch
spüre ich das Verlangen danach«, unterbrach Sherry sie unversöhnlich. Sie standen
bereits vor ihrem Schlafzimmer, und sie hatte die Hand am Türgriff. »Ich habe
zu jeder Zeit und auf jede nur erdenkliche Art versucht, deutlich zu machen,
daß ich all diese Kleider nicht haben will. Wenn Sie nicht planen, meinen Vater
dafür bezahlen zu lassen, muß ich Sie bitten, alles wieder abzubestellen. Wenn
Sie mich jetzt entschuldigen wollen ...«
    »Was soll das heißen, Sie sind nicht
seine Verlobte?« fragte Whitney alarmiert und legte ihre Hand auf den Arm der
anderen Frau. »Was ist geschehen?« Eine Wäscherin kam mit einem Armvoll Leinen
durch die Halle, und Whitney schlug vor: »Können wir in Ihrem Zimmer
miteinander reden?«
    »Ich möchte nicht unhöflich sein,
Euer Gnaden, aber da gibt es nichts zu bereden«, entgegnete Sherry fest, stolz
darauf, daß ihre Stimme nicht zitterte und ihr Tonfall nicht klagend war.
    Zu ihrer Überraschung schien die
Herzogin das nicht als Affront zu empfinden. »Dieser Meinung bin ich nicht«,
erwiderte sie mit einem hartnäckigen Lächeln und drückte die Tür auf. »Ich
glaube, wir haben einiges zu besprechen.«
    Gefolgt von der Herzogin trat Sherry
ins Schlafzimmer, wobei sie insgeheim erwartete, einen verdienten Vorwurf wegen
ihrer Unhöflichkeit oder Undankbarkeit zu hören zu bekommen. Aber sie wollte
nicht nachgeben oder sich entschuldigen, und so drehte sie sich um und wartete
schweigend auf das, was kommen würde.
    Sekundenschnell überlegte Whitney,
warum Sherry ihre Verlobung ableugnete, stellte fest, daß sie ihre normale,
unaffektierte Wärme gänzlich verloren hatte, und kam zu dem Schluß, ihre
stolze Gleichgültigkeit müsse eine Fassade sein, hinter der sie eine
tiefgehende Verletzung verbarg. Da nur Stephen die Macht besaß, sie so sehr zu
verletzen, war er wahrscheinlich die Ursache des Problems.
    Bereit, so lange nachzufragen,

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