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Jürgen Bartsch - Selbstbildnis eines Kindermörders

Jürgen Bartsch - Selbstbildnis eines Kindermörders

Titel: Jürgen Bartsch - Selbstbildnis eines Kindermörders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Moor
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Aufregung, die für Dich wichtig gewesen sind? Was fällt Dir ein, d.   h., was hast Du für Assoziationen, wenn Du an das Schneiden von Fleisch denkst?
     
    Natürlich kann ich nicht vermeiden, daß, wenn ich an das Schneiden von Fleisch denke, mir meine Taten in den Sinn kommen. Ich versuche dann immer, schnell «abzuschalten», schnell an was anderes zu denken. Aber die wirklich dumme Theorie, ich sei durch meinen Beruf erst auf manches gekommen, halte ich für absurd, denn ich habe diesen Beruf nie geliebt, eher gehaßt, auch das Schleppen, wozu ich körperlich gar nicht gebaut war. Was soll überhaupt diese wahnwitzige Theorie vom brutalen Metzger? Soll man alle Metzger einsperren, weil sie alle potentielle Kindermörder seien?
    [

Anknüpfend an Frage 74
] meinen Sie als Kind und so? Ich als Kind an Messer denken, oder gar anfassen? Um Gottes willen, nein, nicht einen Gedanken habe ich dafür gehabt, noch nicht mal ein Fahrtenmesser war erlaubt.
     
    P.   Persönliche und soziale Faktoren
     
    81.   Würdest Du Dich als prüde bezeichnen? Was bedeutet für Dich dieser Begriff?
     
    Als prüde würde ich mich gewiß nicht bezeichnen. Ich bin für völlige (sehr wichtig!) sexuelle Aufklärung ab 6   –   7   Jahre, für freie Liebe und Sexualität unter jungen Menschen, gegen jede Heimlichtuerei in dieser Hinsicht usw. Daß ich für mich selbst an diesen Dingen nichts finden kann, darf ja die Toleranz nicht beeinträchtigen.
     
    82.   Meinst Du, jemand könnte Dich als «extra-nett», zu bescheiden oder besonders «unschuldig» bezeichnen? Wäre das irgendwann früher der Fall gewesen?
     
    Heute als Verbrecher bin ich ganz gewiß nicht nett. Früher, als Kind war ich hoffentlich auch nicht übertrieben nett. Ich selbst kann mich ja an damals nicht erinnern, nur an das, was mir vor allem Tanten und Bekannten als älteres Kind, auch als Jüngling noch, vorerzählt haben: «Ach nein, was war er süß, der Kleine, er sah ganz wie ein Mädchen aus, und die Mutter hat ihm die Locken (er hatte so wunderbare Locken!) immer ganz lang über die Schultern wachsen lassen, und dann, als er im Kinderwagen saß, zeigten die Leute mit Fingern und sagten, ‹Hast Du so ein nettes kleines Mädchen schon mal gesehen?› und wollten es gar nicht glauben, daß es ein Junge war   …»
     
    83.   Wie reagierst Du auf «schweinische» Witze oder Erzählungen? Ist es leicht, Dich mit so etwas zu ärgern? Warum?
     
    Ja, mit schmutzigen Witzen kann man mich sehr ärgern, aber «warum», das wüßte ich nicht zu sagen.
     
    84.   In Deinen Bekanntschaften oder Freundschaften bist Du demonstrativ, kalt, geistreich? Bitte besprechen. Meinst Du, Deine Freundschaften haben mal ein väterliches bzw. brüderliches Interesse gezeigt?
     
    Ich bitte Sie, so etwas kann die betreffende Person selber dochgar nicht beurteilen, das müssen die anderen tun. Ich könnte höchstens sagen, allenfalls zurückhaltend, schüchtern, aber nicht kalt. Brüderliches Interesse wohl, bei den wenigen Freunden, die ich hatte, den M.   Z., der bei Gericht ausgesagt hat, ein Taxifahrer, habe ich einmal mitten in der Nacht für ihn einen Pensionswirt stundenlang beschwatzt, damit er einen Schlüssel annahm, ansonsten wäre Z. wohl am nächsten Tag im Gefängnis gelandet. Auch für den Bruder des Viktor habe ich solch rein menschliches Interesse empfunden, habe ihn mitgenommen, wenn ich im Auto an ihm vorbeifuhr oder so, er mußte immer stundenlang zu Fuß gehen. Ich glaube doch, daß ich da einiges in dieser Beziehung getan habe, und ich hätte auch gern noch mehr getan, wenn mehr dagewesen wären.
     
    85.   Spürst Du besonders Anziehung oder Ekel Deinen beiden Eltern gegenüber?
     
    Ich habe meine Eltern sehr gern, nur besteht irgendwie ein innerer Abstand zwischen uns, der aufgetaucht ist wahrscheinlich, als ich, als Kind schon, merkte, daß sie durchaus Gefühle haben, sie aber nur nicht zeigen können, ausdrücken können. Damit ist wohl auch 86 beantwortet.
     
    86.   Ist jemals ein Punkt gekommen, wo Du Deine Einstellung zu Deinem Vater oder zu Deiner Mutter ziemlich plötzlich ändertest?
     
    87.   Unter den Verwandten, hast Du jemals auf eine Ehe oder einen Todesfalls besonders stark reagiert?
     
    Als mein Opa (mütterlicherseits) starb, war ich sehr traurig, und auch, als vor etwa zwei Jahren meine Oma starb, eine herzensgute Frau, der ich sehr viel verdanke, als Kind habe ich sie weit öfter gesehen, als meine Mutter. Heirat? – ach,

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