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Jürgen Bartsch - Selbstbildnis eines Kindermörders

Jürgen Bartsch - Selbstbildnis eines Kindermörders

Titel: Jürgen Bartsch - Selbstbildnis eines Kindermörders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Moor
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sagen? Nein, nein, heiraten, eine richtige Familie haben, eigene Kinder, das wäre sehr dumm, wenn ich mir da selber etwas vormachen wollte,
das kommt aus diesen und nicht nur diesen Gründen für mich niemals mehr in Frage. Aber wenn das sicher ist, und das ist sicher, dann, ja was sollte ich dann überhaupt noch mit Sexualität? Nur für ein «Verhältnis», nur für einen Gelegenheitsbesuch im Bordell? Na, ichdanke. Ich werde für eine richtige Familiengründung nicht mehr in Frage, darum was soll er, der Sex? Für mich wäre er, spürte ich ihn überhaupt, dann doch nur noch Belastung. Also weg damit, lieber heute als morgen, damit man nicht soviel drüber nachdenken muß, wozu alles es bereits heute schon zu spät ist   …
    ***
     

9  Briefe III
    Qui non vetat peccare, cum possit, jubet.
    Seneca: Troades CCXCI
     
    [Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofes in Karlsruhe kam dieser Bericht vom Rechtsanwalt Heinz Möller. Im Wuppertaler Prozeß hatte Prof.   Hans Lauber gesagt, er sei mit der Methode der Psychoanalyse vertraut, oder so etwas Ähnliches; er habe niemals behauptet, am allerwenigsten in Gegenwart eines authentischen Psychoanalytikers, die Methode der Psychoanalyse zu «beherrschen». Diese falsche Behauptung stammte nicht von Prof.   Zauber, sondern aus dem Wuppertaler Urteil; der BGH hat sie nicht nur zitiert, sondern ganz und gar übernommen. Zwei Punkte in dem Karlsruher Urteil fallen auf: das fehlerhafte Zauber-Zitat und die Leichtgläubigkeit der Richter des höchsten Gerichts im Lande, die sich nicht einmal die Mühe machten, im Mitgliederverzeichnis der Deutschen Gesellschaft für Psychoanalyse und Psychotherapie (DGPPT) – der Dachorganisation der sogenannten Freudianer, Jungianer und Schultz-Henckianer – nachzuschlagen. So leichtsinnig, mit einer lässigen Handbewegung von uninformierten Richtern, wurden die Psychoanalyse und deren Möglichkeiten für Jürgen Bartsch einfach vom Tisch gefegt.]
     
     
    den 28.   1.   1970
     
    Lieber Herr Moor,
    in unserer bekannten Angelegenheit liegt mir nunmehr das Urteil des BGH vor. Ich hatte bekanntlich in der damaligen Hauptverhandlung beantragt, unter anderem auch einen Psychoanalytiker. Dieser Beweisantrag wurde abgelehnt. Zu dieser Frage führt der BGH unter anderem Nachfolgendes wörtlich aus:
    «Die Beiziehung eines Psychoanalytikers als weiteren Gutachter mußte sich der Jugendkammer auch nicht aufdrängen. Sie hat zu der Frage, ob eine solche Maßnahme notwendig sei, in der Hauptverhandlung die drei beigezogenen psychiatrischen Sachverständigen gehört. Der Sachverständige Prof.   Dr.   Lauber, der selbst die Methode der Psychoanalyse beherrscht, wie die Jugendkammer ausdrücklich feststellt, hat in Übereinstimmung mit den beiden anderen Sachverständigen die Anwendung dieser Methode für entbehrlich gehalten, weil von ihr angesichts der bisherigen Erkenntnisse in diesem Verfahren keine neuen weiteren Einblicke in das Seelenleben des Angeklagten zu erwarten sei, soweit es sich um die Frage seiner strafrechtlichen Verantwortlichkeit handele   …»
     
    Abschließend führt das Urteil noch nachfolgendes aus:
     
    «Die Aufhebung des Urteils gibt der Jugendkammer, an die nunmehr die Sache zu erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen wird, Gelegenheit, neben den bereits mit der Begutachtung des Angeklagten befaßten Sachverständigen noch einen weiteren – von ihr auszuwählenden – Sachverständigen zu hören, der über besondere Kenntnisse und Erfahrungen auf dem Gebiete der Sexualforschung in dem oben näher umschriebenen Bereich verfügt. Damit würde eine breitere Beurteilungsgrundlage als bisher geöffnet, die es ihr ermöglichen dürfte, unter Berücksichtigung der gutachterlichen Ausführungen der verschiedenen Sachverständigen in eigener selbständiger Würdigung zu einer zuverlässigen Beantwortung der noch offenen Fragen, insbesondere der Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten und – gegebenenfalls – der Anwendung von Jugend- oder Erwachsenenstrafrecht, und damit zu einem abschließenden Urteil zu gelangen.»
     
    Angesichts dieser Ausführungen im Urteil ist nicht damit zu rechnen, lieber Herr Moor, daß die Jugendkammer des Landgerichtsin Düsseldorf, bei der die Sache nunmehr anhängig gemacht wird, einen Psychoanalytiker als weiteren Gutachter hinzuzieht. Selbstverständlich werde ich mich weiterhin in dieser Richtung bemühen. Da jetzt noch nicht gesagt werden kann, ob Prof.   Bürger-Prinz und

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