Jürgen Bartsch - Selbstbildnis eines Kindermörders
Prof. Giese als Gutachter in Betracht kommen – ich hatte Ihnen hierzu Einzelheiten angelegenheitlich meines letzten Besuches in Berlin schon persönlich berichtet – wäre es zweckmäßig zu erfahren, ob Prof. Hacker sich auch auf dem Gebiete der Sexualpsychiatrie betätigt hat. Ist Ihnen darüber etwas bekannt? Gegebenenfalls müßte man mit Prof. Hacker hierüber ganz kurzfristig verhandeln.
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[Mittlerweile war Jürgen noch zweimal verlegt worden, nach Düsseldorf und dann nach Duisburg. In dieser Zeit fing er an, als «Jürgen Bartsch134» zu unterzeichnen – wie das von ihm als Schüler im Don-Bosco-Heim Marienhausen verlangt wurde.]
… Was ist denn daran so verwunderlich, daß meine Eltern von meinem nächtlichen Wegsein nichts gemerkt haben? Ich habe, nachdem ich mir in einer Betonröhre auf einem nahen Feldweg richtige Kleider zurechtgelegt hatte, doch noch nicht einmal mehr ins Schlafzimmer gemußt. Und weil ich aus einem Kellerfenster aus dem Haus gestiegen bin und das Kellerfenster immer nur ganz leicht geschlossen habe beim Weggehen, brauchte ich noch nicht mal einen Schlüssel! Und so leise, wie ich stets war, da konnte niemand was hören, manchmal habe ich ½–¾ Stunde gebraucht, bis ich in Bademantel und Pantoffeln auf der Straße stand.
Zuerst, im Fall Jung, bin ich noch durch die Kellertür gegangen, aber mein Zimmerschlüssel paßte auf die äußere Kellertür, das wußte aber nur
ich.
Damals, im Fall Jung, und [ausgekreuzt: Grassmann] Kahlweiss und auch Fuchs, da hatte ich noch keine richtigen Kleider, da bin ich immer nur in Bademantel, Schlafanzug und Pantoffeln fortgegangen, und habe
die ganze Zeit,
auch im Stollen, dies Zeug anbehalten. Auf Schlafanzug und Bademantelhabe ich sehr geachtet, aber die Pantoffeln, von Straße, Stollen, Graben und Rückweg durch Feldwege (in einer richtigen Stadt wäre eine Tour in solchem Aufzug natürlich nicht möglich gewesen) versaut. Die waren dann so schmutzig, daß ich sie morgens in der Badewanne heimlich saubergemacht habe.
Nun, ich habe auch viel Glück gehabt. Wenn ich von einer Sauftour kam, konnte ich so «blau» sein, wie ich wollte, bis in mein Zimmer hinein hatte ich mich stets in der Gewalt, auch nach sechzehn Asbach-Uralt noch. Dann allerdings war es aus, meistens. Einmal bin ich gerade bis ins Zimmer gekommen, dort habe ich mich sofort auf den Teppich gelegt – weg war ich …
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Duisburg-Hamborn, 4. 2. 1970
… Seit Wochen gibt es einen ziemlichen Skandal um das Kölner Don-Bosco-Heim, welches ja vom selben Orden geleitet wird wie das in Aulhausen, im ach so schönen Rheingau. Sie werden sich erinnern, daß bis vor einiger Zeit auch PaPü dort in Köln guter Hirte war. Die Aufdeckung der Zustände in diesem Heim (in welchem hauptsächlich Fürsorge-Kinder und Jugendliche untergebracht waren, vom Jugendamt und dem zuständigen Wohlfahrtsverband) begann mit einer Sendung der Reihe «Panoptikum», im WDR, eine Sendung, die äußerst kritisch mit Ereignissen und Personen ins Gericht geht.
In der Folge kam ein ausgerissener Zögling zu Wort, der gefragt wurde, wo, in welchem Heim, es am schlimmsten gewesen sei. Er meinte: «Das war im Kölner Don-Bosco-Heim.» Die Erzieher seien sämtlich furchtbar brutal gewesen, die Jungen seien z. B. Treppen heruntergeprügelt worden; wenn einer auf der Erde lag, seien die Erzieher mit Füßen auf ihm herumgetrampelt usw. Die Wände der Küche usw. wären furchtbar verdreckt gewesen, die Toiletten seien meist sämtlich verstopft gewesen, oft seien Jungen auch mit dem Kopf ins Pissoir gestoßen worden und dergleichen mehr.
Nicht zuletzt deshalb wurden die Zöglinge aus dem Heim entfernt, weil mehrere Erzieher homosexuell seien, und sich an den Jungen vergangen hätten. Halt, bleiben wir korrekt, der genaue Ausdruck lautete im Rundfunk: «belästigt». Nun ja, die Sendung lief zur Essenszeit; und wer nennt schon «Boy-Fuckers» gern beim Namen, wenn es sich noch dazu um Geistliche handelt …
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Duisburg-Hamborn, 17. 2. 1970
… Eine Frage, sehe ich gerade, habe ich noch nicht beantwortet. Sie fragen, wie Sie das zu verstehen haben, wenn ich sage, daß ich das Onanieren «nicht in direkter Verbindung zum lebenden Objekt gesehen» habe. Ich will damit doch nur folgendes sagen:
Zwar habe ich, wenn ich Fotos z. B. von Jungen gesehen habe, oft onaniert, auch bei den Taten selbst habe ich oft onaniert! Aber das ist es ja: oft, aber
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