Jürgen Bartsch - Selbstbildnis eines Kindermörders
geändert?
Wenn ich die Frage genau beantworten soll, überhaupt nicht, also nie. Zumindest nicht, noch nicht einmal annähernd, gleichzeitig.
Zuerst? Das war wohl mit dem Lehrling D. Ich habe da keine gute Erinnerung daran, ich glaube das war im Keller für Sägespäne. Ich hatte ihm wie meist Geld dafür gegeben und es fing so an, daß ich ihn «würgte» und er ließ sich dann fallen. Das ist immer so dargestellt worden, als ob ich das so gewünscht hätte, diesen Anfang. Das ist völliger Humbug. Ich fand das furchtbar blöd, diese Mätzchen, aber er wollte es so, wahrscheinlich, weil er für sich selbst einen Vorwand brauchte. Das zeigte sich auch hinterher immer darin, daß er behauptete, ich hätte ihn ja «gewürgt», er wisse also von nichts. Dabei war das nur Firlefanz, es ist nicht etwa so, als ob ich «feste zugedrückt» hätte. Im Gegenteil, ich habe ihn gehalten wie ein rohes Ei, etwas übertrieben gesagt. Ich hatte bei ihm an diesen Dingen auch kein Interesse, er war ja kein Kind mehr, und außerdem gar nicht mein «Typ».
Es ging mir da um eine bloße sexuelle Befriedigung. Das Dumme ist nur, so besonders befriedigend war all das gar nicht.Also er ließ sich fallen, ich zog ihm die Hosen herunter und onanierte bei ihm bis zum Samenerguß. Nun ja, eine gewisse Befriedigung war es, aber wie man so sagt, nichts Halbes und nichts Ganzes.
Und dann das Ganze kehrt, er packte mich am Hals, ich ließ mich fallen, er machte meine Hose auf und machte es bei mir auch bis zu Ende. Na, dasselbe, siehe oben, nichts Halbes und nichts Ganzes! Warum dann? Weil wir Menschen nun mal so blöd sind, und glauben, eine halbe Befriedigung sei immer noch besser als gar keine.
27. Hattest Du vorher Verhältnisse, die fast aufs Gebiet des Sexuellen gingen, aber nicht ganz?
Da würde ich Detlef B. nennen, mein praktisch einziger Freund in Marienhausen. Wie Sie wissen, ist das im Knaben-Alter nun mal so. Ich hatte den, auch starken, Wunsch, mit ihm mal was zu machen, und wenn man sich nur mal alles genau angeschaut hätte, aber Sie wissen ja, wie das dort war, einfach nicht möglich, wenn man nicht verfemt sein wollte.
Und einmal, am Rand vom Sportplatz, da war es einer von unserer Klasse, er war etwas größer als ich, ich war etwa 13, da sagte er: «Laß uns Sanitäter spielen.» Na, ich sagte ja. Er legte sich hin und sagte, ich müsse ihm jetzt die Hosen herunterziehen. Schockiert war ich nicht, wir kannten uns ja, und er war auch etwa so alt wie ich, da dachte ich, eigentlich könnte man ja mal, und er zog sich die Hemden so bis an den Hals hoch. Da wurde ich schon ziemlich aufgeregt, aber ich habe trotzdem gesagt: «Das dürfen wir nicht», und ich hatte große Angst, es könnte einer kommen und uns sehen. Der andere Junge zischte was von «Feigling», nun ja, das war ich ja auch wohl.
Einen anderen Jungen aus meiner Klasse, Günther, hatte ich sehr gern, und er sah auch sehr gut aus. «Den möchtest Du aber gern als Freund haben», habe ich oft gedacht. Aber ihn daraufhin anzusprechen, das habe ich nie gewagt. Wenn ich ihn ansah, hatteich oft erotische Gedanken, aber nicht direkt sexuelle. Erotisch, das hieß so etwa «anschauen, auch nackt, ja, aber keine Handlungen, denn das sollte man mit einem richtigen Freund nicht machen.» Wahrscheinlich war ich aber für «weiterführende» Gedanken zu schüchtern, das wird wohl eher der Grund gewesen sein. Wie gesagt, er gefiel mir sehr, sehr gut.
Eines Nachmittags steckte er mir heimlich beim Lernen in der Klasse einen Zettel zu. Beim ersten weiß ich nicht mehr was drauf stand. Sie müssen bedenken, ich war immer der Überzeugung, niemand von den Anderen möge mich, darum habe ich gar nicht kapiert, daß das ein Annäherungsversuch war! Ungefähr etwa «Was denkst Du von mir?», so etwas Ähnliches stand wohl auf dem ersten Blatt. Ich, wie gesagt, schaltete nicht, kapierte nichts, war verlegen und hielt das Ganze für einen faulen Witz! Darum schrieb ich auf meinen Zettel als Antwort «Daß Du ein Idiot bist». Er bekam einen roten Kopf und schaute ganz traurig aus. Das war mir nun allerdings seltsam, daß er keinen «Spaß verstand», ich hielt das Ganze, wie gesagt, für einen Witz. In meiner Dummheit mußte ich auch noch grinsen.
Da bekam ich den zweiten Zettel: «Wenn Du lachst, machst Du alles nur noch schlimmer.» Man sollte meinen, das sei nun endlich deutlich genug gewesen, aber ich wurde zwar etwas konfus, ja sogar nervös, weil ich ihn ja
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